Vom Feld auf den Teller
Ob Graubrot oder Butterkekse: Viele unserer Lebensmittel haben einen langen Verarbeitungsprozess hinter sich. Eine neue Technologie soll für mehr Transparenz sorgen und den Verbrauchern helfen, diesen Prozess besser nachzuvollziehen.
Großer Andrang in der fußballfeldgroßen Werkshalle der TU Berlin. Unter dem knapp 10 Meter hohen Dach stehen zahlreiche Wissenschaftler und Ingenieure verschiedenster Disziplinen. Sie sind nach Berlin gekommen, um die so genannte LaSeKo-Box abschließend zu bewerten. LaSeKo: Das steht kurz für Landwirtschaftliches Selbstkonfigurierendes Kommunikationssystem. Es ist ein Minicomputer, der künftig bei der Feldernte eingesetzt werden soll, sagt Professor Henning Meyer und zeigt auf ein kleines, metallenes Gerät.
"Ja, wir haben hier einmal solch eine LaSeKo-Box, Größe etwa wie zwei Stück Butter oder eine große Margarinebüchse. Sie sehen hier auf den Stirnseiten haben wir die Anschlüsse für die verschiedenen Funkantennen, die dann angebunden werden können, und auf der Rückseite der Box sind dann die Anschlüsse für Ethernet-Verbindungen, für die Stromversorgung und nochmal für einen USB-Slot."
Eingebaut werden soll das handliche Gerät in der Fahrerkabine von Mähdreschern. Die sind bereits jetzt mit diverser Elektronik ausgestattet. Erfasst wird so unter anderem die Menge des geernteten Getreides, dessen Feuchtigkeit und mittels GPS auch die genaue Lage des Feldes. Die LaSeKo-Box greift all diese Daten digital ab und speichert sie auf der eigenen Festplatte. Wird das Getreide jetzt beispielsweise auf den Anhänger eines Traktors verladen, dann werden per Funk die gespeicherten Erntedaten gleich mit überspielt. Die Box erkennt dafür das andere Fahrzeug und ortet, ob es ebenfalls mit einer LaSeKo-Box ausgestattet ist, sagt Ingenieur Christian Rusch.
"Wenn es ein Traktor ist, werden die Daten übertragen, wenn es ein Mähdrescher ist, werden die Daten nicht übertragen. Da ja die Grundfunktion so aussieht: Mähdrescher erzeugt die Daten, überträgt sie an das Transportfahrzeug, den Traktor, und der Traktor nimmt nicht nur das Korn mit, sondern auch die entsprechenden Daten, die zu diesem Korn gehören, was er gerade bekommen hat und fährt dann zur Wage oder zum Silo, und dort übergibt er wieder die Daten an die Waage, an den Server, und somit ist dokumentiert, von wo welches Getreide kam."
Übertragen werden all diese Daten automatisch. Landwirt und Fahrer müssen sich um nichts kümmern: Denn sobald sie ihr Fahrzeug anlassen, startet auch die LaSeKo-Box. Kommt das Getreide schließlich vom Feld bei der Waage an, dann werden auch dort die Informationen auf einen Server überspielt – die digitale Datenübertragung ersetzt so die oft umständliche Dokumentation auf Papier, sagt Jens Teichmann von der TU Dresden und verdeutlicht das an einem Beispiel.
"Eine Sache, die sie ganz einfach ersetzen kann, ist zum Beispiel der Wiegeschein. Jetzt ist es so, mein Mähdrescher übergibt das Getreide an einen Traktor, der bringt das Erntegut zu einer Waage und dort wird es gewogen und ich bekomme einen Wiegeschein. Den muss ich dann in Form des Papieres, das mir dort in der Hand liegt, dann wieder zurückbringen an denjenigen, der das Getreide abgegeben hat. Und das entfällt zum Beispiel komplett, brauche ich dann nicht mehr, habe ich über die Box."
Nach und nach entsteht also eine ganze Kette an Informationen, die digital gespeichert wird: Ort der Ernte, Gewicht des Getreides, Name von Transporteur, Silo und Kornmühle etwa. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sich alle Akteure eine Box beschaffen - beziehungsweise einen Computer, der deren Daten per Funk empfangen und weitergeben kann. In den Erntesaisons 2009 und 2010 waren die Fahrzeuge mit den Boxen bereits auf staubigen Äckern unterwegs. Da wurde vor allem getestet, ob die Hardware der Geräte robust genug ist: Denn die Boxen müssen Dreck, Feuchtigkeit und hohen Temperaturen standhalten. Und: Die Wissenschaftler mussten das Gerät so entwickeln, dass es auf möglichst vielen Maschinen eingebaut werden kann.
