„Versöhnung mit Gott“
Heute, am Vorabend des heiligsten Tag der Juden, einen Tag also vor dem
Versöhnungstag Jom Kippur, ist die freudige Feststimmung mit der Furcht vor der Besiegelung des Urteils am Tag der Sühne vermischt. Jom Kippur ist der Tag im Jahr, an dem alle Sünden des Vorjahres gesühnt werden.
Jom Kippur bedeutet „Tag der Sühne und der Reinigung”. Die persönlichen Beziehungen zu seinen Mitmenschen verbessern – vor allem darum geht es an diesem Tag. Der Versöhnungstag ist ein Tag des guten Willens, an ihm werden die Vergehen des Menschen Gott gegenüber gesühnt. Rabbinerin Gesa Ederberg:
„Jom Kippur ist ein besonderer Tag, es ist ein Versöhnungstag und es wird gefastet. Und man verbringt eigentlich den ganzen Tag in der Synagoge. Es gibt eine gewissen Bewegung von Rosh hashana, vom Neujahrsfest auf Jom Kippur zu, man soll vorher schon sich versöhnen mit den Freunden, mit Bekannten usw. Und an Jom Kippur selber geht es eben um die Versöhnung mit Gott.“
„Der Ewige sprach zu Mosche: Nur am zehnten dieses siebten Monats ist der Tag der Sühnungen, Berufung zum Heiligtum soll er euch sein, und ihr lasset eure Lebensgeister darben, und kein Werk dürft ihr an diesem Tage schaffen; denn ein Tag der Sühnungen ist er. Denn jede Seele, die man an eben diesem Tage nicht darben läßt, die wird aus ihres Volkes Kreisen entwurzelt. Und jede Seele, die an eben diesem Tage irgendein Werk schafft, diese Seele lasse ich aus ihres Volkes Mitte zu Grunde gehen. Kein Werk dürft ihr schaffen; ewiges Gesetz für eure Nachkommen, in allen Wohnstätten.“
Jom Kippur war der einzige Tage im Jahr, an dem der Hohe Priester im alten Jerusalemer Tempel das Allerheiligste betreten durfte, um für die Vergebung der Sünden Israels zu beten. An diesem Tag, so berichtet die Thora, legte er seine prächtigen, goldenen Gewänder ab und zog schlichte, weiße Leinenkleider an. Ein Brauch, der sich bis heute gehalten hat – man trägt an diesem Tag weiße Kleider.
„Wären Eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie die Wolle.“
Es ist auf alle Fälle sehr feierlich. In der Synagoge, die schon ganz mit weiß geschmückt ist, auch viele Leute, die selber weiß tragen an diesem Tag, die feierliche Stimmung, das Feierliche kommt schon sehr zum Tragen.
Und am Ende das Gefühl „Wir haben es geschafft“ durchzuhalten, wir haben es geschafft, wie es in der Liturgie heißt „dass die Tore des Erbarmens sich im Himmel geöffnet haben“, dann ist schon auch sehr viel Freude da.
Jom Kippur gehört, ebenso wie das jüdische Neujahr Rosh Hashana zu den ‘Yamim Noraim’, es sind die Tage des Gerichts. An ihnen hat sich der Mensch für sein Tun und Lassen während des ganzen Jahres zu verantworten. An beiden Tagen wird der Mensch daran erinnert, dass er in seinen Taten nicht frei ist, nicht Richter über sich selbst, sondern, dass, wie es die Weisen ausdrückten, über ihm:
„... stets ein sehendes Auge und ein hörendes Ohr ist, und alle seine Werke im Buch verzeichnet werden."“
„Im Judentum ist es ja immer Beides: Jeder steht einerseits völlig selbst verantwortlich und alleine Gott gegenüber, und gleichzeitig sagen wir im Gebet immer ‚wir’. Wir benutzen immer den Plural, weil wir als Gemeinschaft füreinander einstehen, füreinander da sind. Und diese Mischung, sich einerseits an den traditionellen Texten festzuhalten, und sie als Denk- und Meditationshilfe zu nehmen, und sich dann auch die eigene Freiheit zu nehmen, wirklich über sich selber, das letzte Jahr nachzudenken: Was hat geklappt, was ist schief gegangen, warum sind Dinge schief gegangen. Das denke ich, kommt da ganz schön zusammen.“
Der Vorabend des Versöhnungstages gilt bereits als ein Feiertag. An diesem Abend ist es die religiöse Pflicht, ein Festmahl zu sich zu nehmen, um sich so auf den Tag vorzubereiten. An Jom Kippur selbst wird gefastet. Rabbinerin Gesa Ederberg:
„Wenn man sich Jom Kippur von außen anschaut, dann sticht natürlich ins Auge, dass man eben 25 Stunden lang fastet, und auch nichts trinkt, dass man verzichtet auf Lederschuhe, auf entsprechende Bequemlichkeit, dass man sich keinen Schmuck, kein Make up anlegt ... der Verzicht gehört schon auch dazu.
