Verklärung einer fernen Geliebten
Die norwegischen Festspiele in Bergen eröffneten mit der Oper "L´amour de Loin" von Kaija Saariahos. Das Bühnenwerk wurde auf einer Leinwand von einem Animationsfilm begleitet. Darin spielt sich die mittelalterliche Troubadourgeschichte zeitgemäß im Chatroom eines Internet-Cafés ab. Das Publikum war sehr angetan.
Um eine richtige Opernaufführung hat sich das Bergen-Festival 2008 bei der Eröffnung herumgemogelt. Zwar gehört Kaija Saariahos Oper "L´amour de Loin" bereits jetzt zu den anerkannten Musiktheaterwerken des 21. Jahrhunderts, doch die Eröffnung war eher ein Konzert mit einem eigens dafür entworfenen Animationsfilm auf der riesengroßen Leinwand der Grieghalle: eine Mischung von Film und Musik und ein wenig Performance. Theatralische Aktion waren verbannt, die drei Akteure der Oper sangen vom Pult an der Seite, und der Chor wurde lediglich eingespielt.
"L´Amour de Lion" ist die Geschichte und Mystifizierung der "unerreichbaren Liebe". Der Troubadour Jaufré Rudel ist des oberflächlichen Genießens satt und besingt nun eine ferne "reine" Geliebte in Tripolis, Clemence, von der ein Pilger berichtet. Jaufré und Clemence wissen zwar nach einiger Zeit voneinander, aber sie wollen nur diese ferne Liebe zelebrieren; als der Troubadour doch nach Tripolis reist, stirbt er, zunächst nicht vorgelassen, bei der Ankunft in Tripolis und ist dann nur als Toter vermählt.
In ihrem Animationsfilm, der ausschließlich in den Farben Weiß, Blau und Schwarz gehalten ist, aktualisiert das dänische Künstlerduo Elmgreen & Dragset die mittelalterliche Troubadourgeschichte von der fernen Geliebten im Chat-Room. Die Schablonen der mittelalterlichen Beschreibung der Schönheit sind am PC anzutippen und zu bestätigen. In Pop-Art, oder besser Manga -Ästhetik wird die Liebesnot des Troubadours erzählt und damit verschnitten auch eine moderne Geschichte von einem Jugendlichen im Internet-Cafe, der schließlich in der Herrentoilette – wohl nach einem Drogenschuss – in den Armen seiner Chat-Partnerin stirbt.
Der spirituelle religiöse Gehalt, die "Tristan"-Nähe des Werkes, wird so kaum angedacht und arg simplifiziert. Dennoch: Das Publikum war sehr angetan. Ließen sich nicht auch Wagner-Opern auf ähnliche Weise vorführen, fragte man im Anschluss an die Vorstellung. Und selbst die anwesende Komponistin freute sich zumindest darüber, dass sich ihr Werk nun frei gespielt habe, weil durch Elmgreen & Dragset die oft gezeigte Modellinszenierung von Peter Sellars nun radikal relativiert worden sei. Was die Festspiele als ästhetische Novität feiern, ist allerdings - sicherlich in verkitschter Form - seit Walt Disneys Verfilmung von Beethovens Pastorale (Fantasia 1940) doch nicht so neu. Von Diseny-Verniedlichung ist Elmgreen & Dragsets Animationsfilm sicherlich frei, und für sich genommen eindrucksvoll: Auch gelingen – insbesondere in den Schiff- und Wasser-Animationsbildern – sehr Musik nahe langsame Bilder auf der großen Leinwand.
Den Sog von Saariahos Musik verstärkt der Film von Elmgreen & Dragset durchaus: - ihre mittelalterlichen Anklänge, ihre sphärische Mystik, bisweilen sind Saariahos Klänge noch elektronisch "abgeschmeckt", eindrucksvoll vom Bergen Filharmoniske Orkester unter Baldur Brönnimann musiziert. Doch die Sänger, so sehr sie auch musikalisch ihren Partien gerecht werden (Jaako Kortekangas, Pia Freund, Helene Gjerris), an den dunklen Stehpulten vor der Leinwand können sie nie ihre Präsenz in die Waagschale werfen, vom Chor ganz zu schweigen.
