Vom Giftgas im Schlaf überrascht

Von Tabea Schmitt · 03.12.2009
Es ist spät in der Nacht, als eine gewaltige Explosion die Einwohner der indischen Stadt Bhopal aus dem Schlaf schreckt: Nach fehlerhaften Wartungsarbeiten fliegt eine Pestizidfabrik des US-amerikanischen Konzerns Union Carbide in die Luft.
40.000 Tonnen hochgiftiges Gas ziehen in einer gewaltigen Giftwolke über Bhopal; verätzen Augen, Schleimhäute und Lungen der Bewohner. 10.000 Menschen sterben qualvoll in den ersten Tagen nach der Katastrophe, eine halbe Million wird verletzt. Wie viele Menschen noch an den Spätfolgen sterben, an Krebs, an Lungenkrankheiten, wie viele missgebildete Kinder geboren werden, das ist bis heute nicht geklärt.

Seit Jahren warnen Wissenschaftler und Umweltorganisationen, dass der Zustand der ehemaligen Pestizidfabrik katastrophal sei. Giftige Chemikalien lagerten in rostenden Fässern auf dem Gelände, so ein Bericht von Greenpeace von 2004. Das Grundwasser sei verseucht, die umliegenden Stadtviertel weiterhin stark belastet.

Erst nach jahrelangem Rechtsstreit zahlt Union Carbide eine Entschädigung von 470 Millionen US-Dollar an den Staat Indien, doch den Großteil der Summe erhalten die Betroffenen nie. Obwohl Union Carbide grob fahrlässiges Verhalten nachgewiesen wird, stellt die indische Regierung alle strafrechtlichen Verfolgungen gegen die möglichen Verantwortlichen des Konzerns ein. Offiziell bleibt man dabei: der Chemieunfall von Bhopal ist Geschichte.
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