"Die Box kann sehr vielfältig eingesetzt werden. Es sind alle Maschinen, die zu einer Erntekette gehören vorstellbar. Einzige Bedingung ist, es muss eine Spannungsversorgung da sein und es muss eine Kennschnittstelle, also die Datenschnittstelle da sein, das ist die einzige Voraussetzung. Und ob es ein Traktor, ein Mähdrescher, ein Häcksler, eine Zuckerrübenerntemaschine was auch immer ist, alles vorstellbar. Wichtig ist Datenschnittstelle und Stromversorgung."
Die Datensammlung funktioniert so lückenlos vom Feld bis in den Supermarkt – aber eben auch den ganzen Weg zurück. Lebensmittelskandale sollen so schneller aufgeklärt werden, erläutert Henning Meyer von der TU Berlin:
"Wenn es zu einem Problem mit einem Nahrungsmittel kommt, oder zu einer ganzen Charge von Brot, das identifiziert man ja in der Regel wahrscheinlich erst, wenn das beim Verbraucher zu irgendeinem Problem geführt hat. Dann würde man ja anfangen zu gucken, wo kommt das Zeug her, wo kommt das Getreide her, wer hat es verarbeitet. Und wenn das alles in papierener Form vorliegt, und dann vielleicht noch irgendwo ein paar Zettel fehlen, dann ist es ja wirklich wahnsinnig schwierig, wirklich diesen Weg des Nahrungsmittels aufzuzeichnen. Und durch eben dieses digitale Weiterreichen der Informationen ist meines Erachtens ein sehr viel schnelleres Reagieren möglich, weil man in Datenbanken suchen kann, wo eine bestimmte Charge herkommt."
Auf der Mehlpackung, der Brottüte oder dem Müslibeutel erscheint schließlich ein Code – und der verweist auf die entsprechende Datenablage, die den gesamten Verarbeitungsprozess offenlegt. Wenn also vom Brot der Magen rumort, dann ist es möglich, über den Code die Ursache ausfindig zu machen und weitere belastete Lebensmittel aus dem Handel zu nehmen. Die technische Entwicklung der Box ist mittlerweile ausgereift – eingesetzt werden könnte sie also schon bald, sagt Arndt Kritzner von der Firma Logic Way:
"Na, ich würde mir wünschen, dass es nächstes Jahr in der Ernte eingesetzt wird. Momentan sind wir aber eben erst mal bis zum Erprobungsbetrieb gekommen. Es gibt 20 plus, minus ein paar Geräte, die damit ausgestattet waren und die die Funktionstüchtigkeit nachgewiesen haben. Aber an den Markt bringen müssen wir es noch."
Entwickelt wurde die LaSeKo-Box nicht zuletzt wegen entsprechender Verbraucherforderungen: Denn der Ruf nach einer einfachen Dokumentation von Verarbeitungsketten ist in den vergangenen Jahren lauter geworden – auch wegen der zahlreichen Lebensmittelskandale.
"Ja, wir haben hier einmal solch eine LaSeKo-Box, Größe etwa wie zwei Stück Butter oder eine große Margarinebüchse. Sie sehen hier auf den Stirnseiten haben wir die Anschlüsse für die verschiedenen Funkantennen, die dann angebunden werden können, und auf der Rückseite der Box sind dann die Anschlüsse für Ethernet-Verbindungen, für die Stromversorgung und nochmal für einen USB-Slot."
Eingebaut werden soll das handliche Gerät in der Fahrerkabine von Mähdreschern. Die sind bereits jetzt mit diverser Elektronik ausgestattet. Erfasst wird so unter anderem die Menge des geernteten Getreides, dessen Feuchtigkeit und mittels GPS auch die genaue Lage des Feldes. Die LaSeKo-Box greift all diese Daten digital ab und speichert sie auf der eigenen Festplatte. Wird das Getreide jetzt beispielsweise auf den Anhänger eines Traktors verladen, dann werden per Funk die gespeicherten Erntedaten gleich mit überspielt. Die Box erkennt dafür das andere Fahrzeug und ortet, ob es ebenfalls mit einer LaSeKo-Box ausgestattet ist, sagt Ingenieur Christian Rusch.
"Wenn es ein Traktor ist, werden die Daten übertragen, wenn es ein Mähdrescher ist, werden die Daten nicht übertragen. Da ja die Grundfunktion so aussieht: Mähdrescher erzeugt die Daten, überträgt sie an das Transportfahrzeug, den Traktor, und der Traktor nimmt nicht nur das Korn mit, sondern auch die entsprechenden Daten, die zu diesem Korn gehören, was er gerade bekommen hat und fährt dann zur Wage oder zum Silo, und dort übergibt er wieder die Daten an die Waage, an den Server, und somit ist dokumentiert, von wo welches Getreide kam."