Aber es ist eigentlich das Besondere – und da sticht Jom Kippur im Judentum auch gegen den Rest des Jahres sehr ab – dass man sich an diesem Tag auf Gott alleine konzentriert. Sonst ist das Judentum da sehr lebensnah. Pessach, das zweitwichtigste Fest – oder vielleicht sogar das Wichtigste Fest – wird in der Familie und mit viel Freude und Essen gefeiert. Und Jom Kippur ist wirklich so ein Gegenbild. Ich denke, der Verzicht ist mehr ein Ausdruck davon, dass man sich auf was Anderes konzentriert.“
An zentraler Stelle wird in der Synagoge das Kol Nidre gesprochen, zu deutsch „alle Gelübde”. Dieses Gebet ist eine Erklärung, die alle Gelübde, die jemand während des Jahres gegenüber sich selbst ausgesprochen, aber nicht erfüllt oder vergessen hat, für ungültig erklärt. Das Kol Nidre ist in Aramäisch verfaßt und wahrscheinlich im 9. Jahrhundert nach der christlichen Zeitrechnung entstanden. Die berühmte Melodie des Kol Nidre soll von dem Mainzer Rabbiner Maharil aus dem 14. Jahrhundert stammen.
„Es passiert sehr vieles, was auch sonst an einem normalen Shabbat passiert. Aber das Gebet ist sehr viel repetitiver, und dadurch, wenn’s man richtig wahrnimmt, und sich darauf einlässt, eben sehr meditativ. Texte, die wiederholt und wieder wiederholt werden. Oder eben auch liturgische Stücke, die immer mit dem gleichen Halbsatz anfangen, und dann andere Teile weitergehen oder mittelalterliche Gedichte, die auch sehr lange sind. Das kann sehr meditativ sein. Zwischendurch wird aus der Thora gelesen. Es wird an die Verstorbenen gedacht ... Was ganz schön ist, dass sich auch die einzelnen Menschen entscheiden, zwischendrin auch mal spazieren zu gehen, zum Beispiel, und dann erst wieder zu kommen.“
Für jeden steht an Jom Kippur die Tür zur Umkehr offen, auch wenn sich der- oder diejenige noch so weit vom Glaube und von Gott gelöst haben mag. Darauf wird in der Thora explizit hingewiesen und interessanterweise füllen sich an Jom Kippur an allen Orten der Welt die Synagogen, auch solche, die im Laufe des Jahres leer bleiben.
Über die Sühne selbst ist der Mensch dazu angehalten, seinen guten Willen unter Beweis zu stellen – und dazu gehören im Judentum die drei Prämissen der Tschuwah – der Umkehr, auch Reue; Tfillà – das ist das Gebet. Und: Zdakà, die Wohltätigkeit.
Handelt der Mensch nach diesen Prinzipien, dann wird er an Jom Kippur in das Buch der Versöhnung und Vergebung eingetragen. Deshalb wünscht man sich gegenseitig in den Tagen um Rosh Hashana und Jom Kippur ein „gutes neues Jahr“ und einen „Eintrag in das Buch des Lebens”.
