Vier Architekten müssen nachbessern

Von Blanka Weber · 30.03.2012
Weimar will ein neues Bauhaus-Museum haben – am besten schon 2015. Vier Architekturbüros bewerben sich darum, es zu bauen. Über die Entwürfe wurde in der Klassikerstadt öffentlich diskutiert.
"Es gibt keine falsche Zeit für richtige Fragen und für mich ist die Frage, ist Weimar eigentlich reif für das Museum?"

Die Frage eines emeritierten Professors der Bauhaus-Universität. Der Saal des Audimax aus Glas und Beton war bis auf den letzten Platz besetzt; vom Studenten bis zum Rentner. Wer wollte, konnte Fragen stellen, Bedenken äußern, Kritik oder einfach nur seinen Kommentar geben zu den vier Entwürfen, die in der engeren Wahl sind:

"Hm, ganz hübsch und schön, aber haben zu wenig mit dem Bauhaus zu tun. Wir brauchen eine Hülle, die nicht nur Relikte des Bauhaus und Informationen darüber beherbergt, sondern selbst das Bauhaus ausdrückt, nach außen Symbol ist, aber nicht unbedingt jetzt für die Formsprache des alten Bauhauses, das ist Vergangenheit. Das Bauhaus war nicht der rechte Winkel, war nicht der White Cube, war nicht mal die Elementarisierung der Formensprache, sondern Bauhaus war Avantgarde."

Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archivs Berlin widerspricht. Eine Kopie der klassischen Moderne könne es heute nicht geben. Es muss etwas anderes sein:

"Und ich bin nicht ganz Ihrer Meinung, dass es wirklich Avantgarde ist, ein Begriff, mit dem wir heute arbeiten können. Gibt es überhaupt heute eine Avantgarde, so wie es sie in den 20er-Jahren gegeben hat? Sind wir nicht in einer Situation, die ein Ausfluss und ein Ergebnis der Moderne der 20er-Jahre ist, nämlich dass Zeitgenossenschaft auch nicht mehr etwas ist, was provoziert und was radikal ist. Und vielleicht zeigt auch das Ergebnis des Wettbewerbs ein Stück der Situation der heutigen Architektur."

Mehr als 500 Teilnehmer gab es im Wettbewerb, 27 kamen schließlich in die engere Wahl und nun stehen vier zur Debatte. Die Jury vergab keinen ersten Platz, dafür jeweils zwei zweite und zwei dritte Plätze – allesamt Bauwerke, die den Spagat schaffen wollen. Eine Brücke zwischen Stadt und Weimarhallen-Park, in Bahnhofsnähe gelegen. Mit Hilfe der Architektur soll daraus ein völlig neues Stadtquartier werden. Ein Karree zwischen dem jetzigen Neuen Museum, dem ehemaligen NS-Gauforum gegenüber und dem Park mit einer Tagungs- und Kongresshalle. Alles in allem ein Potenzial, wenn die Architektur den Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, NS-Zeit und Bauhaus, Natur und Stadtplanung schafft. Einen deutlichen Sieger konnte es nicht geben, erklärt Jörg Friedrich, Architekt und Vorsitzender des Preisgerichts im Wettbewerb:

"Aber alle Arbeiten haben auch einen Nachbesserungsbedarf und wir wollten diese Chance nutzen, in der Vierer-Weiterbearbeitung für die Klassik-Stiftung einfach das Letzte aus diesen Arbeiten rauszuholen. Das ist das übliche Verfahren, nicht gerne gesehen von uns Architektenkollegen, weil es natürlich wieder noch eine Verzögerung im Prozess darstellen wird."

Alle vier Kandidaten, darunter auch ein Rotterdamer Architekturbüro, werden jetzt nochmals gebeten, ihre Vorschläge zu überarbeiten. Das soll bis zum Sommer geschehen. Mitte Juli will der Bauherr – die Klassik-Stiftung – ihren Favoriten benennen, dann beginnt die Stadtplanung für das Umfeld drum herum. Die meist gestellte Frage des Abends war:

"Glaubt das Gremium wirklich, für die 14,5 Millionen, dass diese Entwürfe überhaupt realisiert werden können?"

Der anwesende Kulturminister mochte sich bei der ersten Frage nicht festlegen, politische Diplomatie klingt so:

"Dass die Jury, die diese Arbeiten ausgewählt hat, auch im weiteren Verfahren … wir gemeinsam dafür sorgen, dass mit diesem Kostenrahmen gearbeitet wird."

Dem nächsten Fragenden des Abends war es nicht ausreichend, und auch der Minister machte im Laufe der Debatte klar, dass 22 Millionen Euro für den Bau vorgesehen sind und man sich auch daran halten möge. Im Grunde genommen ein Glücksfall für Weimar. Doch auch die Stadt muss nun ihre Hausaufgaben machen. Denn all das, was zum chicen Museums-Karree als Stadtplanung dazu gehört, ist Sache der Kommune und gehört nicht zum 22-Millionen-Budget.

Die Kunsthistoriker und Architekten haben ihren Part erfüllt, vier Entwürfe stehen jetzt zur Auswahl. Einer davon wird ab Mitte Juli als Sieger in die Feinplanung gehen können. Und wenn alles klappt, kann tatsächlich 2015 das neue Gebäude stehen – vielleicht das einzige derzeit noch mit öffentlichen Mitteln gebaute Museum, bemerkte ein Fachmann man Rande der Diskussion.
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