Vom Soldaten zum Ethiker der Gewaltlosigkeit
Er war Soldat im Ersten Weltkrieg, Mitglied der KPD und kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg. Sein Werk spiegelt sein antiafischistisches Engagement ebenso wie seine Abkehr vom Kommunismus und Hinwendung zu einer Ethik der Gewaltlosigkeit. Am 14. Januar 1963 starb Gustav Regler in Neu-Delhi.
"Und will also nichts anderes als beweisen, dass ich, der ich sowohl im Ersten Weltkrieg als Soldat und als Revolutionär in Berlin und München, als Spanienkämpfer und, in einer kurzen Epoche, mit einer Sympathie für Sowjetrussland geglaubt habe, dass man mit Gewalt die Welt ändern kann am – ich will nicht sagen, am Ende meines Lebens - aber, sagen wir, auf der Höhe meines Lebens das Wort gehört habe, dass von Jesus dem Apostel Petrus gesagt worden ist – nämlich: Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen."
Es ist der Schriftsteller und Journalist Gustav Regler, der hier spricht. Am 25. Mai 1898 im saarländischen Merzig geboren, liegt er dort auch begraben, nachdem ihn am 14. Januar 1963 - während einer Weltreise - der Tod überraschend in Neu-Delhi ereilt hatte. Seine Biografie ist so verschlungen wie der Satz, der eben zu hören war. Die darin enthaltene Lebensbilanz bezieht sich auf seine Autobiografie "Das Ohr des Malchus", die 1958 erschien und sofort ein großer Erfolg wurde.
Gustav Regler: "Das Buch heißt 'Das Ohr des Malchus', weil es an die Szene der Verhaftung Christi erinnert, an den Verrat von Judas, besonders aber an den Widerstand, den Petrus dieser Verhaftung entgegengesetzt hat, der, wie man weiß, sein Schwert zog und dem Knecht des Hohepriesters das Ohr, eins der Ohren abschlug. Der Knecht heißt Malchus, und Christus hat ihm dann erwidert: 'Stecke dein Schwert an seinen Ort, denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.'"
Eine religiös gefärbte Ethik der Gewaltlosigkeit – das ist nun Sache Reglers. Wenig verwunderlich nach diesem 20. Jahrhundert der Gewalt, die er auch selbst ausübte und erlitt, ob als politischer Schriftsteller oder als Soldat im Ersten Weltkrieg und im Spanischen Bürgerkrieg.
Was Regler als bloß "kurze Sympathie für Sowjetrussland" charakterisiert, war weit mehr. Der junge Regler ging den Weg vieler aufgeweckter und engagierter Intellektueller – und wurde 1928 Mitglied der KPD. Es gebe, so konstatiert er in seiner Autobiografie
"… keine komplizierte, etwa ideologische Erklärung meines Beitritts zur Kommunistischen Partei. Alle Sicht wurde vereinfacht zu dem einen Satz: So kann es nicht weitergehen!"
Zunächst verhalten, dann beschleunigt, machte Regler so etwas wie eine Parteikarriere. Neben Friedrich Wolff und Anna Seghers gehörte er zu den am meisten geförderten Schriftstellern in der KPD. Seine Bücher überzog nun das, was er im Hinblick auf die Grafik seines zweiten Schwiegervaters - dem der Sowjetunion ganz ergebenen Worpsweder Künstler Heinrich Vogeler, - den "Raureif der ideologischen Verpflichtung" genannt hat. Als Regler nach seiner Flucht aus Deutschland im August 1934 am Ersten Allunionskongress der Sowjetschriftsteller teilnahm, hatte die Parteidisziplin seiner Erscheinung den Stempel aufgedrückt. Oskar Maria Graf traf ihn während des Kongresses:
"Gustav Regler trug stets eine gefurchte Stirn, sah ungemein beschäftigt aus, gab sich selbstbewußt und roch geradezu nach abschreckender Tüchtigkeit. Er war grotesk beflissen, und wenn man das Wort 'Sekretär' als Zustand auffaßt, dann hatte man den ganzen Gustav Regler. Es läßt sich denken, dass er so etwas wie ein kommunistischer Musterschüler war."
Reglers Zweifel kamen spät und führten erst mit dem Hitler-Stalin-Pakt im August 1939 zur Gewissheit. Es dauerte aber noch bis 1942, bis er im mexikanischen Exil seinen Austritt aus der KPD öffentlich machte – und sofort mit dem hasserfüllten Stigma des Renegaten belegt wurde.
Reglers Weg wird von seinem Biografen Ralph Schock als eine "idealtypische Karriere" beschrieben,
"in der nahezu alle kollektivmächtigen Ideen des Jahrhunderts zusammenfanden: Katholizismus und Jugendbewegung, wilhelminischer Patriotismus und Desillusionierung, großbürgerliche Sekurität und kommunistisches Engagement, Kampf für das republikanische Spanien und Exil in Mexiko, die Faszination durch archaische Mythen und esoterische Spekulationen - wahrlich, kaum eine wesentliche Denk- oder Glaubensform wird ausgelassen."
Reglers Angst vor Stalins Häschern verfolgte ihn bis in seine Träume. Er hatte es ja selbst erlebt, ganz in seiner Nähe hatten sie im August 1940 Leo Trotzki in seinem mexikanischen Exil ermordet.
