Vom Künstler-Intendanten zum Manager-Intendanten
Die Rolle des Intendanten hat sich in den vergangenen Jahren deutlich geändert. Vom allmächtigen Leiter ist er zum Kulturmanager geworden. Er muss nicht nur den Bühnenbetrieb organisieren und die künstlerische Linie vorgeben, sondern sich auch zugleich auf dem politischen Parkett bewegen. In Kiel wurde aus Anlass des hundertjährigen Bestehens des Stadttheaters über "Macht und Ohnmacht des Intendanten" diskutiert.
Wie Kirsten Harms von ihrem Innensenator zuerst bedrängt wurde, den "Idomeneo" abzusetzen. Und dann allein der Welle der Entrüstung gegenübertreten musste und von ihr überrollt wurde. Das ist eine Parabel auf die Ohnmacht des Intendanten. Höflich vermieden also alle, diese Geschichte anzusprechen. Nur einmal schwebte sie quasi im Raum. Als Kirsten Harms ihr Idealbild eines Kulturpolitikers entwerfen sollte. Immer mal wieder droht ihrer Deutschen Oper an der Bismarckstraße als einem von drei Opernhäusern Berlins die Schließung. Und so forderte Kirsten Harms vor allem eins: Planungssicherheit. Keine Rücknahme von finanziellen Zusagen, auch wenn mal eine Premiere daneben geht. Oder die Intendantin eine Entscheidung trifft, die sie dann wieder zurück nehmen muss.
"Wie oft passiert gerade durch den Irrtum die neue Entdeckung. Es ist so wichtig, die Finanzierung gerade auch als Finanzierung des geistigen Risikos zu betrachten."
Richtig frei und wohl fühlen sich Kirsten Harms und ihr Nachfolger als Intendant des Kieler Theaters, Daniel Karasek, nur in ihrer künstlerischen Arbeit. Ja, Karasek muss wohl ein Gefühl der Genugtuung, mithin auch von Macht, verspürt haben, als die Kieler gestern Abend rhythmisch klatschten, ihn mit wahren Applausorgien bedachten für seine unterhaltsame, aber recht brave Inszenierung von "Was ihr wollt", die im benachbarten Hamburg durchgefallen wäre. Seit einem Jahr ist der ehemalige Schauspieldirektor Karasek Generalintendant, auch für Oper und Ballett verantwortlich. Da könnte er das Inszenieren lassen, aber …
"Als regieführender Intendant ist man einfach an der Basis. Man kriegt den Puls einfach mit. Man kriegt mit, ob die Technik gut drauf ist. Man sieht in die Gesichter, wo eventuell auch private Probleme ahnbar sind. Und so weiter. Also man kann ganz anders, finde ich, mit den Menschen umgehen."
Man stelle sich diese Begründung für eine Regiearbeit aus dem Munde eines Gustaf Gründgens vor! Zu Gründgens Zeiten war der Intendant selbstverständlich der erste, beste Künstler am Haus. Und musste dies durch Inszenierungen immer wieder unter Beweis stellen. Auch Volkmar Clauß, Intendant in Kiel bis 1990, beschrieb in der Diskussion diesen Wandel im Anforderungsprofil.
"Wenn Sie zurückdenken, an die Generation noch vor uns, nach dem Kriege. In der Entwicklung des Theaterprinzipals als Leiter eines Ensembles. Mit fest gesetzten Maßstäben und auch Finanzierung. Das hat sich natürlich ganz klar ausdrücken können im künstlerischen Bereich, diese Handschrift. Der Intendantin oder die Intendantin ist seit zwanzig Jahren vollständig anders mit Politik befasst. Ein schwieriges Handwerk, und es liegt denjenigen, die sich mit Kunst befassen, eigentlich überhaupt nicht. Aber sie müssen es lernen. Ob das gut ist, ist ne andere Frage."
Die ständigen Spardiskussionen mit Politikern sind es jedoch nicht allein, die aus dem Künstler-Intendanten den Manager-Intendanten gemacht haben. Heutzutage kann ein Intendant nicht mehr befehlen und herrschen, er muss vielmehr klug taktierend einen Ausgleich zwischen den verschiedensten Interessensgruppen an seinem Haus herstellen. Daniel Karasek leitet in Kiel 500 Mitarbeiter. So wurde für ihn in der Diskussion klar:
"Dass der Intendant zwar eine irrsinnige Machtbefugnis hat. Und ist er dann Generalintendant, ist es ein Flugzeugträger, den er regiert. Aber gleichzeitig steht er alleine, und die anderen sind viele. Er lebt ganz stark davon, wie er seine Arbeit den Mitarbeitern vermittelt."
Und für dieses neue Modell eines Intendanten, der eher Vermittler als Künstler ist, steht jemand wie Ulrich Khuon, Leiter des Hamburger Thalia-Theaters und ab 2009 Chef des Deutschen Theaters in Berlin. Der führt gar nicht Regie, ist aber als Kulturmanager bahnbrechend erfolgreich. Umgekehrt könnte Kirsten Harms mit ihrer nächsten Inszenierung am 3. November an der Deutschen Oper im besten Fall wieder gut machen, was sie durch ein ungeschicktes politisches Verhalten an Ansehen verloren hat. Womöglich rettet da die Künstler-Intendantin die unglücklich agierende Managerin. Denn Macht verspürt Kirsten Harms ja ohnehin nur bei ihren künstlerischen Entscheidungen.
