Verkehrspilotentag nach Germanwings-Absturz

Mehr Kommunikation im Cockpit

Ein Wrackteil der abgestürzten Maschine in den französischen Alpen.
Ein Wrackteil der abgestürzten Maschine in den französischen Alpen. © Sebastien Nogier, dpa picture-alliance
Von Ludger Fittkau · 23.04.2015
Welche Konsequenzen müssen aus dem Absturz der Germanwings-Maschine gezogen werden? Offiziell wird darüber auf dem Deutschen Verkehrspilotentag nicht diskutiert. Doch in den Tagungspausen gibt es nur ein Thema: der Amokflug und die Lehren daraus.
Man hätte geglaubt, der Deutsche Verkehrspilotentag der Vereinigung Cockpit kann in diesem Jahr nur ein Thema haben: Die Frage nämlich, welche Konsequenzen aus Sicht der Piloten der Amokflug des Germanwings-Copiloten Andreas Lubitz am 24. März haben muss. Umso größer die Überraschung, dass das Thema gänzlich auf der Tagesordnung der zweitägigen Veranstaltung in Frankfurt am Main fehlt. Stattdessen geht es beim Treffen von rund 130 Piloten - darunter nur zwei Pilotinnen - ziemlich global um fairen Wettbewerb in der Luftfahrtbranche. Oder ganz kleinteilig um Triebwerksöle, die die Kabinenluft kontaminieren. Der Amokflug ist jedoch ein Top-Thema in den Tagungspausen. Markus Wahl, Sprecher der Vereinigung Cockpit:
"Natürlich trägt ein solcher extremer Vorfall dazu bei, dass die Tischgespräche, die Gespräche am Rande sich sehr, sehr oft darum drehen."
Bloß keine "Schnellschüsse"
Gerhard Schrecke war 35 Jahre lang Flugkapitän:
"Solche Schnellschüsse, wie zwei Mann ständig im Cockpit, man kann überlegen, ob man beim Türöffnungsmechanismus mal was verändern sollte, aber was ich sagen kann, ist, dass verlorengegangenes Vertrauen wieder zurückgewonnen werden muss und das können am besten die Piloten durch ihr Arbeitsethos."
Eine der beiden einzigen Pilotinnen, die am Verkehrspilotentag teilnehmen, will ungenannt bleiben:
"Man muss im Grunde genommen über alles kommunizieren, um die Sicherheit zu erhöhen. Man muss immer das eigene Bild mit dem des Kollegen abgleichen. Der andere muss genau wissen, was man für ein Bild von ihm hat und wenn man dann über alles kommuniziert, ist die Sicherheit am höchsten."
Reporter: "Es gab ja diese feministische Diskussion ansatzweise, wenn man mehr Frauen hätte im Cockpit, dann wäre es ungefährlicher, was sagen sie dazu?"
Pilotin: "Das glaube ich auch nicht. Also letztendlich kommt die Sicherheit ja dadurch zustande, dass man eine entsprechend gute Ausbildung hat und ein entsprechend gutes Training auch immer wieder. Ein Unterschied würde ich eher in der Kommunikation zwischen Frauen und Männern sehen. Da ist sicher wie im normalen Leben ein Unterschied zwischen Männern und Frauen gegeben. Den gibt es auch bei Piloten und Pilotinnen. Aber auch da gibt es Schulungsprogramme, die einen dazu bringen, dass man über alles reden kann mit seinen Kollegen. Und auch offen."
"Auf jeden Fall mehr reden"
Auch der erfahrene Pilot Gerhard Schrecke betont, dass eine offenere Kommunikation in der Branche nötig ist. Nicht nur unter den Piloten, sondern auch in den Hierarchie des Lufthansa-Konzerns, zu dem Germanwings ja gehört:
"Auf jeden Fall mehr reden, aber da geht es natürlich auch darum wie redet die Geschäftsleitung der Lufthansa mit ihren Piloten. Nicht über die Medien. Und da ist es an der Lufthansa- Geschäftsleitung, Schritte zu tun."
Die Vereinigung Cockpit, die den Pilotentag organisiert, hält wie auch die Bundesregierung eine Diskussion über Konsequenzen nach dem Amokflug allerdings noch für verfrüht und will erst die "vollständige und lückenlose" Untersuchung des Geschehens abwarten. Doch wohin gehen die Pilotinnen und Piloten inzwischen mit ihren Sorgen? Cockpit habe ein eigenes Angebot, so Sprecher Markus Wahl:
"Wir haben ein System installiert, Kollegen können anrufen und um Hilfe bitten. Und diese Hilfe wird ihnen dann auch professionell gewährt. Hier können sich Kollegen an Psychiater wenden und sie bekommen Hilfe, ohne gleich um ihren Arbeitsplatz fürchten zu müssen."
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