Voll im Bilde

Mühelos und spielerisch vermittelt der US-amerikanische Sachbuchautor George E. Sullivan in seinem Buch die Grundkenntnisse des Fotografierens. Sein Credo: Um ein gutes Bild zu machen, braucht man vor allem Wissen, Experimentierfreude und Leidenschaft.
Das Foto hat Kultstatus, und auch wer es schon Hunderte Male gesehen hat, muss immer noch lachen: Da steht ein Chihuahua im Strickkostüm mit Wollmütze neben zwei Frauenbeinen in Stiefeln und zwei Riesenhundebeinen. Frontal aufgenommen aus Kleinsthundeperspektive illustriert "Felix, Gladys und Rover" von Elliott Erwitt aufs Schönste, wie meisterhaft der amerikanische Fotograf Komposition, Witz und sein Gespür für den Augenblick miteinander verbinden konnte.

Kann man das lernen? Bis zu einem gewissen Grad ja, meint George Sullivan in seinem kompakten Einführungswerk "Fotografie für Kinder". Ausgehend von berühmten Fotografen und deren bekanntesten Bildern, erläutert er die wichtigsten Grundregeln der Fotografie und regt dazu an, das Beste aus seiner Kamera herauszuholen. Denn um ein gutes Bild zu machen, so sein Credo, brauche es elementare Kenntnisse, einige Vorbilder, Lust, zu experimentieren und Leidenschaft für die Sache.

So beschreibt Sullivan die Fotografie denn zunächst auch als magischen Vorgang und erläutert am Anfang seines Buches die Prinzipien der Camera Obscura. Leonardo da Vinci, der die Lochkamera im 15. Jahrhundert in allen Einzelheiten dargelegt hatte, kommt hier ebenso vor wie Louis Daguerre, William Henry Fox Talbot und Joseph Nicephore Niepce. Detailreich und spannend schildert Sullivan, mit welchen technischen Gerätschaften und Substanzen (Silber, Zinn, Teer, Jod, Lavendel, Öl et cetera) die drei Väter der Fotografie experimentiert haben und zeigt auch ihre beeindruckenden Ergebnisse.

Anschließend folgt mit den "Meisterfotografen" und "Bildern, die Geschichte schrieben" eine kleine Schule des Sehens - von Ansel Adams' Landschaftsaufnahmen über Henri Cartier Bressons Straßenszenen bis hin zu Dorothea Langes Wanderarbeiter-Porträts. Von den Großen lässt sich immer noch am besten lernen.

Konkret wird es im Praxisteil. Wie bekomme ich Tiefenschärfe ins Bild? Warum sind Kontraste wichtig? Was bedeutet Komposition? Wie fange ich Bewegung ein? Diese Fragen werden - unterteilt nach Sujets wie etwa Landschaft, Porträt, Tiere - in jeweils einem Kurzkapitel beantwortet. Sullivan erläutert hier die wichtigsten Grundkenntnisse von der Belichtung bis zur Auswahl der Blende und gibt praktische Tipps, die sofort zum Ausprobieren anregen. Etwa wenn es darum geht, durch Mitziehen der Kamera mit Bewegung, Schärfe und Unschärfe zu spielen oder durch originelle Blickwinkel überraschende oder lustige Fotos zu komponieren. "Felix, Gladys und Rover" lassen grüßen.

Mühelos und spielerisch vermittelt Sullivan so die Grundkenntnisse des Fotografierens und - falls mal etwas schiefgegangen ist - auch die der anschließenden Nachbearbeitung; etwa Beschneiden, Begradigen, Aufhellen oder Retuschieren. Seine Mischung aus herausragende Beispielfotos und konkreten Tipps ist bestechend. Dass er quasi nebenbei auch in die Geschichte der Fotografie einführt und einige ihrer Protagonisten mit ihren berühmtesten Aufnahmen vorstellt, ist mehr als ein schöner Nebeneffekt.

Besprochen von Eva Hepper

George E. Sullivan: Klick! Fotografie für Kinder
Prestel Verlag, München 2011
89 Seiten, 19,99 Euro