Versöhnungsgeste im Internet

29.12.2008
Das türkische Internet hat ein Tabuthema aufgebrochen. Vor zwei Wochen startete eine Gruppe von überwiegend linken und liberalen Akademikern, Schriftstellern und Journalisten eine Seite, auf der sie die Armenier um Entschuldigung für das 1915 begangene Unrecht bitten und ihr Mitgefühl bezeugen. 25.000 Türken haben die Initiative bisher unterzeichnet, weit mehr als erwartet. Eine heftige Debatte ist entbrannt.
Auf den Begriff "Völkermord" hat die Erklärung jedoch verzichtet. Stattdessen ist von der von den Armeniern im Osmanischen Reich 1915 erlittenen "großen Katastrophe" die Rede, mit der "zu unsensibel" umgegangen werde. Die Unterzeichner erklären: "Ich lehne die Ungerechtigkeit ab und teile die Empfindungen und Schmerzen meiner armenischen Brüder. Ich entschuldige mich dafür."

Bisher habe es zum Thema nur eine, die staatlich vorherrschende Meinung, gegeben, sagte die Türkei-Korrspondentin Susanne Güsten, "und die durfte nicht angetastet werden." Die Debatte rühre "ein so emotionales Thema an, d a s Tabu der türkischen Identität." Deshalb seien die Reaktionen darauf sehr scharf. Dass die Debatte mit Worten und ohne Gewalt und Demonstrationen ausgetragen werde, sei ein großer Fortschritt.

Hinweis: Das Gespräch mit Susanne Güsten können Sie bis mindestens zum 30. Mai 2009 als Audio-on-demand (MP3-Audio) abrufen.