Verwirklichung eines Traums

Von Kerstin Zilm |
Wenn demnächst "Der große Kater" mit Bruno Ganz in die Kinos kommt, geht für einen jungen deutschen Filmkomponisten ein Traum in Erfüllung: Denn für Patrick Kirst ist es das erste Großleinwand-Projekt, für das er die komplette Musik geschrieben hat.
Im fensterlosen Tonstudio hört ein schlaksiger Mittdreißiger mit blondem Kurzhaarschnitt in ausgewaschenen Jeans und weißem T-Shirt aufmerksam die aufgezeichneten Töne an. Patrick Kirst lehnt sich zu den Lautsprechern, lässt die Techniker die verschiedenen Aufnahmeversionen des Bläsereinsatzes mehrmals anspielen und sucht die beste aus. Es ist von ihm komponierte Musik zu "Der große Kater", der Verfilmung des Bestsellers von Thomas Hürlimann mit Bruno Ganz in der Hauptrolle.

"Die Musik ist ein ständiger Begleiter von Kater. Musik kommuniziert ständig mit ihm, als wäre sie immer da."

"Oftmals finde ich es auch spannend, wenn die Musik etwas völlig anderes sagt, als man eigentlich sieht. Das Bild kann eben nur das eine ausdrücken und möglicherweise nicht drei weitere Dinge gleichzeitig."

Komponiert hat der 1973 in Kehl geborene Kirst die Musik für die
deutsch-schweizerische Produktion in einem kleinen Zimmer, in dem er sein Bett an die Wand klappen muss, um Platz für Stuhl, Schreibtisch, Keyboard und Computer zu haben. Er teilt sich ein Haus nur wenige Blocks entfernt vom Pazifik mit drei anderen Junggesellen, die alle etwas mit Musik zu tun haben.

"Der große Traum ist natürlich, es als Deutscher hier in den USA auf die große Leinwand zu schaffen. Ich bin am richtigen Ort hier. Los Angeles bietet ein tolles Umfeld. Es ist gemacht für Filmkomponisten, finde ich."

In den vergangenen Jahren hat der Deutsche Riesenschritte auf
dem Weg zur Verwirklichung seines Traums gemacht. Nach Abschluss seines Studiums an der Musikhochschule in Karlsruhe erschien Patrick Kirst die Karriere als Musiklehrer nicht abwechslungsreich genug.

Obwohl in seiner Familie - wie er sagt - "niemand weit und breit annähernd etwas mit Musik, Kunst oder Ähnlichem zu tun hat", unterstützten seine Eltern die Entscheidung, 2003 in die USA zu gehen. Erst mit einem Stipendium nach Boston, ein Jahr später nach New York und 2005 nach Los Angeles. Kirst schreibt von nun an Musik für Dokumentar-, Kurz- und Independent-Filme.

Durch Kontakte aus dem US-Studium bekommt Patrick Kirst
Aufträge aus Hollywood: Für Disney vertont er Teile der "Unsere Erde"- Dokumentation, trägt zur Orchestrierung der Spielfilme "Sex & The City" und "Mr. Magoriums Wunderladen" bei. Bis dahin muss er manche Durststrecken überwinden, gibt Klavierunterricht, kopiert Noten für andere Komponisten und arbeitet kostenlos an eigenen Projekten.

Der 36-Jährige ist kein Partyheld. Er spielt gerne mit Freunden Tennis, wandert und geht lieber ins Kino oder am Strand spazieren als auf Parties in Hollywood. Er sucht nicht krampfhaft Kontakte zu Stars der Filmindustrie:

"Einfach mal kurz anzurufen - 'Herr Spielberg, wie wäre es denn ...?' - das find' ich auch nicht angebracht. Es geht glaube ich darum, dass ich überzeuge damit, was ich mache, und dass größere Regisseure das hoffentlich hören und möglicherweise den Kontakt mit mir aufnehmen."

Ankündigung Neujahrskonzert Luzern:
"Hier ist die Suite aus "Der große Kater". Sie stammt aus der Feder des in Hollywood lebenden und daselbst sehr gefragten Filmkomponisten Patrick Kirst. Die brandneue Suite aus 'Dem großen Kater'."

Das war am 31. Dezember in Luzern das 21st Century Orchestra
der Stadt. Mit ihm hatte Kirst zuvor die Filmmusik aufgenommen. In seinem Neujahrskonzert spielte es einen Ausschnitt aus der Komposition. Kirst reiste zur Weltpremiere aus Los Angeles an.

Ein großer Tag für ihn! Der junge Komponist rät allen, die überlegen, ob sie einem Traum nach Hollywood folgen sollen, den Sprung zu wagen.

"Das ist keine finanzielle Frage- natürlich muss man überleben, aber es ist viel wichtiger, kreativ zu sein, Spaß zu haben an dem, was man macht. Wenn ich daran glaube, dass ich es irgendwann schaffe, dann geh ich durch diese Engpässe durch, das macht mir nichts aus. Was soll denn passieren? Ich kann nicht verlieren."