Ein wichtiges Werk einer international agierenden finnischen Komponistin und einen – wenn auch nicht unproblematischen – ungewöhnlichen Zugang hat die Eröffnungspremiere dieses traditionsreichen skandinavischen Festivals, das gegenseitig zwischen der Kultur Skandinaviens und der des übrigen Europa vermitteln will, jedenfalls vorgestellt und so in der Tat einen Impuls aus dem Norden – "Nordiske impulser" heißt auch das Motto der Festspiele - gegeben.
"L´Amour de Lion" ist die Geschichte und Mystifizierung der "unerreichbaren Liebe". Der Troubadour Jaufré Rudel ist des oberflächlichen Genießens satt und besingt nun eine ferne "reine" Geliebte in Tripolis, Clemence, von der ein Pilger berichtet. Jaufré und Clemence wissen zwar nach einiger Zeit voneinander, aber sie wollen nur diese ferne Liebe zelebrieren; als der Troubadour doch nach Tripolis reist, stirbt er, zunächst nicht vorgelassen, bei der Ankunft in Tripolis und ist dann nur als Toter vermählt.
In ihrem Animationsfilm, der ausschließlich in den Farben Weiß, Blau und Schwarz gehalten ist, aktualisiert das dänische Künstlerduo Elmgreen & Dragset die mittelalterliche Troubadourgeschichte von der fernen Geliebten im Chat-Room. Die Schablonen der mittelalterlichen Beschreibung der Schönheit sind am PC anzutippen und zu bestätigen. In Pop-Art, oder besser Manga -Ästhetik wird die Liebesnot des Troubadours erzählt und damit verschnitten auch eine moderne Geschichte von einem Jugendlichen im Internet-Cafe, der schließlich in der Herrentoilette – wohl nach einem Drogenschuss – in den Armen seiner Chat-Partnerin stirbt.
Der spirituelle religiöse Gehalt, die "Tristan"-Nähe des Werkes, wird so kaum angedacht und arg simplifiziert. Dennoch: Das Publikum war sehr angetan. Ließen sich nicht auch Wagner-Opern auf ähnliche Weise vorführen, fragte man im Anschluss an die Vorstellung. Und selbst die anwesende Komponistin freute sich zumindest darüber, dass sich ihr Werk nun frei gespielt habe, weil durch Elmgreen & Dragset die oft gezeigte Modellinszenierung von Peter Sellars nun radikal relativiert worden sei. Was die Festspiele als ästhetische Novität feiern, ist allerdings - sicherlich in verkitschter Form - seit Walt Disneys Verfilmung von Beethovens Pastorale (Fantasia 1940) doch nicht so neu. Von Diseny-Verniedlichung ist Elmgreen & Dragsets Animationsfilm sicherlich frei, und für sich genommen eindrucksvoll: Auch gelingen – insbesondere in den Schiff- und Wasser-Animationsbildern – sehr Musik nahe langsame Bilder auf der großen Leinwand.
Den Sog von Saariahos Musik verstärkt der Film von Elmgreen & Dragset durchaus: - ihre mittelalterlichen Anklänge, ihre sphärische Mystik, bisweilen sind Saariahos Klänge noch elektronisch "abgeschmeckt", eindrucksvoll vom Bergen Filharmoniske Orkester unter Baldur Brönnimann musiziert. Doch die Sänger, so sehr sie auch musikalisch ihren Partien gerecht werden (Jaako Kortekangas, Pia Freund, Helene Gjerris), an den dunklen Stehpulten vor der Leinwand können sie nie ihre Präsenz in die Waagschale werfen, vom Chor ganz zu schweigen.
Ein wichtiges Werk einer international agierenden finnischen Komponistin und einen – wenn auch nicht unproblematischen – ungewöhnlichen Zugang hat die Eröffnungspremiere dieses traditionsreichen skandinavischen Festivals, das gegenseitig zwischen der Kultur Skandinaviens und der des übrigen Europa vermitteln will, jedenfalls vorgestellt und so in der Tat einen Impuls aus dem Norden – "Nordiske impulser" heißt auch das Motto der Festspiele - gegeben.