„Manche Leute sagen, es sei der wichtigste Feiertag – ich sage immer: Shabbat in jeder Woche ist noch wichtiger. Ich denke, es hat etwas ganz Besonderes. Diese 24 Stunden sich auf die eigenen Wünsche und das, was man im Leben richtig macht, und das, was man leider falsch macht oder nicht besser hinkriegt, zu besinnen. Und dieses Gefühl: Am Ende von Jom Kippur kann man ein neues Blatt aufschlagen ist was, was viele Leute doch auch in die Synagoge zieht.“
Jom Kippur bedeutet „Tag der Sühne und der Reinigung”. Die persönlichen Beziehungen zu seinen Mitmenschen verbessern – vor allem darum geht es an diesem Tag. Der Versöhnungstag ist ein Tag des guten Willens, an ihm werden die Vergehen des Menschen Gott gegenüber gesühnt. Rabbinerin Gesa Ederberg:
„Jom Kippur ist ein besonderer Tag, es ist ein Versöhnungstag und es wird gefastet. Und man verbringt eigentlich den ganzen Tag in der Synagoge. Es gibt eine gewissen Bewegung von Rosh hashana, vom Neujahrsfest auf Jom Kippur zu, man soll vorher schon sich versöhnen mit den Freunden, mit Bekannten usw. Und an Jom Kippur selber geht es eben um die Versöhnung mit Gott.“
„Der Ewige sprach zu Mosche: Nur am zehnten dieses siebten Monats ist der Tag der Sühnungen, Berufung zum Heiligtum soll er euch sein, und ihr lasset eure Lebensgeister darben, und kein Werk dürft ihr an diesem Tage schaffen; denn ein Tag der Sühnungen ist er. Denn jede Seele, die man an eben diesem Tage nicht darben läßt, die wird aus ihres Volkes Kreisen entwurzelt. Und jede Seele, die an eben diesem Tage irgendein Werk schafft, diese Seele lasse ich aus ihres Volkes Mitte zu Grunde gehen. Kein Werk dürft ihr schaffen; ewiges Gesetz für eure Nachkommen, in allen Wohnstätten.“
Jom Kippur war der einzige Tage im Jahr, an dem der Hohe Priester im alten Jerusalemer Tempel das Allerheiligste betreten durfte, um für die Vergebung der Sünden Israels zu beten. An diesem Tag, so berichtet die Thora, legte er seine prächtigen, goldenen Gewänder ab und zog schlichte, weiße Leinenkleider an. Ein Brauch, der sich bis heute gehalten hat – man trägt an diesem Tag weiße Kleider.
„Wären Eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie die Wolle.“
Es ist auf alle Fälle sehr feierlich. In der Synagoge, die schon ganz mit weiß geschmückt ist, auch viele Leute, die selber weiß tragen an diesem Tag, die feierliche Stimmung, das Feierliche kommt schon sehr zum Tragen.
Und am Ende das Gefühl „Wir haben es geschafft“ durchzuhalten, wir haben es geschafft, wie es in der Liturgie heißt „dass die Tore des Erbarmens sich im Himmel geöffnet haben“, dann ist schon auch sehr viel Freude da.
Jom Kippur gehört, ebenso wie das jüdische Neujahr Rosh Hashana zu den ‘Yamim Noraim’, es sind die Tage des Gerichts. An ihnen hat sich der Mensch für sein Tun und Lassen während des ganzen Jahres zu verantworten. An beiden Tagen wird der Mensch daran erinnert, dass er in seinen Taten nicht frei ist, nicht Richter über sich selbst, sondern, dass, wie es die Weisen ausdrückten, über ihm:
„... stets ein sehendes Auge und ein hörendes Ohr ist, und alle seine Werke im Buch verzeichnet werden."“
„Im Judentum ist es ja immer Beides: Jeder steht einerseits völlig selbst verantwortlich und alleine Gott gegenüber, und gleichzeitig sagen wir im Gebet immer ‚wir’. Wir benutzen immer den Plural, weil wir als Gemeinschaft füreinander einstehen, füreinander da sind. Und diese Mischung, sich einerseits an den traditionellen Texten festzuhalten, und sie als Denk- und Meditationshilfe zu nehmen, und sich dann auch die eigene Freiheit zu nehmen, wirklich über sich selber, das letzte Jahr nachzudenken: Was hat geklappt, was ist schief gegangen, warum sind Dinge schief gegangen. Das denke ich, kommt da ganz schön zusammen.“
Der Vorabend des Versöhnungstages gilt bereits als ein Feiertag. An diesem Abend ist es die religiöse Pflicht, ein Festmahl zu sich zu nehmen, um sich so auf den Tag vorzubereiten. An Jom Kippur selbst wird gefastet. Rabbinerin Gesa Ederberg:
„Wenn man sich Jom Kippur von außen anschaut, dann sticht natürlich ins Auge, dass man eben 25 Stunden lang fastet, und auch nichts trinkt, dass man verzichtet auf Lederschuhe, auf entsprechende Bequemlichkeit, dass man sich keinen Schmuck, kein Make up anlegt ... der Verzicht gehört schon auch dazu.
