Visionen von Ägypten
Emile Prisse d’Avennes war einer der angesehensten Orientalisten des 19. Jahrhunderts. Seine Aufenthalte in Ägypten dokumentierte er in einer Vielzahl von Zeichnungen und Aquarellen. Die "Bibliothèque nationale de France" in Paris stellt diesen Fundus jetzt aus.
Emile Prisse d’Avennes zeichnet, fertigt kolorierte Blaupausen an, stanzt Drucke, lanciert Ausgrabungen, fotografiert, verfasst und studiert Manuskripte. Die Ausstellung zeigt ägyptische Ansichten, Analysen, Traumbilder eines Forschers, der sich auch als Künstler entpuppt hat.
Sein Kenner-Blick fiel auf Zeugnisse des ewigen Ägyptens, gleichzeitig hielt er mit seinem Werk ebenso die vergänglichen Bauten und sterblichen Menschen fest. Wie etwa auf dem Aquarell gleich am Eingang der Ausstellung: es zeigt kleine menschliche Figuren neben einer noch halb im Sand verschütteten Sphinx. Marie-Laure Prévost ist die Kuratorin der Ausstellung:
"Bei dieser Sphinx interessierte sich Prisse vor allem für die Farben. Er stellte fest, dass auf der Sphinx noch Farbreste zu sehen waren. Vor diesem riesigen Sphinx-Kopf sehen wir deshalb eine außerordentlich gut gezeichnete kleine menschliche Figur, die gerade dabei ist Farbreste oder Inschriften zu untersuchen. Prisse d’Avennes hatte ungewöhnliche Arbeitsmethoden und interessierte sich auch für Inschriften, die andere Ägyptenreisende bereits auf dieser Sphinx hinterlassen hatten."
Der von ihm wiederentdeckte und deshalb nach ihm benannte Papyrus Prisse hat Emile Prisse d’Avennes weltberühmt gemacht. Das mit fast 4000 Jahren älteste Manuskript Altägyptens ist eines der Schmuckstücke der Ausstellung. Dank 3-D-Technologien sind diese legendären altägyptischen Weisheits- und Lebenslehren zum ersten Mal auch in ihrer ursprünglichen Form erfahrbar - als sieben Meter lange Schriftrolle. Eine kleine Berührung mit dem Zeigefinger auf dem Bildschirm reicht aus und schon erscheint die eigens für die Ausstellung angefertigte neue Übersetzung, erklärt Spezialistin Chloé Ragazzoli:
"Bislang war der wissenschaftliche Ansatz im Hinblick auf diesen Papyrus immer sehr nüchtern gewesen, sehr akademisch und rein sprachwissenschaftlich. Dieser Text diente dazu, die gesellschaftlichen Normen der pharaonischen Gedankenwelt zu vermitteln. Das war ein Text zum Vorlesen, zur Unterhaltung bei Banketten oder Versammlungen. Die neue Übersetzung bringt eine bis heute unbekannte literarische Dimension zum Vorschein."
Prisse d’Avennes war weit mehr als nur ein französischer Ägyptologe. 1807 im nordfranzösischen Dorf Avesnes-sur-Helpe geboren, hatte er die Ingenieurslaufbahn eingeschlagen und sich auf den Weg nach Griechenland, Indien und Palästina gemacht. 1827, im Alter von 20 Jahren, erreicht er Ägypten, stellt sich in den Dienst der ägyptischen Regierung, lernt die arabische Sprache und die ägyptische Kultur, trägt lokale Gewänder. Überwältigt von der Jahrtausende alten Geschichte des Landes, kündigt er seine Stellung und mausert sich vom Einzelkämpfer zum federführenden Ägyptologen, Archäologen und Ethnologen seiner Epoche. Ein Indiana Jones des 19. Jahrhunderts, erklärt Kuratorin Marie-Laure Prévost:
"Ja, das ist ein furchtloser Abenteurer. Sein Sohn hat über ihn geschrieben, dass er nie davor zurück geschreckt hat, für seine Meinung notfalls auch mit blanken Fäusten oder mit dem Messer zu kämpfen. Auf diese Art verteidigte er beispielsweise einmal einen seiner Landarbeiter, der ihm bei den Ausgrabungen half und seiner Meinung nach zu Unrecht beschuldigt wurde. Daraufhin kommt Prisse sogar ins Gefängnis. Er ist ein Extremist."
Die Grabkammer des Rechmire in Theben hat Prisse d’Avennes mit gestanzten Nachahmungen von Flachreliefs und minutiös ausgeführten Blaupausen für die Nachwelt verewigt. Drei Meter hoch und spektakulär koloriert prangt etwa ein Porträt von Ramses IX im Ausstellungsraum. Viele dieser einzigartigen Werke hat Prisse d’Avennes im Kerzenschein angefertigt und oftmals dafür sogar in den Grabkammern übernachtet.
Prisse d’Avennes war auch sensibel und offen für zeitgenössische Strömungen innerhalb der ägyptischen Gesellschaft. Er verewigte Sklavenmärkte und Szenen des Alltags und bleibt mit seiner Herangehensweise selbst in den heutigen revolutionären Zeiten für Ägypten brandaktuell, erklärt Wissenschaftlerin Mercedes Volait vom französischen Forschungszentrum CNRS:
"Beispielsweise mit seinem kritischen Blick gegenüber der damaligen Regierung. Diese hatte die ägyptische Landbevölkerung sehr willkürlich behandelt. Darüber hat Prisse d’Avenne sehr viel geschrieben. Das ist eine Parallele mit der heutigen Revolte der Ägypter gegen die Willkür der Herrscher. Und Prisse hatte sich seine Meinungsfreiheit bewahrt, etwas, was auch heute wieder sehr wichtig ist. Wahrscheinlich aufgrund seiner Kritik gegenüber der ägyptischen Regierung hat Emile Prisse d’Avennes zu Lebzeiten nicht die wissenschaftliche Anerkennung erhalten, die er verdient gehabt hätte."
