Verlag stoppt Woody-Allen-Autobiografie

"Welches Buch darf als nächstes nicht erscheinen?"

05:16 Minuten
Der Regisseur Woody Allen im Jahr 2003.
Seine Autobiografie wird in seine US-Heimat bis auf weiteres nicht erscheinen: Woody Allens Adoptivsohn und -tochter erheben nach wie vor schwere Missbrauchsvorwürfe gegen ihn. © Getty Images / Hulton Archive / Michael Putland
Derek Scally im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 07.03.2020
Audio herunterladen
Woody Allen-Fans können ab April seine Autobiografie auf Deutsch lesen. Das Original wird in den USA nicht erscheinen. Zu schwer wiegen dort die Missbrauchsvorwürfe gegen Allen - und die Drohungen seines Adoptivsohnes Ronan Farrow gegen den Verlag.
Im April erscheint bei Rowohlt die deutsche Übersetzung der Woody-Allen-Autobiografie "Ganz nebenbei" (Originaltitel: "Apropos of Nothing"). Allens US-amerikanischer Verlag Hachette dagegen hat von einer Veröffentlichung Abstand genommen, nachdem Allens Adoptivsohn, der Journalist Ronan Farrow, die Missbrauchsvorwürfe gegen den Regisseur bekräftigt hat. Farrow, der bei Hachette ein Buch über die Weinstein-Affäre veröffentlichte, drohte damit, den Verlag zu verlassen, sollte dieser die Allen-Autobiografie herausbringen.

Farrow macht das, was er selbst anklagt

Unser Studiogast, der Journalist Derek Scally, findet es beunruhigend, dass der Verlag offenbar aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus und weil er einen Imageschaden befürchtet, von der Veröffentlichung zurücktritt. "Allen ist nie vor Gericht gekommen und schuldig gesprochen worden", sagt Scally. Ronan Farrow habe mit seinem Buch zweifellos Großes für die #MeToo-Bewegung geleistet. Doch nun mache er beziehungsweise der Verlag genau das, was er in seinem Buch anklage: "Catch and kill" – das Buch von Woody Allen abfangen und verschwinden lassen.

"Ronan Farrow glaubt seiner Schwester, was sein gutes Recht ist." Es sei wichtig, jedem Verdacht von sexuellem Missbrauch nachzugehen, betont Scally. Er frage sich jedoch, welches Buch als nächstes nicht erscheinen dürfe, weil es Anschuldigungen gegen einen Autor gebe und weil "die Empörung so groß ist. Das hat Folgen".
Derek Scally trägt Brille, steht am Fenster und schaut in die Kamera.
Der Journalist Derek Scally hält die Reaktion von Woody Allens Verlag für übereilt.© Deutschlandradio / Uta Oettel
(mkn)

Derek Scally, geboren 1977, ist seit fast 20 Jahren Korrespondent der Zeitung "Irish Times" in Berlin. Er studierte zuvor Journalismus an der Dublin City University. Seine Haupthemen sind deutsche und europäische Politik, Wirtschaft und Kultur. Er ist häufiger Gast in Radio und Fernsehen, sowohl in Irland wie in Deutschland.

Die ganze Sendung mit Derek Scally hören Sie hier:
Mehr zum Thema