Viele Differenzen, aber immer noch eng verbunden

Von Petra Aldenrath |
"Grenze der Freundschaft" - so wird der 1334 Kilometer lange Streifen genannt, der China von Nordkorea trennt. Jahrzehntelang war die Grenze unbefestigt. Nur einfache, von Hand beschriebene Schilder mit der Warnung "Achtung Grenze, Betreten verboten" waren aufgestellt.
China und Nordkorea verbindet nicht nur eine gemeinsame Grenze, sondern auch eine lange Freundschaft. Die beiden betrachten sich als kommunistische Bruderstaaten. Doch nachdem Nordkorea im Jahr 2006, nach eigenen Angaben, einen unterirdischen Atomtest startete, wurde die Freundschaft brüchig. Die internationale Weltgemeinschaft verhängte Sanktionen gegen Nordkorea. Das große China befestigte seine Grenze zum bitterarmen Bruder durch Stacheldraht. Schutzmaßnahmen, sagt der chinesische Nordkoreaexperte Jin Canrong von der Pekinger Volksuniversität:

"Wenn Nordkorea zusammenbricht, wäre zu erwarten, dass ein oder zwei Millionen Flüchtlinge über die Grenze strömen würden. Wenn China die aufnehmen müsste, wäre das eine schwere Last. Wenn es sie nicht aufnehmen würde, würde es wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt. Der andere Punkt sind regionale Bedenken. Falls südkoreanische oder eben amerikanische Truppen in Nordkorea einmarschieren, dann hätten wir ein Sicherheitsproblem."

Neben der Angst vor einer Flüchtlingswelle spielen auch Machtinteressen eine große Rolle. US-Truppen sind in Südkorea stationiert. Würde das nordkoreanische Regime mit militärischen Mitteln gestürzt, würden diese direkt an der chinesischen Grenze stehen und das will Peking verhindern.

Um seine Interessen zu wahren, versucht China einen Balanceakt. Zum einen will die aufstrebende Supermacht sich als verantwortliches Mitglied der internationalen Weltgemeinschaft zeigen. Zum anderen möchte sie verhindern, dass das bitterarme Nordkorea kollabiert. So hat China seinen Umgang mit Sanktionen verändert. Statt diese zu blocken, stimmt es nun zu, nutzt aber seine Stimme im Weltsicherheitsrat, um sie abzuschwächen. Hilfslieferungen werden nicht sanktioniert - etwa 90 Prozent aller Energielieferungen und 80 Prozent aller Nahrungsmittellieferungen an Nordkorea stammen aus dem Reich der Mitte.

"China hat sich der Sache verschrieben, eine gute und freundschaftliche Beziehung zu seinen Nachbarn aufzubauen. Seit vielen Jahren hat China Nordkorea finanzielle Hilfeleistungen gezahlt, um das Leben der Bevölkerung dort zu verbessern. Diese Politik wird China weiter unterstützen und beibehalten. Unser Ziel ist nicht die Bestrafung. In der Welt sollte jedes Problem mit friedlichen Mitteln und durch Dialoge gelöst werden."

So eine Stellungnahme aus dem chinesischen Außenministerium. Doch auch wenn offiziell beschwichtigende Töne gesagt werden - das Verhältnis zwischen Nordkorea und China ist brüchig. Mit Langstreckenraketentests und Drohungen, sein Atomprogramm aufzubauen, brüskiert Nordkoreas Machthaber den großen Bruder China und blamiert ihn öffentlich.

China versteht sich als Bindeglied zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt. Es ist Gastgeber der Sechs-Parteiengespräche. Bei denen versuchen Russland, die USA, Japan, Südkorea und eben China, den nordkoreanischen Diktator zur Aufgabe seines Atomprogramms zu bewegen. Nordkorea willigte ein, dann brach es sein Versprechen, dann willigte es wieder ein, zerstörte mit viel Pressewirbel einen Reaktor, um schließlich die Atomgespräche zu beenden - mit der Drohung, den zuvor zerstörten Reaktor wieder aufzubauen.

Auch bei seinem Besuch nun in China versprach Nordkoreas Kim China nicht, die Gespräche wieder aufzunehmen. Für Pekings Machthaber ein erneuter Schlag ins Gesicht - aber noch immer kein Grund, den Nachbarn fallen zu lassen, glaubt ein Pekinger:

"China und Nordkorea sind sich so nah wie die Lippen den Zähnen. Die Beziehungen werden auch weiter eng sein - was auch immer für Probleme zwischen den beiden Staaten auftauchen. Die beiden Staaten sind abhängig voneinander."

Nordkorea bekommt Hilfslieferungen aus China und China ist auch der größte Investor im Nachbarstaat. Nachdem der Pekinger Führungsriege klar wurde, dass politischer Druck im Umgang mit Nordkorea nicht hilft, lenkte sie um. China versucht, Nordkorea wirtschaftlich an sich zu binden und das Land zu einer wirtschaftlichen Öffnung zu bewegen. Das erfolgreiche chinesische Wirtschaftsmodell soll dabei Pate stehen. Nur so könne das nordkoreanische System sich ändern, glauben auch viele Pekinger:

"Ich habe in den Nachrichten gehört, dass Nordkorea sechs oder acht Städte zur Wirtschaftsentwicklungszone erklärt hat. Es ist möglich, dass Kim nach China gekommen ist, um Erfahrungen zu sammeln."

"Nordkorea öffnet sein Land auch. Sie kommen hierher, um aus den chinesischen Erfahrungen zu lernen. China hat einen guten Job gemacht. Kim Yong Il will nun von China lernen. Er sollte sein Land auch reformieren. Schauen Sie sich doch an, wie extrem arm die Nordkoreaner sind. Es ist unmöglich für Kim Yong Il, immer weiter so diktatorisch zu regieren."