Vom Boxer zur Hollywoodlegende

27.08.2007
John Huston gilt als einer der bedeutendsten Filmregisseure des vergangenen Jahrhunderts. In seiner langen Laufbahn schuf er zahlreiche Filmklassiker. 20 Jahre nach seinem Tod ist seine Autobiographie "... mehr als nur ein Leben" auf Deutsch erschienen.
Er war ein großer Hollywood-Regisseur, berühmt für seinen schnörkellosen Stil, seine skeptische Weltsicht und kompromisslosen Umgang mit den Stars. John Huston schaffte es, das Filmgeschäft für die Kunst zu nutzen, seine Meisterwerke waren aber auch Kassenerfolge. Unter seinen 50 Filmen gerieten etliche zu Kultfilmen, beispielsweise die Film-Noir-Klassiker "Der Malteser Falke" und "Asphalt-Dschungel", die Abenteuerdramen "African Queen", "Moby Dick" und "The Misfits" oder die Filmbiografien "Moulin Rouge" und "Freud".

Huston war ein exzentrischer Abenteurer. Nicht nur seine eigenen Filmprojekte genoss er aus vollen Zügen, auch als Schauspieler, zum Beispiel neben Faye Dunaway und Jack Nicholson in Roman Polanskis "Chinatown" traf er den Ton des zynischen Patriarchen mit der ewigen Havanna-Zigarre lebensecht. Dass er einst als Boxer im Showgeschäft startete und sich im Ring seine charakteristische Nasenform holte, passte ins Image des polternden Lebenskünstlers wie seine Liebe zur Jagd und zum mexikanischen Stierkampf.

Aus Anlass seines 20. Todestags am 28. August ist die deutsche Übersetzung seiner in den achtziger Jahren geschriebenen Autobiografie erschienen. John Huston schildert darin sein Leben ebenso pointiert, realistisch und trocken ironisch, wie es für seine Filme charakteristisch war.

Das Buch ist eine faszinierende Reise zurück in die amerikanische Gesellschaft des 20. Jahrhunderts, in der das Kino einem orientierungslosen Talent Aufstiegschancen bot, aber auch heftige Niederlagen eintragen konnte. Es schildert, wie Huston als Dokumentarfilmer der amerikanischen Armee die Kriegsjahre an der Front in Italien verbrachte und zum Filmemacher avancierte. Diese Zeit prägte seine illusionslose Weltsicht und seinen unsentimentalen Erzählstil.

1906 als Sohn des berühmten Film- und Theaterschauspielers John Huston und der Sportreporterin Rhea Huston in eine nomadische Familie hineingeboren, verbrachte er seine Jugend damit, zwischen den geschiedenen Eltern und den aufstrebenden Metropolen New York und Los Angeles zu pendeln. Das Kind kränkelte, was die Mutter zu immer neuen, in Wahrheit lebensbedrohlichen Therapieversuchen anstachelte. Erst der Boxsport half dem hoch gewachsenen jungen Mann, sich aus der paranoiden Behütung zu befreien. Sein Schreibtalent und die Kontakte seines Vaters verhalfen ihm schließlich zu ersten Erfolgen am Theater.

John Huston war ein Multitalent, das die Malerei, den Sport, das Schreiben und endlich auch das Inszenieren mit gleicher Lust und künstlerischer Unbestechlichkeit betrieb. Konflikte mit der Traumfabrik waren vorgezeichnet, ebenso wie zahlreiche private Krisen, in denen der kreative Egomane seinen Ärger mit den Produzenten im Alkohol ertränkte. Huston opponierte offen gegen die politische Repression der McCarthy-Ära in den fünfziger Jahren, was seinen Umzug nach Irland zur Folge hatte. Dennoch gelangen ihm bis zu seinem Tod beeindruckende Filme, zuletzt die Mafia-Komödie "Die Ehre der Prizzis" und die James Joyce-Verfilmung "The Dead". Am Ende seines Lebens zurückgezogen auf einer mexikanischen Insel lebend, warf der knorrige Außenseiter in seinem Memoirenbuch einen erstaunlich gelassenen und wenig eitlen Blick zurück auf seine Karriere.

Rezensiert von Claudia Lenssen

John Huston: ... mehr als nur ein Leben
Autobiographie
Übersetzt von Karsten Prüßmann
Schüren Verlag Marburg, 2007
426 Seiten, 24,90 Euro