Verschmelzung von Video- und Fotokamera

Von Wolfgang Noelke |
Ein neues auf der CeBIT präsentiertes Produkt ist eine Verschmelzung von Video- und Fotokamera. Die digitale Media-Kamera nimmt nicht mehr auf Band auf, sondern auf einen Speicherchip. Foto und Video mit fünf Megapixeln in der Auflösung bieten hohe Qualität.
Was vor drei Jahren nur professionellen Fotografen vorbehalten war, ist heute erschwingliche Massenware. Und jedes halbe Jahr ist entweder Photokina, CeBIT oder Funkausstellung. Die Hersteller fühlen sich verpflichtet, neue, leistungsfähigere Produkte zu zeigen. Vor wenigen Monaten auf der Kölner Photokina wurde beispielsweise der nur wie eine Glühbirne kleine "Everio" als Verschmelzung zwischen Video- und Fotokamera angekündigt – auf der CeBIT zeigt JVC-Sprecher Jürgen Wilkin das fertige Produkt:

" Das ist die digitale Medi-Kamera. Diese Kamera nimmt nicht mehr auf Band auf, sondern auf einen Speicherchip, genauer gesagt auf einem Microdrive, und hier haben wir die Chance, auf einem sehr kleinen Platz sehr viel unterzubringen. Das heißt, das neueste Modell der "Everio" hat eine Drei-Chip-CCD-Kamera drin und bietet in dieser Kamera fünf Megapixel in der Fotoauflösung, verbindet damit also erstmals Foto und Video in hoher Qualität miteinander. "

Je mehr Millionen Bildpunkte, so genannte Pixel, eine Kamera vorweist, desto detailreichere Fotos sind das Ergebnis. Fünf bis mehr als acht Millionen Pixel sind heute bereits Standard bei den kleinsten Kameras bis hin zu den Großen. Erfüllt sich die Hoffnung der Aussteller? Wie viel Megapixel haben die Kameras der CeBIT- Besucher? – und würden diese ihre alten Digitalkameras gegen die neuen Pixelprotze austauschen?

" Wenn ich Geld dafür ausgeben muss nicht, ehrlich gesagt, denn ich habe eine. Das ist eine Canon Power Shot A 20. Sie kann maximal 1200 mal 1600. Ich meine, 2,1 Megapixel reichen mir und ich hab da jetzt keine Ansprüche mehr. "

" Sechs Megapixel. Ich bin damit ganz zufrieden und eigentlich brauche ich die gar nicht. Allerdings war die Kamera ziemlich günstig im Angebot und ich hab dann halt zugeschlagen und mach eigentlich nur Bilder für meine Homepage, die ich dann hochladen kann, und deshalb wollte ich auch eine Digitale haben."

" Ich guck mal nach: 2560 mal 1920. Ich weiß, dass es mir nicht reicht, wenn ich zum Beispiel ein Plakat ausdrucken will in DIN A 0, und das mache ich nicht, also brauche ich auch keine mit acht Megapixel."

" Wir nutzen sie manchmal auch um Videoclips zu machen, die ich über Internet in die Ukraine schicken kann. Aber die Clips sind ziemlich schlecht, weil am meisten ist das Gerät natürlich geeignet für Fotos. Ich finde, dass jede zwei Jahre man muss solche Sache wechseln, wie Handy zum Beispiel. "

" Ich bin glücklich mit meiner Alten. Die macht schöne Bilder, also das ist wenig Auflösung und schöne Bilder und ich weiß nicht, es macht auch wenig Sinn, sich jedes Jahr eine Neue zu kaufen."

Fotografiert wird alles: Die Disco-Bekanntschaft, deren Namen und Telefonnummer man zum Foto gleich auf den Speicherchip spricht, mit der Kamera im Handy fotografiert sich die moderne Frau bei der Anprobe in der Boutique, um das Bild ihrer Freundin zu senden. Die erhoffte Antwort auf die Frage: "Steht mir das? Soll ich das kaufen?", lässt nicht lange auf sich warten. Selbst eine Berufsfotografin, wie Freya Hagen, unterscheidet in der Gerätewahl zwischen digitalen Wegwerffotos und Fotokunst:

" Ich habe privat so eine kleine Knipse, mit der ich Schnappschüsse mache mit dieser Kamera, die zwei Megapixel hat, im privaten Bereich ist das völlig ausreichend. Die digitalen Fotos verschickt man ja nur kurz per E-Mail an Freunde und ich würde mir keine superteure Kamera kaufen für den privaten Bereich. Für den professionellen Bereich: meine speziell hat 8,9 Megapixel und man erkennt überhaupt keinen Unterschied zwischen der analogen und der digitalen Fotografie."

Vielleicht sehnen wir uns bald wieder nach Omas Schuhkartons mit den vergilbten Schwarzweiß-Fotos des ersten Schultags, der ersten Liebe und den Hochzeitsfotos aus Papier, denn digitale Speichermedien halten vielleicht 10, höchstens 30 Jahre – oder gar nicht, wie Freya Hagen weiß. Die bilderlose Zeit ist bereits drohende Realität:

" Ich hatte im letzten Monat auf einer Messe hier in Hannover leider einen dieser großen Festplattencrash und ich hab aus reiner Faulheit leider zu wenig Backups gemacht und ich stand dann da und hatte 20 Gigabyte Fotos in den Orcus geschossen. Jetzt bin ich natürlich nach diesem Vorfall sehr vorsichtig geworden und brenne alle Daten zweimal auf CD. Aber die Frage ist wirklich: Wie lange halten CDs? Und können wir diese ganzen Bilder, die wir machen, in 20, 30 Jahren noch betrachten?"