"Voll abgezockt"

Von Hans-Ulrich Pönack |
Diana verdient sich ihr Geld mit Kreditkarten-Betrug. Doch sie hat die Rechnung ohne den Buchhalter Sandy gemacht. Der will sich das nicht gefallen lassen und spürt sie auf. Ein popliger Anarcho-Flick, meint Kritiker Hans-Ulrich Pönack, der nur durch Melissa McCarthy gerettet wird.
Sie befindet sich gerade auf dem Durchstarterweg, drüben, in den USA, wird aber mit Sicherheit bald auch international präsent sein: Melissa McCarthy aus Plainfield/Illinois, geboren am 26. August 1970 - ein (im wahrsten Sinne) pfundiges Wesen als Comedy-Naturgewalt.

Nach Anfängen mit Stand-Up-Auftritten auf New Yorker Kleinbühnen und Schauspielunterricht im berüchtigten Actors Studio fiel sie zunächst in Nebenparts von Kinofilmen wie "3 Engel für Charlie" oder "Weißer Oleander" kaum auf. Von 2000 an spielte sie die Rolle der chaotischen Köchin Sookie St. James in der TV-Serie "Gilmore Girls".

2011 begann der Leinwand-Durchbruch in dem weiblichen "Hangover"-Streich "Brautalarm", wo sie für ihren robusten Auftritt als Megan eine Oscar-Nominierung einheimste. Seitdem ist Melissa McCarthy nicht mehr aufzuhalten und wird demnächst sicherlich (viel) bessere Drehbücher (aus-)füllen als hier in diesem popligen Anarcho-Flick,wo sie sich als Diana Budgie mit Kreditkartenbetrug gut über Wasser hält.

Bis sie auf Sandy Patterson (Jason Bateman) trifft, einen Buchhalter, dessen Existenz sie gerade arg beschädigt, indem sie seine Kartenidentität angenommen hat und ihn zünftig ausplündert. Also düst er von Denver, Colorado, gen Florida, wo sie residiert, um sie zu überführen.

Achten wir mal nicht auf Logik, sondern nur auf die Absicht der beiden Drehbuch-Autoren Craig Mazin und Jerry Eeten sowie des Regisseurs Seth Gordon ("Kill the Boss"), die fortan auf brachialen Klamauk zu setzen. Zwei völlig ungleiche Typen, der Brave und die Furie, mimen so etwas wie Dick und Doof, wollen um jeden Preis mit schmutzigem Slapstick provozieren. Dabei erschlägt die bemühte Absicht das komische Handeln, denn was zumeist herauskommt, stinkt unansehnlich unkomisch.

Doch was die Trash-Queen Melissa als Diana hier abzieht, riecht schon nach rebellischer Ladykracher-Bühne: Derb, frech und zotig begibt sie sich auf die eigenwillige Suche nach ihrer Identität - mit diesem Sandy als Coach. Nur: Hier wird leider noch viel zu viel über sie anstatt mit ihr gefeixt. Dass aber in diesem gigantischen Temperamentsbündel eine volle Wucht an Clown und Wut drinsteckt, die sicherlich bald schon in bessere filmische Komödienbahnen gelenkt wird, schimmert ansatzweise bereits prächtig (gemein) durch.

Diana (Melissa McCarthy) ist kein besonders netter Mensch.
Diana (Melissa McCarthy) ist kein besonders netter Mensch.© Universal Pictures / Bob Mahoney
USA 2013. Original: Identity Thief. Regie: Seth Gordon. Buch: Craig Mazin, Jerry Eeten. Darsteller: Melissa McCarthy, Jason Bateman, Jon Favreau, Amanda Peet, T.I. 112 Minuten. Ab 12 Jahren.