Vom Gewalttäter zum Wohltäter

"Ohne Therapie würde ich hier nicht sitzen"

Andreas Marquardt beim Besuch im Deutschlandradio Kultur
Der ehemalige Zuhälter, der mittlerweile eine Sportschule leitet: Andreas Marquardt © Deutschlandradio-Ulrike Köppchen
Andreas Marquardt im Gespräch mit Marianne Allweiss und Andre Hatting · 22.04.2015
Er galt als der härteste Zuhälter Berlins und war von Frauenhass getrieben. Erst im Gefängnis wandelte sich Andreas Marquardt und stellte sich seiner eigenen Missbrauchsgeschichte. Aus seiner Biografie hat Rosa von Praunheim einen Kinofilm gemacht.
Morgen kommt der neue Film von Rosa von Praunheim ins Kino und der ist eine Art dokumentarische Verfilmung einer Autobiografie: In "Härte" schildert Andreas Marquardt seine Lebensgeschichte über eine traumatische Kindheit als Missbrauchsopfer, den Teufelskreis der Gewalt, über seine Knastjahre wegen Zuhälterei, und seinen Weg zurück ins normale leben: Heute engagiert sich der ehemalige Zuhälter und Karate-Champion für misshandelte Kinder und betreibt eine Sportschule in Berlin, wo er vor allem Kinder in Karate unterrichtet.
Der Film wählt zum Teil drastische, verstörende Bilder. Andreas Marquardt findet das aber in Ordnung:

"Die Schauspieler spielen eine 1:1-Kopie von mir, die haben sich richtig reingelesen, viel Herzblut reingelegt. Die Bilder gehen in Ordnung, man soll ja auch aufklären."
Spuren des jahrelangen Missbrauchs
Marquardt wurde jahrelang von seiner Mutter missbraucht und vom Vater geschlagen. Das blieb natürlich nicht ohne Spuren, sagte er im Deutschlandradio Kultur:
"Ich hatte einen Frauenhass entwickelt. Es ist einfach nicht normal, dass Menschen ihre Kinder so kaputt machen wollen. Mein Vater hat mir praktisch die Hand zerstückelt, zerquetscht, ich war jahrelang damit beschäftigt bzw. die Ärzte, das wieder zu richten. Meine Mutter hat mich sieben Jahre lang sexuell missbraucht Dann hat sie meine Jugendlieben zerstört, als ich ausgezogen bin, praktisch zwei Etagen höher, leider nicht weit genug weg, und da hat es bei mir im Kopf gesagt: Knack! Knack!
Da hab ich zu meinem Vater gesagt: Ich will einer der größten Kampfsportler der Welt werden, ich zeig's euch allen, ich bin keine Puschmütze, ich bin kein Weichei, was ich geschafft hab. Meine Mutter hat mich jahrelang sexuell missbraucht, das hat Spuren hinterlassen in meinem Kopf, das werde ich auch nie vergessen, das ist einfach drin."
Stolz auf die Therapie im Gefängnis
Mit Anfang 40 wird Marquardt zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt. Erst dort vertraut er sich einem Therapeuten an, wenn auch am Anfang nicht ganz freiwillig:

"Erstmal wollte ich kein besserer Mensch werden, sondern ich wollte nur raus. Ohne die Therapie würde ich hier aber nicht sitzen können, sonst hätte ich jemanden umgebracht."
Die Therapie sei sehr schwer gewesen, sagt Marquardt, er habe auch wirklich darum kämpfen müssen, sie zu bekommen, jetzt sei er aber stolz, dass er das durchgezogen habe:

"Ich bin sehr erfreut, dass ich die Kraft entwickelt habe, da wegzugehen, das ist schön, aber das hat auch jahrelang gedauert."
Nachdem er sein Buch veröffentlicht hatte, habe er viele Zuschriften von ehemaligen Zuhältern und Gefängnisinsassen erhalten, die ihm sagten, sie hätten ähnlich Geschichten erlebt und Missbrauch erfahren.
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