Vom Steinbruch zum blühenden Paradies

Von Vera Görgen · 07.04.2005
Lady Susana Walton widmet sich seit rund fünf Jahrzehnten ihrem Garten La Mortella auf Ischia. Ihr Mann, Sir William Walton war einer der bedeutendsten britischen Komponisten klassischer Musik im 20. Jahrhundert. Für ihn schuf Lady Walton einen blühenden Park - unterstützt von Russel Page, einem der berühmtesten Landschaftsarchitekten seiner Zeit. Ihre Kreativität wird honoriert - von rund 50.000 Besuchern, die jedes Jahr zu La Mortella kommen.
"Meine Befriedigung ist, dass ich Schönheit liebe, die Blätter der Palme zum Beispiel haben ein äußerst cleveres Design. Jedes Mal, wenn ich an einer wunderschönen Palme vorbei gehe, bewundere ich ihr Design und ihre Färbung. Manche Blätter sind sehr schön silbrig - und weil wir hier im Süden Italiens sind, reflektiert dieses Silber die Sonne wie ein Spiegel. Der ganze Garten ist voller Leben wegen dieser Spiegelung."

Lady Waltons Wangen glühen vor Begeisterung, wenn sie über ihren Garten spricht. Ihr Mann William war einer der berühmtesten britischen Komponisten des vergangenen Jahrhunderts - und ihm wollte sie einen Garten schaffen, der ihn beim Komponieren seiner Werke inspiriert. Ihr Meisterwerk ist ein Paradies aus rund 900 exotischen Pflanzen. Die über 70-Jährige mit dem kecken Kurzhaarschnitt hat La Mortella ihr Leben gewidmet: Vor rund einem halben Jahrhundert haben sie und ihr Mann Sir William sich in das Stück Land auf Ischia verliebt. Ihr Freund, der große Shakespeare-Schauspieler Laurence Olivier, hielt die beiden für verrückt.

"Als ich ihm sagte, das ist das Grundstück, warf er einen Blick auf diese grauen Steine und sagte: Das ist kein Erdboden, das ist ein Steinbruch! Ihr werdet Steine abtragen, für den Rest Eures Lebens! Und das ist genau das, was wir getan haben. Jedes Mal, wenn wir einen Baum pflanzen, müssen wir monatelang graben und Steine zerhauen, weil hier alles nur aus Lava besteht. Aber die ist auch sehr fruchtbar und sehr schön und Gott sei Dank hat der Vulkan sie mit einer dicken Schicht aus Humus überzogen."

1983 starb ihr Mann und seitdem lädt Lady Walton junge Musiker ein, im Garten zu spielen - nicht nur Walton, sondern auch andere Komponisten. Am Eingang des Gartens begrüßt ein Baum mit beeindruckenden rosa blühenden Dornen die Besucher wie eine Ouvertüre. Überall recken üppige Sträucher ihre dicken, fleischigen Blätter in die Sonne - gerade so, als wollten sie den Klängen lauschen. Ihren Mann ließ Lady Walton hier, in La Mortella, begraben.

"Wir haben seine Asche in diesen riesigen pyramidenförmigen Stein gelegt. Er steht oben im Garten und schaut hinunter ins Tal. Das ist sehr schön, weil jeder, der hier herkommt, berührt ist von diesem besonderen Ort, wo seine Asche aufbewahrt wird. Ich habe eine Botschaft in den Stein geschrieben, damit jeder weiß, dass hier der Mann ist, für den der Garten geschaffen wurde."

Die Lady wirkt wie eine Aristokratin aus einem Agatha Christie-Roman. Sie trägt gern extravagante Kleidung und schrille Hüte mit Federn. Nachdem sie in Buenos Aires und London gelebt hat, kam die Tochter eines wohlhabenden argentinischen Anwalts nach Ischia - und musste sich an die noch wenig entwickelte Insel gewöhnen. Die Straßen etwa eigneten sich nicht wirklich, um von einem Bentley befahren zu werden. Mit den Einwohnern der Insel hat sie sich aber mittlerweile arrangiert.

"Die Einheimischen sind sehr lustig, weil sie sehr abergläubisch sind. Ich habe ihnen gesagt, wenn sie sich nicht benehmen, dann werde ich dem Maestro sagen, er solle aus seinem Stein heraus kommen und sie schlagen. Also benehmen sie sich alle!"

Im vergangenen Jahr wurde La Mortella zum schönsten Garten Italiens gewählt. Auch Prince Charles war hingerissen von der Lady und von La Mortella - er fand ihren Garten sogar schöner als seinen eigenen. Ein Besucher:

" Meiner Meinung nach ist alles sehr naturbelassen, wenn ich den Palmengarten oder in Mannheim so einen Park sehe, die sind alle sehr geordnet, vielleicht großzügiger, aber hier ist in einem schönen kleinen Idyll alles gefasst und ich bin auch erstaunt über die verschiedenen Arten von Pflanzen, die vielleicht nicht alle hierher gehören, aber trotzdem: ganz toll. "

Bäume und Sträucher aus vielen Regionen der Erde hat Lady Walton versammelt: La Mortella ist die ganze Welt en miniature. Dabei wirkt die elegante Argentinierin auf der Insel selbst wie aus einer anderen Welt - so wie eine Rose in einem süditalienischen Palmenhain. Vielleicht hat sie deshalb ihre alte Heimat mitgebracht.

"Als ich heiratete, hatte ich eine große Leidenschaft für Bäume. Ich konnte nicht glauben, dass ich meine Bäume zurück lassen sollte. Also habe ich die Samen eingepackt. Diese Samen aus Argentinien haben sich natürlich entfaltet im Garten: Wir haben Yacaranda-Bäume, viele reizende, reizende tropische Bäume aus Südamerika, auch aus Brasilien und Chile. Für mich ist es sehr wichtig, diese Vielfalt an Bäumen zu haben, weil sie mich an den Ort erinnert, an dem ich geboren wurde."

Am liebsten besucht Lady Walton die Grotte mit dem Wasserfall oder das Treibhaus mit der Victoria Amazonica, der größten Seerose der Welt. Wer Glück hat und sie trifft, dem erzählt sie die Geschichte ihrer Bäume und Blumen - mit unverblühter Begeisterung.