Verstimmung im Staatsballett

Von Tomas Fitzel · 21.01.2008
Der Intendant des Berliner Staatsballetts, Vladimir Malakhov, zeigt sich verärgert über den Umgang der Politik mit seiner Compagnie. Das von Malakhov zu internationalem Ansehen geführte Staatsballett soll nach der Sanierung der Staatsoper für immer in ihrem vermeintlichen Provisorium Deutsche Oper bleiben. Dieser Umsiedlungsbeschluss ist nach Malakhovs Auskunft von Berliner Politikern gefasst worden, ohne überhaupt mit der Ballettleitung gesprochen und ihre Interessen erkundet zu haben.
Heute Vormittag in der Staatsoper Unter den Linden. Das Staatsballett beim Aufwärmtraining. Übungen an der Stange. Noch haben die Tänzer die weichen und wärmenden Überschuhe an, aber nach und nach werden diese in die Ecke geworfen. Malakhov hatte diese Thermoschuhe in einem Globetrotterladen für den Outdoorbereich entdeckt und jetzt trägt sie jeder in seiner Kompanie.

Vladimir Malakhov muss man zwischen den gut vierzig Tänzern erst suchen, bis man ihn entdeckt. Er ist jetzt nicht Intendant, sondern nur ein Tänzer unter anderen. Er hat zwei Operationen am Meniskus hinter sich und musste sechs Monate lang pausieren, sehr viel länger, als er selbst anfangs glaubte. Vor gut einer Woche tanzte er zum ersten Mal wieder auf der Bühne der Staatsoper.

"Ich fühl mich gut, sehr gut im Moment, alles ist okay. Ich bin nur vorsichtig und versuche, noch schneller vollständig wieder hergestellt zu sein. Aber das braucht Geduld. Ich tanze bereits in vier Vorstellungen Den Nachmittag eines Fauns in dem Jerome Robbins Ballettabend und ich plane weitere Vorstellungen. Also von Tag zu Tag wird es besser."

Mein persönlicher Eindruck beim Training ist ein anderer. Er greift immer wieder an das rechte Knie, prüfend, ob es nicht anschwillt. Das Publikum feierte ihn bei seinem ersten Auftritt nach langer Zeit, aber bei der Premiere von Sternstunden des Romantischen Balletts am kommenden Sonntag wird er doch nicht auf der Bühne stehen. Noch zu riskant. Er wirkt nicht sehr gelöst und manchmal sehr fern. Und nun die Nachricht von letzter Woche, dass seine Kompanie nach der Sanierung der Staatsoper nicht wieder zurückehren wird.

"Was wirklich geschah, weiß auch ich nicht. Auf alle Fälle sind wir aus der Staatsoper nach der Sanierung raus und niemand sagte uns etwas. Ich erfuhr es hier an der Staatsoper von irgendwelchen anderen Leuten und so entschied ich, zu handeln und etwas für das Staatsballett zu unternehmen."

Es ist weniger die Tatsache, dass sie künftig an die Deutsche Oper angesiedelt werden, denn die Arbeitsmöglichkeiten sind dort nicht schlechter, aber die Art und Weise, wie man mit ihm umgeht, auch wenn da sehr viel subjektive Empfindung dabei sein mag.

"Nehmen wir an, die Deutsche Oper müsste ebenfalls wegen Sanierung schließen, oder im schlimmsten Fall, wird komplett geschlossen, wo bleibt dann das Staatsballett? Auf der Straße? Deshalb läutete ich die Alarmglocke. Bitte helft uns in dieser Situation!"

Nun steht die Schließung der Deutschen Oper keineswegs zu befürchten, aber Vladimir Malakhov ist es leid, immer nur Anhängsel, immer nur Gast in einem fremden Haus zu sein und stets abhängig zu sein. Auch wenn das Staatsballett formell eigenständig ist.

"Die Oper kämpft ständig um mehr Geld, aber jeder denkt anscheinend, das Ballett käme nur an zweiter Stelle. Ich brauche eine feste Basis, einen Probenort. Wenn wir den haben, dann können wir ohne weiteres in der Staatsoper, der Deutschen Oper, der Komischen Oper oder auch dem Schiller-Theater auftreten."

Malakhov hat in den sechs Jahren seiner Intendanz das klassische Ballett in Berlin aus der Provinzialität wieder an die Weltspitze geführt. Aber dennoch mangelt es ihm offenbar an Unterstützung.

"Ich bin sehr gerne hier, ich habe das Gefühl, hier meine Heimat und Familie gefunden zu haben. Und ich habe hier etwas begonnen und das möchte ich auch zu Ende führen. Aber wenn ich etwas gut mache, möchte ich auch dafür etwas zurückbekommen, wenn ich darum bitte, uns zu helfen. Möglich ist, dass uns geholfen wird, wenn nicht, muss ich darüber nachdenken, was ich mache. Ich möchte gegenwärtig Berlin nicht verlassen, aber sollte die Situation sich nicht ändern, dann wohl doch. Ich spreche nur aus, was ich empfinde und was ich denke."