"Ohnmächtig als Intendant ist man vor allem dann, wenn wieder Erwarten viel Geld entzogen wird. Und zwar deshalb, weil man dann alle seine Pläne umschmeißen muss. Und weil dann ein riesiges Organisations- und auch inhaltliches Chaos entsteht. Und man dann aber auch wiederum machtlos ist. Es sei denn, man schafft es, genügend zu kämpfen, zu werben, so dass das dann wieder zurückgenommen wird."
"Wie oft passiert gerade durch den Irrtum die neue Entdeckung. Es ist so wichtig, die Finanzierung gerade auch als Finanzierung des geistigen Risikos zu betrachten."
Richtig frei und wohl fühlen sich Kirsten Harms und ihr Nachfolger als Intendant des Kieler Theaters, Daniel Karasek, nur in ihrer künstlerischen Arbeit. Ja, Karasek muss wohl ein Gefühl der Genugtuung, mithin auch von Macht, verspürt haben, als die Kieler gestern Abend rhythmisch klatschten, ihn mit wahren Applausorgien bedachten für seine unterhaltsame, aber recht brave Inszenierung von "Was ihr wollt", die im benachbarten Hamburg durchgefallen wäre. Seit einem Jahr ist der ehemalige Schauspieldirektor Karasek Generalintendant, auch für Oper und Ballett verantwortlich. Da könnte er das Inszenieren lassen, aber …
"Als regieführender Intendant ist man einfach an der Basis. Man kriegt den Puls einfach mit. Man kriegt mit, ob die Technik gut drauf ist. Man sieht in die Gesichter, wo eventuell auch private Probleme ahnbar sind. Und so weiter. Also man kann ganz anders, finde ich, mit den Menschen umgehen."
Man stelle sich diese Begründung für eine Regiearbeit aus dem Munde eines Gustaf Gründgens vor! Zu Gründgens Zeiten war der Intendant selbstverständlich der erste, beste Künstler am Haus. Und musste dies durch Inszenierungen immer wieder unter Beweis stellen. Auch Volkmar Clauß, Intendant in Kiel bis 1990, beschrieb in der Diskussion diesen Wandel im Anforderungsprofil.
"Wenn Sie zurückdenken, an die Generation noch vor uns, nach dem Kriege. In der Entwicklung des Theaterprinzipals als Leiter eines Ensembles. Mit fest gesetzten Maßstäben und auch Finanzierung. Das hat sich natürlich ganz klar ausdrücken können im künstlerischen Bereich, diese Handschrift. Der Intendantin oder die Intendantin ist seit zwanzig Jahren vollständig anders mit Politik befasst. Ein schwieriges Handwerk, und es liegt denjenigen, die sich mit Kunst befassen, eigentlich überhaupt nicht. Aber sie müssen es lernen. Ob das gut ist, ist ne andere Frage."
Die ständigen Spardiskussionen mit Politikern sind es jedoch nicht allein, die aus dem Künstler-Intendanten den Manager-Intendanten gemacht haben. Heutzutage kann ein Intendant nicht mehr befehlen und herrschen, er muss vielmehr klug taktierend einen Ausgleich zwischen den verschiedensten Interessensgruppen an seinem Haus herstellen. Daniel Karasek leitet in Kiel 500 Mitarbeiter. So wurde für ihn in der Diskussion klar:
"Dass der Intendant zwar eine irrsinnige Machtbefugnis hat. Und ist er dann Generalintendant, ist es ein Flugzeugträger, den er regiert. Aber gleichzeitig steht er alleine, und die anderen sind viele. Er lebt ganz stark davon, wie er seine Arbeit den Mitarbeitern vermittelt."
Und für dieses neue Modell eines Intendanten, der eher Vermittler als Künstler ist, steht jemand wie Ulrich Khuon, Leiter des Hamburger Thalia-Theaters und ab 2009 Chef des Deutschen Theaters in Berlin. Der führt gar nicht Regie, ist aber als Kulturmanager bahnbrechend erfolgreich. Umgekehrt könnte Kirsten Harms mit ihrer nächsten Inszenierung am 3. November an der Deutschen Oper im besten Fall wieder gut machen, was sie durch ein ungeschicktes politisches Verhalten an Ansehen verloren hat. Womöglich rettet da die Künstler-Intendantin die unglücklich agierende Managerin. Denn Macht verspürt Kirsten Harms ja ohnehin nur bei ihren künstlerischen Entscheidungen.
"Ohnmächtig als Intendant ist man vor allem dann, wenn wieder Erwarten viel Geld entzogen wird. Und zwar deshalb, weil man dann alle seine Pläne umschmeißen muss. Und weil dann ein riesiges Organisations- und auch inhaltliches Chaos entsteht. Und man dann aber auch wiederum machtlos ist. Es sei denn, man schafft es, genügend zu kämpfen, zu werben, so dass das dann wieder zurückgenommen wird."