Vom Gelegenheitsstück zum Meisterwerk

Zu Zeiten der Kreuzzüge nutzt Graf Ory die Gunst der Stunde. Während die tapferen Ritter aufgebrochen sind, das Heilige Land zurückzugewinnen, geht er seinerseits auf Eroberung. Als Eremit verkleidet, erschleicht er sich das Vertrauen der einsamen Damen. Dass er dabei auch seinem als Burgfräulein verkleideten Pagen Unterricht in Liebeskünsten erteilt, gibt dem Ganzen die nötige Frivolität, die dem französischen Zeitgeschmack entsprach.
Das Libretto schrieb der äußerst produktive Pariser Schriftsteller Eugène Scribe gemeinsam mit Charles-Gaspard Delestre-Poirson. Rossini sah in dem seichten komischen Stück eine Chance, die wichtigsten Musiken aus seiner Gelegenheitsoper "Die Reise nach Reims" weiter zu verwenden. Er nahm selbst erhebliche Retuschen am Libretto vor, die zwar in Klavierauszug und Partitur vermerkt sind, jedoch bei der Veröffentlichung des Textbuches nicht berücksichtigt wurden. Nach zwei Opern in französischer Sprache, "Die Belagerung von Corinth" und "Moses in Ägypten", hatte Rossini Gefallen gefunden an der speziellen Art der Rezitativ- und Ensemblebehandlung, wie sie an den Pariser Bühnen erwartet wurde. Die Uraufführung am 20. August 1828 wurde enthusiastisch umjubelt. Hector Berlioz war einer der ersten Komponistenkollegen Rossinis, die Anmut, Leichtigkeit, Erfindungsreichtum und subtilen Witz dieser Oper zu würdigen wussten.

Bartlett Sher, der Regisseur der Neuproduktion an der MET, interpretiert das Umfeld, in dem die Handlung stattfindet, als "einen Platz, an dem die Liebe gefährlich ist. Menschen werden verletzt. Das kann lustig, aber auch sehr schmerzvoll sein. Rossini erfasst beides – mit der wunderschönsten Musik, die er je geschrieben hat.”


Live aus der Metropolitan Opera New York

Gioachino Rossini
”Le Comte Ory”
Opéra comique in zwei Akten
Libretto: Eugène Scribe
Charles Gaspard Delestre-Poirson

Le Comte Ory – Juan Diego Flórez, Tenor
Isolier – Joyce Di Donato, Mezzosopran
Raimbaud – Stéphane Degout, Bariton
Alice – Monica Yunus, Sopran
Dame Ragonde – Susanne Resmark, Mezzosopran
Le Gouverneur – Michele Pertusi, Bariton
La Comtesse Adèle de Formoutiers – Diana Damrau, Sopran
Chor und Orchester der Metropolitan Opera New York
Leitung: Maurizio Benini

nach dem 1. Akt ca. 20:10 Uhr Pause mit Nachrichten