Virtueller CSU-Parteitag

Applaus auf Knopfdruck

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Dorothee Bär und Markus Blume erklären den Journalisten während eines Rundgangs den Ablauf des virtuellen CSU-Parteitags.
CSU-Parteitag virtuell: Dorothee Bär und Markus Blume erklären Journalisten während eines Rundgangs den Ablauf. © picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Ursula Weidenfeld im Gespräch mit Axel Rahmlow · 22.05.2020
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Mit Laptop und Lederhose: Die CSU verlegt ihren Parteitag ins Virtuelle. Nun gibt es Applaus aus der Dose – auch zur Grundsatzrede von Parteichef Markus Söder. Diese "betrügerische Inszenierung" sei in Ordnung, sagt Journalistin Ursula Weidenfeld.
Heute um 17 Uhr beginnt der erste virtuelle Parteitag der Christlich-Sozialen Union (CSU). Notwendig geworden ist das, wegen der Coronapandemie. Deren Folgen wollen die 250 Delegierten nun besprechen, CSU-Chef Markus Söder wird dazu eine Grundsatzrede halten, ein entsprechender Leitantrag wird ebenfalls eingebracht.
Nach Söders Rede wird es wahrscheinlich allerhand Applaus geben – doch diesmal per Knopfdruck, abgespielt von der Parteitagsregie.

Skepsis, wenn nur Söder den Knopf drückt

Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld findet, dies sei eine "betrügerische Inszenierung, die in Ordnung ist". Ohne Publikum fehle bei solchen "gruppendynamischen Veranstaltungen" etwas, vor allem weil man nicht spüre, wie die Stimmung bei den anderen sei.
"Ich denke, dass kollektive Zustimmungs-, aber auch Ablehnungsmechanismen ihre Berechtigung haben – auch wenn sie eingespielt werden. Ich wäre aber skeptisch, wenn es darum geht, dass Söder derjenige ist, der auf den Knopf drücken darf", sagt Weidenfeld.
Zwar sei politische Kommunikation auch ohne Inszenierung möglich, doch wären große Parteitage ohne "Hinterzimmer- und Vorgespräche, Verabredungen und Konspiration" nicht in die Geschichte der Bundesrepublik eingegangen, so die Wirtschaftsjournalistin. "Das macht viel vom Reiz von Parteiarbeit aus – das es Überraschungen gibt, dass man auch als einzelner Delegierter dafür sorgen kann, dass seine Stimme zählt".
Daher steht für Weidenfeld fest: "Nur noch virtuelle, das würde nicht funktionieren." Vor allem, fehle dann die "eigene Dynamik, die Parteitage oft haben und die am Ende oft für Überraschungen sorgen".

Eine Rede, um die Partei zu einen

Markus Söder sei zurzeit in seiner Partei unangefochten. Auch wenn man sich die Beliebtheitswerte des bayerischen Ministerpräsidenten in der Bevölkerung ansehe, gebe es große Zustimmung. Dies sei vor allem eine Folge seiner staatstragenden Rolle während der Coronabekämpfung, sagt Weidenfeld. Deswegen werde weder er noch seine Politik bei dem Parteitag infrage gestellt.
Anders sei indes die Lage bei der Schwesterpartei CDU, so die Publizistin. Den Christdemokraten sei es nicht zu empfehlen, einen virtuellen Parteitag abzuhalten, um einen neuen Vorsitzenden zu finden. "Dem würde die Autorität und eine große, beeindruckende Rede am Anfang fehlen." Dieses authentische Erlebnis wäre indes notwendig, sagt Weidenfeld, "um eine Partei hinter sich zu bringen, um sie dann in den Wahlkampf mit einem neuen Vorsitzenden und einen neuen Kanzlerkandidaten zu führen".
(rzr)

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin, Kolumnistin und Moderatorin in Berlin. Sie studierte Wirtschaftsgeschichte, Germanistik und Volkswirtschaft an den Universitäten Bonn und München und wurde in Bonn mit einer Arbeit über die Wirtschaftspolitik in der Ära Adenauer-Erhard promoviert.

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