Verschwörungstheorien im Thrillerformat
Nelson DeMille ist in den USA als Thriller-Autor mittlerweile populärer als John Grisham. Sein letzter, achter Roman "Nachtflug" verdrängte sogar Dan Browns Roman "Das Sakrileg" vom Platz 1 der amerikanischen Bestsellerliste.
Am 17. Juli 1996 startet eine Boing 747 auf dem Kennedy-Airport in New York, es ist der Nachtflug nach Paris, TWA 800. Elfeinhalb Minuten später stürzt die Maschine mit 230 Passagieren an Bord ins Meer. Es gibt keine Überlebenden, soweit die historischen Fakten. Auf die lässt Autor DeMille seinen Ich-Erzähler los, den Polizisten und FBI-Beamten John Corey.
Fünf Jahre nach dem Absturz, wir schreiben das Jahr 2001, beginnt Corey illegal zu ermitteln, er ist neugierig geworden durch seine Frau, die als FBI-Beamtin den Absturz untersucht hatte. Offiziell ist der Fall abgeschlossen - ein Unfall, heißt es. Aber Coreys Frau ist sich sicher: Es sind Ermittlungsergebnisse verschwiegen worden.
Tatsache ist, dass es 600 Augenzeugen gab, die den Absturz gesehen haben. 200 dieser Augenzeugen behaupteten, sie hätten so etwas wie eine Rakete auf das Passagierflugzeug zufliegen sehen. Für den Roman erfindet Autor DeMille ein Video, das die Existenz einer Rakete beweist. DeMilles Held John Corey macht sich auf eine atemberaubende Jagd nach diesem Video, und er findet es. Damit bricht Corey aber eine Lawine los: Seine Behörde, das FBI, schickt ihn auf Dienstreisen, CIA-Beamte versuchen, das Video zu vernichten, und ein CIA-Beamter zieht sogar seinen Revolver gegen Corey.
DeMille selbst sagt, er sei kein Fan von Verschwörungstheorien, trotzdem lässt er seinen Helden Corey sagen:
"Ich weiß bis heute nicht, wer eigentlich John F. Kennedy umgebracht hat."
Jedenfalls zeichnet DeMille ein finsteres Bild der US-amerikanischen Geheimdienste. Was den Nachtflug TWA 800 und jene vermeintliche Rakete betrifft, bietet DeMille verschiedene Szenarien an: arabische Terroristen möglicherweise, während die arabischen Taxifahrer in New York sagen, es seien die Israelis gewesen. Oder könnte es eine irregeleitete Militär-Rakete gewesen? Denn an dem Tag des Absturzes übte ausgerechnet die US-Marine im Bereich der Flugroute. Und fast wäre DeMille selbst betroffen gewesen, seine Tochter hätte um ein Haar in der Maschine gesessen.
DeMilles Sprache entspricht der seines Helden John Corey. Der ist ein abgebrühter New Yorker Polizist, ein Zyniker mit Sinn für knochentrockenen, schwarzen Humor, ein Macho, der am liebsten Bier trinkt und Sportsendungen sieht. Und er ist ein guter Psychologe, der Menschen in einem Satz beschreiben kann:
"Sie war jener Typ von Frau, die für ihr Liebesleben unbedingt saubere Laken braucht."
Oder: "Er war ein Mann, der sein Leben ruinierte, als er beschloss, einer Frau zu imponieren."
Und dass der amerikanische Slang in seinem ganzen Witz erhalten geblieben ist, das verdankt dieser Roman seinem kongenialen Übersetzer Georg Schmidt.
"Nachtflug" bietet einen überraschenden, intimen Einblick in die amerikanische Geheimdienstarbeit, ist sprachlich sehr authentisch und ohne Atem zu holen hoch spannend durcherzählt. Als es das Wort Thriller in der deutschen Sprache noch nicht gab, hätte man dieses Buch einen "Reißer" genannt.
Nelson DeMille: Nachtflug
Übersetzt von Georg Schmidt.
Roman. Ullstein Verlag 2005.
704 Seiten, 22 Euro.
Fünf Jahre nach dem Absturz, wir schreiben das Jahr 2001, beginnt Corey illegal zu ermitteln, er ist neugierig geworden durch seine Frau, die als FBI-Beamtin den Absturz untersucht hatte. Offiziell ist der Fall abgeschlossen - ein Unfall, heißt es. Aber Coreys Frau ist sich sicher: Es sind Ermittlungsergebnisse verschwiegen worden.
Tatsache ist, dass es 600 Augenzeugen gab, die den Absturz gesehen haben. 200 dieser Augenzeugen behaupteten, sie hätten so etwas wie eine Rakete auf das Passagierflugzeug zufliegen sehen. Für den Roman erfindet Autor DeMille ein Video, das die Existenz einer Rakete beweist. DeMilles Held John Corey macht sich auf eine atemberaubende Jagd nach diesem Video, und er findet es. Damit bricht Corey aber eine Lawine los: Seine Behörde, das FBI, schickt ihn auf Dienstreisen, CIA-Beamte versuchen, das Video zu vernichten, und ein CIA-Beamter zieht sogar seinen Revolver gegen Corey.
DeMille selbst sagt, er sei kein Fan von Verschwörungstheorien, trotzdem lässt er seinen Helden Corey sagen:
"Ich weiß bis heute nicht, wer eigentlich John F. Kennedy umgebracht hat."
Jedenfalls zeichnet DeMille ein finsteres Bild der US-amerikanischen Geheimdienste. Was den Nachtflug TWA 800 und jene vermeintliche Rakete betrifft, bietet DeMille verschiedene Szenarien an: arabische Terroristen möglicherweise, während die arabischen Taxifahrer in New York sagen, es seien die Israelis gewesen. Oder könnte es eine irregeleitete Militär-Rakete gewesen? Denn an dem Tag des Absturzes übte ausgerechnet die US-Marine im Bereich der Flugroute. Und fast wäre DeMille selbst betroffen gewesen, seine Tochter hätte um ein Haar in der Maschine gesessen.
DeMilles Sprache entspricht der seines Helden John Corey. Der ist ein abgebrühter New Yorker Polizist, ein Zyniker mit Sinn für knochentrockenen, schwarzen Humor, ein Macho, der am liebsten Bier trinkt und Sportsendungen sieht. Und er ist ein guter Psychologe, der Menschen in einem Satz beschreiben kann:
"Sie war jener Typ von Frau, die für ihr Liebesleben unbedingt saubere Laken braucht."
Oder: "Er war ein Mann, der sein Leben ruinierte, als er beschloss, einer Frau zu imponieren."
Und dass der amerikanische Slang in seinem ganzen Witz erhalten geblieben ist, das verdankt dieser Roman seinem kongenialen Übersetzer Georg Schmidt.
"Nachtflug" bietet einen überraschenden, intimen Einblick in die amerikanische Geheimdienstarbeit, ist sprachlich sehr authentisch und ohne Atem zu holen hoch spannend durcherzählt. Als es das Wort Thriller in der deutschen Sprache noch nicht gab, hätte man dieses Buch einen "Reißer" genannt.
Nelson DeMille: Nachtflug
Übersetzt von Georg Schmidt.
Roman. Ullstein Verlag 2005.
704 Seiten, 22 Euro.