"Vom Stegreif zum darstellenden Spiel"

Von Martina Nix · 21.12.2006
Im Kino war er bereits in "Knallhart" von Detlev Buck und "NVA" von Leander Haußmann zu sehen. Eigentlich ist Stefan Konarske aber mehr ein Theaterschauspieler. Im Deutschen Theater in Berlin kann man ihn zurzeit als Orest erleben, der in seinen intensiven Momenten an den jungen Klaus Kinski erinnert. Außerdem ist er in dem Stück "Drei Sterne suchen einen Koch" zu sehen.
Stefan Konarske: " Ich habe mir mal so als Ziel gesetzt, dass ich eine gewisse Mathematik in die Texte lege, dass ich versuche, Texte von vornherein so zu lernen, dass sie eigentlich wie eine Partitur klingen. Also es gibt dann bewusste Pausen, die ich setze, ganz bewusste Tempiwechsel, laut, leise. "

Auf der Bühne in der Box des Deutschen Theaters stehen drei Stühle, ein Sessel und zwei Mikrofonständer. Stefan Konarske spielt mit rosaroter kurzer Lockenperücke den Chauffeur des Koches, der sich, weil ihm ein Michelin-Stern aberkannt wurde, erschießt.

Das Stück "Drei Sterne suchen einen Koch" spielt mit Identitätswechseln und so spielen die Schauspieler nicht nur verschiedene Rollen in einem Film, der zeitgleich an der Bühnenwand abläuft, sondern wechselweise auf der Bühne auch sich selbst.

Stefan Konarske sitzt etwas geduckt, die Beine nach innen gedreht. (Er gibt sich schüchtern, traut sich kaum, dazwischen zu reden, seine Kollegen zu unterbrechen.) Er mimt den Anfänger. Dabei ist der 1,79 große Schauspieler überhaupt nicht schüchtern, eher höflich zurückhaltend.

Stefan Konarske sitzt jetzt in seiner Küche, in Jeans und blauen Wollpullover, die Beine übereinander geschlagen. Immer wieder zieht er seine halblangen dunkelblonden Haare zur Seite, so dass die hohe Stirn zu sehen ist. Er sieht verletzlich, fast durchscheinend aus, so wie auf der Bühne. (Als wäre er eins mit den Figuren, die er spielt.)

Stefan Konarske: " Für mich ist immer privat und Figur. Es hat immer irgendwas mit mir zu tun, denn sobald ich auf der Bühne stehe, die Hand bewege, ist es etwas Privates von mir - ich komme doch sehr in einer privaten Haltung auf die Bühne. Herr Thalheimer hat mal gesagt, ich muss nichts machen, ich bringe alles mit. "

2006 holt der Regisseur Michael Thalheimer Stefan Konarske ans Deutsche Theater in Berlin und besetzt ihn als Orest in der Orestie, die im September Premiere hatte.

Langsam das eine Bein vor das andere herschiebend kommt Orest von links auf die Bühne, die eigentlich eine Bretterwand ist. Er zittert am ganzen Leib, steht leicht gebeugt da und wirkt sehr zerbrechlich. Im nächsten Moment aber brüllt er los - verzweifelt, (weil er die eigene Mutter Klytaimestra umbringen muss, um so den Vatermord zu sühnen). In seiner rasanten Wut erinnert Konarske, wie er das Gesicht schmerzverzerrt zur Seite dreht, an den jungen Klaus Kinski.

Stefan Konarske: " Ich versuche sehr, mit Extremen zu arbeiten, und diese Extreme sind am Abend mal nicht so eben abrufbar und das ist halt die Angst, dass man eigentlich seiner eigenen Messlatte, die man sich gesteckt hat, nicht gerecht wird (und das ist eigentlich ein grundsätzliches Problem, was ich mit mir habe). "

Dabei wollte der Schauspieler eigentlich Werbekaufmann werden. Mit 17 geht er nach Paris und kehrt zwei Jahre später kurz zu seinen Eltern nach Drochtersen-Assel, einem kleinen Dorf hinter Hamburg zurück. Zunächst arbeitet der Sohn eines Tischlers und einer Friseurin in Hamburg bei einer Produktmarketingfirma, übersetzt ins Französische und führt Kundengespräche. Nebenher spielt er am Matthias-Claudius-Theater. Erst 2001 beschließt er, sich an Schauspielschulen zu bewerben, um dort das nötige Handwerk zu lernen.

Stefan Konarske: " Meine Arbeit hab ich genannt vom Stegreifspiel zum darstellenden Spiel, aus dem Stegreif, aus der Emotion agieren, (aus dem Bauch heraus) und eigentlich nicht wissen, was man tut, das heißt die Vorstellung läuft nach einer Art emotionalen Gedächtnis ab und für mich war klar, dass ich jetzt erstmal ganz in die Technik gehen muss, sprich ganz banale Dinge wie stützen lernen, aber dann auch versuchen mit seinen Emotionen so weit umgehen zu können, dass man sie in einer gewissen Form technisch abrufen kann."

Während des Studiums an der Schauspielschule Ernst Busch dreht er bereits TV-Serien wie "Tatort" oder "Stahlnetz". Und in Detlev Bucks Kinofilm "Knallhart" spielt er einen leicht nervösen Drogensüchtigen.

Direkt nach dem Studium ans renommierte Deutsche Theater berufen zu werden, ist eine Bestätigung außergewöhnlichen Talents und nicht gerade alltäglich. Noch ungewöhnlicher allerdings ist, dass Stefan Konarske jetzt nach nur vier Monaten den Vertrag mit dem Deutschen Theater wieder aufgelöst hat, weil er sich nicht parallel mit der gleichen Intensität auf verschiedene Rollen vorbereiten kann.

Stefan Konarske: " Das Problem ist an der Sache, dass ich nicht in der Lage bin, Kunst im Akkord zu produzieren. Also ich kann nicht diesen Betrieb mitmachen, dass ich halt von einer Produktion in die nächste springe."

Das aber wird von ihm als Ensemblemitglied erwartet. Auch wenn er erstmal nicht wusste, wie es weitergeht, gibt es inzwischen schon neue Theaterangebote. Diese aber wird er in Zukunft nur noch für einzelne Produktionen als freiberuflicher Schauspieler annehmen.
Service:

Das Stück "Drei Sterne suchen eine Koch" mit Stefan Konarkse ist am 21. Dezember und am 11. Januar jeweils um 20.30 Uhr in der Box des Deutschen Theaters zu sehen. Die "Orestie" mit Stefan Konarske als Orest läuft am 27. Dezember um 19.30 Uhr und am 3. Januar um 20.00 Uhr im Deutschen Theater.