Aber es ist eigentlich das Besondere – und da sticht Jom Kippur im Judentum auch gegen den Rest des Jahres sehr ab – dass man sich an diesem Tag auf Gott alleine konzentriert. Sonst ist das Judentum da sehr lebensnah. Pessach, das zweitwichtigste Fest – oder vielleicht sogar das Wichtigste Fest – wird in der Familie und mit viel Freude und Essen gefeiert. Und Jom Kippur ist wirklich so ein Gegenbild. Ich denke, der Verzicht ist mehr ein Ausdruck davon, dass man sich auf was Anderes konzentriert.“
An zentraler Stelle wird in der Synagoge das Kol Nidre gesprochen, zu deutsch „alle Gelübde”. Dieses Gebet ist eine Erklärung, die alle Gelübde, die jemand während des Jahres gegenüber sich selbst ausgesprochen, aber nicht erfüllt oder vergessen hat, für ungültig erklärt. Das Kol Nidre ist in Aramäisch verfaßt und wahrscheinlich im 9. Jahrhundert nach der christlichen Zeitrechnung entstanden. Die berühmte Melodie des Kol Nidre soll von dem Mainzer Rabbiner Maharil aus dem 14. Jahrhundert stammen.
„Es passiert sehr vieles, was auch sonst an einem normalen Shabbat passiert. Aber das Gebet ist sehr viel repetitiver, und dadurch, wenn’s man richtig wahrnimmt, und sich darauf einlässt, eben sehr meditativ. Texte, die wiederholt und wieder wiederholt werden. Oder eben auch liturgische Stücke, die immer mit dem gleichen Halbsatz anfangen, und dann andere Teile weitergehen oder mittelalterliche Gedichte, die auch sehr lange sind. Das kann sehr meditativ sein. Zwischendurch wird aus der Thora gelesen. Es wird an die Verstorbenen gedacht ... Was ganz schön ist, dass sich auch die einzelnen Menschen entscheiden, zwischendrin auch mal spazieren zu gehen, zum Beispiel, und dann erst wieder zu kommen.“
Für jeden steht an Jom Kippur die Tür zur Umkehr offen, auch wenn sich der- oder diejenige noch so weit vom Glaube und von Gott gelöst haben mag. Darauf wird in der Thora explizit hingewiesen und interessanterweise füllen sich an Jom Kippur an allen Orten der Welt die Synagogen, auch solche, die im Laufe des Jahres leer bleiben.
Über die Sühne selbst ist der Mensch dazu angehalten, seinen guten Willen unter Beweis zu stellen – und dazu gehören im Judentum die drei Prämissen der Tschuwah – der Umkehr, auch Reue; Tfillà – das ist das Gebet. Und: Zdakà, die Wohltätigkeit.
Handelt der Mensch nach diesen Prinzipien, dann wird er an Jom Kippur in das Buch der Versöhnung und Vergebung eingetragen. Deshalb wünscht man sich gegenseitig in den Tagen um Rosh Hashana und Jom Kippur ein „gutes neues Jahr“ und einen „Eintrag in das Buch des Lebens”.
„Manche Leute sagen, es sei der wichtigste Feiertag – ich sage immer: Shabbat in jeder Woche ist noch wichtiger. Ich denke, es hat etwas ganz Besonderes. Diese 24 Stunden sich auf die eigenen Wünsche und das, was man im Leben richtig macht, und das, was man leider falsch macht oder nicht besser hinkriegt, zu besinnen. Und dieses Gefühl: Am Ende von Jom Kippur kann man ein neues Blatt aufschlagen ist was, was viele Leute doch auch in die Synagoge zieht.“