Othello und die Lügenpresse
Volker Lösch gehört zu den politischen Theatermachern in Deutschland. In seiner neusten Inszenierung "Das Prinzip Jago" am Essener Grillo-Theater nimmt er sich die mediale Manipulation von rechts vor, lässt Jago - den Gegenspieler Othellos - als schamlosen Demagogen in der Flüchtlingsdebatte wirken.
Volker Lösch scheut keine aktuellen, politischen Themen auf der Bühne - im Gegenteil: Vor zwei Jahren sorgte er mit einem SVP-kritischen "Biedermann und die Brandstifter" für einen echten Aufreger. Und im vergangene Herbst konfrontierte er die Dresdener mitten im Pegida-Furor mit seiner Öderland-Interpretation. Nun ist im Grillo-Theater in Essen die Uraufführung seines neuen Stücks zu sehen: "Das Prinzip Jago".
Bei Shakespeare ist Jago nur der Gegenspieler Othellos. Bei Lösch wird er zur Hauptfigur, zum Bösewicht, zum schamlosen Demagogen, Anti-Held, zur Verkörperung des Manipulators, zum intriganten Rassisten und Zerstörer.
"AfD" wird "AfE", "Othello" zu "Ulrich Sonntag"
Dabei nimmt Lösch wieder Bezug auf hoch-aktuelle Entwicklungen, indem er sich die mediale Manipulation von rechts vornimmt. Er erzählt Othello als eine Geschichte von heute, wobei er die "AfD" – notdürftig kaschiert - als "AfE", "Alternative für Essen", ins Stück einführt.
Löschs "Prinzip Jago" spielt in einer Redaktion in Essen: Othello heißt Ulrich Sonntag - und ist ein linksliberaler Chefredakteur eines Fernsehsenders in Essen. Sein Gegenspieler, ursprünglich Jago, wird in der Lösch-Inszenierung zu Nick Walter. Damit nimmt Lösch Bezug auf Walter Benjamin – und sein zerstörerisches Prinzip, seinen zerstörerischen Typus: ein Typus ohne Ideologie, dafür mit dem Willen, Menschen zu zerstören.
Als einige Geflüchtete auf einem Platz in Essen für den Familiennachzug demonstrieren, kann sich Jagos, sprich Nick Walters, zerstörerisches Werk entfalten. In den Sozialen Medien wird eine brodelnde Proteststimmung gegen Geflüchtete generiert. Schließlich geht ein Flüchtlingsheim in Flammen auf. Nick Walter zieht im Hintergrund seine Fäden.
So sehr die Inszenierung ins Heute versetzt wurde, lehnt sich die Inszenierung doch erstaunlich stark an Shakespeares Othello an; sehr viel mehr, als bei so mancher Regietheater-Inszenierung, meint Stefan Keim, der sich die Premiere in Essen angesehen hat. (lk)