Sein Kenner-Blick fiel auf Zeugnisse des ewigen Ägyptens, gleichzeitig hielt er mit seinem Werk ebenso die vergänglichen Bauten und sterblichen Menschen fest. Wie etwa auf dem Aquarell gleich am Eingang der Ausstellung: es zeigt kleine menschliche Figuren neben einer noch halb im Sand verschütteten Sphinx. Marie-Laure Prévost ist die Kuratorin der Ausstellung:
"Bei dieser Sphinx interessierte sich Prisse vor allem für die Farben. Er stellte fest, dass auf der Sphinx noch Farbreste zu sehen waren. Vor diesem riesigen Sphinx-Kopf sehen wir deshalb eine außerordentlich gut gezeichnete kleine menschliche Figur, die gerade dabei ist Farbreste oder Inschriften zu untersuchen. Prisse d’Avennes hatte ungewöhnliche Arbeitsmethoden und interessierte sich auch für Inschriften, die andere Ägyptenreisende bereits auf dieser Sphinx hinterlassen hatten."
Der von ihm wiederentdeckte und deshalb nach ihm benannte Papyrus Prisse hat Emile Prisse d’Avennes weltberühmt gemacht. Das mit fast 4000 Jahren älteste Manuskript Altägyptens ist eines der Schmuckstücke der Ausstellung. Dank 3-D-Technologien sind diese legendären altägyptischen Weisheits- und Lebenslehren zum ersten Mal auch in ihrer ursprünglichen Form erfahrbar - als sieben Meter lange Schriftrolle. Eine kleine Berührung mit dem Zeigefinger auf dem Bildschirm reicht aus und schon erscheint die eigens für die Ausstellung angefertigte neue Übersetzung, erklärt Spezialistin Chloé Ragazzoli:
"Bislang war der wissenschaftliche Ansatz im Hinblick auf diesen Papyrus immer sehr nüchtern gewesen, sehr akademisch und rein sprachwissenschaftlich. Dieser Text diente dazu, die gesellschaftlichen Normen der pharaonischen Gedankenwelt zu vermitteln. Das war ein Text zum Vorlesen, zur Unterhaltung bei Banketten oder Versammlungen. Die neue Übersetzung bringt eine bis heute unbekannte literarische Dimension zum Vorschein."
Prisse d’Avennes war weit mehr als nur ein französischer Ägyptologe. 1807 im nordfranzösischen Dorf Avesnes-sur-Helpe geboren, hatte er die Ingenieurslaufbahn eingeschlagen und sich auf den Weg nach Griechenland, Indien und Palästina gemacht. 1827, im Alter von 20 Jahren, erreicht er Ägypten, stellt sich in den Dienst der ägyptischen Regierung, lernt die arabische Sprache und die ägyptische Kultur, trägt lokale Gewänder. Überwältigt von der Jahrtausende alten Geschichte des Landes, kündigt er seine Stellung und mausert sich vom Einzelkämpfer zum federführenden Ägyptologen, Archäologen und Ethnologen seiner Epoche. Ein Indiana Jones des 19. Jahrhunderts, erklärt Kuratorin Marie-Laure Prévost:
"Ja, das ist ein furchtloser Abenteurer. Sein Sohn hat über ihn geschrieben, dass er nie davor zurück geschreckt hat, für seine Meinung notfalls auch mit blanken Fäusten oder mit dem Messer zu kämpfen. Auf diese Art verteidigte er beispielsweise einmal einen seiner Landarbeiter, der ihm bei den Ausgrabungen half und seiner Meinung nach zu Unrecht beschuldigt wurde. Daraufhin kommt Prisse sogar ins Gefängnis. Er ist ein Extremist."
Die Grabkammer des Rechmire in Theben hat Prisse d’Avennes mit gestanzten Nachahmungen von Flachreliefs und minutiös ausgeführten Blaupausen für die Nachwelt verewigt. Drei Meter hoch und spektakulär koloriert prangt etwa ein Porträt von Ramses IX im Ausstellungsraum. Viele dieser einzigartigen Werke hat Prisse d’Avennes im Kerzenschein angefertigt und oftmals dafür sogar in den Grabkammern übernachtet.
Prisse d’Avennes war auch sensibel und offen für zeitgenössische Strömungen innerhalb der ägyptischen Gesellschaft. Er verewigte Sklavenmärkte und Szenen des Alltags und bleibt mit seiner Herangehensweise selbst in den heutigen revolutionären Zeiten für Ägypten brandaktuell, erklärt Wissenschaftlerin Mercedes Volait vom französischen Forschungszentrum CNRS:
"Beispielsweise mit seinem kritischen Blick gegenüber der damaligen Regierung. Diese hatte die ägyptische Landbevölkerung sehr willkürlich behandelt. Darüber hat Prisse d’Avenne sehr viel geschrieben. Das ist eine Parallele mit der heutigen Revolte der Ägypter gegen die Willkür der Herrscher. Und Prisse hatte sich seine Meinungsfreiheit bewahrt, etwas, was auch heute wieder sehr wichtig ist. Wahrscheinlich aufgrund seiner Kritik gegenüber der ägyptischen Regierung hat Emile Prisse d’Avennes zu Lebzeiten nicht die wissenschaftliche Anerkennung erhalten, die er verdient gehabt hätte."