Visionen für das Wohnen der Zukunft

Von Barbara Roth |
In München sollen auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne rund 400 neue Wohnungen entstehen. Doch ob der Entwurf des japanischen Architekten Sakamoto umgesetzt wird, ist noch fraglich. Der Bau der Wohntürme könnte an den Kosten scheitern.
Wohntürme von unterschiedlicher Höhe, mit hängenden Gärten und begrünten Dächern, dazwischen enge Straßen und kleine Plätze – so stellt sich der japanische Architekt Sakamoto die Werkbundsiedlung Wiesenfeld in München vor. Der Architekturhistoriker Winfried Nerdinger ist angesichts der Pläne begeistert.

"Sakamoto liefert eine Vision. Es ist etwas Einmaliges, dass er hier den Wege weist für das Leben im 21. Jahrhundert."

400 Wohnungen sollen auf dem Gelände einer ehemaligen Bundeswehrkaserne neben dem Olympiapark in Schwabing entstehen. Zur Hälfte frei finanzierte, zur Hälfte mit öffentlichen Geldern geförderte Wohnungen, die zeigen sollen, wie eine Stadt im 21. Jahrhundert aussehen könnte.

"Die moderne Architektur hat ja immer das Problem gehabt, ein urbanes Leben zu schaffen. Und ich glaube, dass das, was Sakamoto vorgelegt hat, eine Lösung sein könnte. Orte zu schaffen, in denen urbanes Leben Möglichkeiten schaffen, in denen sich Menschen wohlfühlen können, ob Singles, Familien oder Alte."

Doch der Entwurf des japanischen Architekten droht an den Kosten zu scheitern. Ein Beispiel: Die laut Plan vier-, acht- oder elfgeschossigen Gebäude sind so schmal, dass auf einer Etage oft nur Platz für eine Wohnung ist. Von Baukosten bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter ist die Rede. Dass das dem Planungsreferat der Stadt München zu teuer erscheint, bedauert der Architekturhistoriker Nerdinger.

"Werkbundsiedlungen sind Experimente, bei denen kann man nicht nur mit dem spitzen Rechenstift arbeiten."

Problematisch auch die künftigen Mietkosten. Laut aktuellem Mietspiegel liegen die Durchschnittsmieten in München bei 9,30 Euro pro Quadratmeter. Für das prestigeträchtige Projekt aber werden bis zu 13 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche kalkuliert. Für die städtischen Wohnbaugesellschaften, die Sozialwohnungen schaffen sollen, ist die Werkbundsiedlung einfach zu kostspielig:

"Ich hoffe, dass man über den Tellerrand hinausblickt. Es gibt wichtigeres, dafür muss man ein solches Projekt subventionieren, weil es sich langfristig auszahlt."

Ob im Stadtrat heute eine Entscheidung fallen wird? Nicht mal im zuständigen Planungsreferat der Stadt München wagen die Beamten eine Prognose. Interviewanfragen lehnte man ab, zu heikel ist das Thema: der Grad zwischen historischer Chance und historischer Blamage ist schmal. Eine Blamage befürchtet nicht nur Nerdinger, sollte das prestigeträchtige Experiment letztendlich an der Wirtschaftlichkeit scheitern.