"Immer wieder landete ich im Traum mit dem Fallschirm auf dem Roten Platz und wurde sofort zu Stalin geführt, dessen Todesverdikt mich dann weckte. In einem anderen Traum ermahnte ich ihn, aufzuhören, denn er solle sich doch nur einmal vorstellen, wie er beim Jüngsten Gericht dastände! Eine Mischung von Jugendvorstellungen mit einer zweifellosen Bindung an das grausamste 'Väterchen' der Geschichte."
Es ist der Schriftsteller und Journalist Gustav Regler, der hier spricht. Am 25. Mai 1898 im saarländischen Merzig geboren, liegt er dort auch begraben, nachdem ihn am 14. Januar 1963 - während einer Weltreise - der Tod überraschend in Neu-Delhi ereilt hatte. Seine Biografie ist so verschlungen wie der Satz, der eben zu hören war. Die darin enthaltene Lebensbilanz bezieht sich auf seine Autobiografie "Das Ohr des Malchus", die 1958 erschien und sofort ein großer Erfolg wurde.
Gustav Regler: "Das Buch heißt 'Das Ohr des Malchus', weil es an die Szene der Verhaftung Christi erinnert, an den Verrat von Judas, besonders aber an den Widerstand, den Petrus dieser Verhaftung entgegengesetzt hat, der, wie man weiß, sein Schwert zog und dem Knecht des Hohepriesters das Ohr, eins der Ohren abschlug. Der Knecht heißt Malchus, und Christus hat ihm dann erwidert: 'Stecke dein Schwert an seinen Ort, denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.'"
Eine religiös gefärbte Ethik der Gewaltlosigkeit – das ist nun Sache Reglers. Wenig verwunderlich nach diesem 20. Jahrhundert der Gewalt, die er auch selbst ausübte und erlitt, ob als politischer Schriftsteller oder als Soldat im Ersten Weltkrieg und im Spanischen Bürgerkrieg.
Was Regler als bloß "kurze Sympathie für Sowjetrussland" charakterisiert, war weit mehr. Der junge Regler ging den Weg vieler aufgeweckter und engagierter Intellektueller – und wurde 1928 Mitglied der KPD. Es gebe, so konstatiert er in seiner Autobiografie
"… keine komplizierte, etwa ideologische Erklärung meines Beitritts zur Kommunistischen Partei. Alle Sicht wurde vereinfacht zu dem einen Satz: So kann es nicht weitergehen!"
Zunächst verhalten, dann beschleunigt, machte Regler so etwas wie eine Parteikarriere. Neben Friedrich Wolff und Anna Seghers gehörte er zu den am meisten geförderten Schriftstellern in der KPD. Seine Bücher überzog nun das, was er im Hinblick auf die Grafik seines zweiten Schwiegervaters - dem der Sowjetunion ganz ergebenen Worpsweder Künstler Heinrich Vogeler, - den "Raureif der ideologischen Verpflichtung" genannt hat. Als Regler nach seiner Flucht aus Deutschland im August 1934 am Ersten Allunionskongress der Sowjetschriftsteller teilnahm, hatte die Parteidisziplin seiner Erscheinung den Stempel aufgedrückt. Oskar Maria Graf traf ihn während des Kongresses:
"Gustav Regler trug stets eine gefurchte Stirn, sah ungemein beschäftigt aus, gab sich selbstbewußt und roch geradezu nach abschreckender Tüchtigkeit. Er war grotesk beflissen, und wenn man das Wort 'Sekretär' als Zustand auffaßt, dann hatte man den ganzen Gustav Regler. Es läßt sich denken, dass er so etwas wie ein kommunistischer Musterschüler war."
Reglers Zweifel kamen spät und führten erst mit dem Hitler-Stalin-Pakt im August 1939 zur Gewissheit. Es dauerte aber noch bis 1942, bis er im mexikanischen Exil seinen Austritt aus der KPD öffentlich machte – und sofort mit dem hasserfüllten Stigma des Renegaten belegt wurde.
Reglers Weg wird von seinem Biografen Ralph Schock als eine "idealtypische Karriere" beschrieben,
"in der nahezu alle kollektivmächtigen Ideen des Jahrhunderts zusammenfanden: Katholizismus und Jugendbewegung, wilhelminischer Patriotismus und Desillusionierung, großbürgerliche Sekurität und kommunistisches Engagement, Kampf für das republikanische Spanien und Exil in Mexiko, die Faszination durch archaische Mythen und esoterische Spekulationen - wahrlich, kaum eine wesentliche Denk- oder Glaubensform wird ausgelassen."
Reglers Angst vor Stalins Häschern verfolgte ihn bis in seine Träume. Er hatte es ja selbst erlebt, ganz in seiner Nähe hatten sie im August 1940 Leo Trotzki in seinem mexikanischen Exil ermordet.
"Immer wieder landete ich im Traum mit dem Fallschirm auf dem Roten Platz und wurde sofort zu Stalin geführt, dessen Todesverdikt mich dann weckte. In einem anderen Traum ermahnte ich ihn, aufzuhören, denn er solle sich doch nur einmal vorstellen, wie er beim Jüngsten Gericht dastände! Eine Mischung von Jugendvorstellungen mit einer zweifellosen Bindung an das grausamste 'Väterchen' der Geschichte."