Übertragen werden all diese Daten automatisch. Landwirt und Fahrer müssen sich um nichts kümmern: Denn sobald sie ihr Fahrzeug anlassen, startet auch die LaSeKo-Box. Kommt das Getreide schließlich vom Feld bei der Waage an, dann werden auch dort die Informationen auf einen Server überspielt – die digitale Datenübertragung ersetzt so die oft umständliche Dokumentation auf Papier, sagt Jens Teichmann von der TU Dresden und verdeutlicht das an einem Beispiel.
"Eine Sache, die sie ganz einfach ersetzen kann, ist zum Beispiel der Wiegeschein. Jetzt ist es so, mein Mähdrescher übergibt das Getreide an einen Traktor, der bringt das Erntegut zu einer Waage und dort wird es gewogen und ich bekomme einen Wiegeschein. Den muss ich dann in Form des Papieres, das mir dort in der Hand liegt, dann wieder zurückbringen an denjenigen, der das Getreide abgegeben hat. Und das entfällt zum Beispiel komplett, brauche ich dann nicht mehr, habe ich über die Box."
Nach und nach entsteht also eine ganze Kette an Informationen, die digital gespeichert wird: Ort der Ernte, Gewicht des Getreides, Name von Transporteur, Silo und Kornmühle etwa. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sich alle Akteure eine Box beschaffen - beziehungsweise einen Computer, der deren Daten per Funk empfangen und weitergeben kann. In den Erntesaisons 2009 und 2010 waren die Fahrzeuge mit den Boxen bereits auf staubigen Äckern unterwegs. Da wurde vor allem getestet, ob die Hardware der Geräte robust genug ist: Denn die Boxen müssen Dreck, Feuchtigkeit und hohen Temperaturen standhalten. Und: Die Wissenschaftler mussten das Gerät so entwickeln, dass es auf möglichst vielen Maschinen eingebaut werden kann.
"Die Box kann sehr vielfältig eingesetzt werden. Es sind alle Maschinen, die zu einer Erntekette gehören vorstellbar. Einzige Bedingung ist, es muss eine Spannungsversorgung da sein und es muss eine Kennschnittstelle, also die Datenschnittstelle da sein, das ist die einzige Voraussetzung. Und ob es ein Traktor, ein Mähdrescher, ein Häcksler, eine Zuckerrübenerntemaschine was auch immer ist, alles vorstellbar. Wichtig ist Datenschnittstelle und Stromversorgung."
Die Datensammlung funktioniert so lückenlos vom Feld bis in den Supermarkt – aber eben auch den ganzen Weg zurück. Lebensmittelskandale sollen so schneller aufgeklärt werden, erläutert Henning Meyer von der TU Berlin:
"Wenn es zu einem Problem mit einem Nahrungsmittel kommt, oder zu einer ganzen Charge von Brot, das identifiziert man ja in der Regel wahrscheinlich erst, wenn das beim Verbraucher zu irgendeinem Problem geführt hat. Dann würde man ja anfangen zu gucken, wo kommt das Zeug her, wo kommt das Getreide her, wer hat es verarbeitet. Und wenn das alles in papierener Form vorliegt, und dann vielleicht noch irgendwo ein paar Zettel fehlen, dann ist es ja wirklich wahnsinnig schwierig, wirklich diesen Weg des Nahrungsmittels aufzuzeichnen. Und durch eben dieses digitale Weiterreichen der Informationen ist meines Erachtens ein sehr viel schnelleres Reagieren möglich, weil man in Datenbanken suchen kann, wo eine bestimmte Charge herkommt."
Auf der Mehlpackung, der Brottüte oder dem Müslibeutel erscheint schließlich ein Code – und der verweist auf die entsprechende Datenablage, die den gesamten Verarbeitungsprozess offenlegt. Wenn also vom Brot der Magen rumort, dann ist es möglich, über den Code die Ursache ausfindig zu machen und weitere belastete Lebensmittel aus dem Handel zu nehmen. Die technische Entwicklung der Box ist mittlerweile ausgereift – eingesetzt werden könnte sie also schon bald, sagt Arndt Kritzner von der Firma Logic Way:
"Na, ich würde mir wünschen, dass es nächstes Jahr in der Ernte eingesetzt wird. Momentan sind wir aber eben erst mal bis zum Erprobungsbetrieb gekommen. Es gibt 20 plus, minus ein paar Geräte, die damit ausgestattet waren und die die Funktionstüchtigkeit nachgewiesen haben. Aber an den Markt bringen müssen wir es noch."
Entwickelt wurde die LaSeKo-Box nicht zuletzt wegen entsprechender Verbraucherforderungen: Denn der Ruf nach einer einfachen Dokumentation von Verarbeitungsketten ist in den vergangenen Jahren lauter geworden – auch wegen der zahlreichen Lebensmittelskandale.