Virtuelles Rotlichtviertel

Von Jürgen Stratmann |
Rotlichtviertel erfüllen von jeher eine gesellschaftliche Doppelfunktion: Zum einen wird das Laster kaserniert und zum anderen der Branche ein eigenes Gewerbegebiet ausgeschrieben. Und was in der realen Welt funktioniert, müsste in der virtuellen des Internets doch auch von Nutzen sein:
"Es gibt seit dem Jahr 2000 das Ziel einiger Pornoverbände, dass es ´ne zusätzliche Domain gibt, nämlich xxx, das heißt, dass darunter zu finden sind alle Inhalte mit pornographischen Hintergrund."

Erklärt Grietje Bettin vom Bundestagsausschuss für Neue Medien. Eine weltweit zugängliche, virtuelle Lastermeile - einfach xxx eingeben, und die rote Lampe geht an:

Bettin: "Das soll den Vorteil haben, unterm Stichwort Jugendschutz, so wird das zumindest verkauft, dass es dann leichter ist, diese Sachen rauszufiltern, ..."

Ein gewichtiges Argument, denn gängige Methoden, nur Erwachsenen Porno-Seiten zugänglich zu machen, funktionieren nicht. Zum Beispiel das hierzulande vorgeschriebene Altersverifizierungs-System, kurz AVS, bei dem der Internet-Nutzer sein Alter durch Angabe seiner Personalausweis- oder Reisepassnummer nachweist:

" Dieses ist nach unserer Auffassung nicht ausreichend, da es schlicht missbraucht werden kann: Sie brauchen nur in eine Suchmaschine zu gehen, und da finden Sie bedauerlicherweise genügend Hinweise, wie Sie dieses umgehen können..."

... erklärt Barbara Groth von der Kinderschutz-Initiative "Schau Hin!"
Wenn man stattdessen alles unter einer Adresse, einer neuen Domain zusammengefasst hätte, könnte man den kompletten Nacktbereich bei Bedarf sperren:

"Wie es in Videoshops ja auch passiert, dass man bestimmte Internet-Ecken schafft, die einfach nur für Jugendliche ab 18 zugänglich ist."

Die Sache hat nur einen Haken:

Bettin: "Es ist in der Praxis einfach absolut nicht realisierbar, weil man es nicht schaffen wird, alle Inhalte unter diese Adresse zu packen, es gibt dafür einfach keine Regulierungsmöglichkeiten."

Auch fehlt es an world-wide-web verbindlichen Standards, die festlegen, was jugendgefährdend ist und was nicht. Vor diesem Hintergrund bekommt der Streitfall um die neue Top-Level-Porno-Domain eine Bedeutung, die über die eigentliche Sachfrage hinausgeht:

Bettin: "Ich glaube dieses Beispiel zeigt ganz klar, wo sind Regulierungen im Internet zu machen und wer ist für diese Regulierung zuständig? Das ist ja die Kernfrage: Wie regeln wir das, dass es 'ne demokratische Struktur gibt, die solche Grundsatz-Fragen im Internet regelt!"
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