Verkaufe Wohnung in Berliner Szenekiez

Als Laie auf dem heiß gelaufenen Immobilienmarkt

30:24 Minuten
Blick auf eine Häuserfassade mit Fahrstuhl
Bei seiner Suche nach einem neuen Eigentümer für seine Wohnung hat Gregor S. die Qual der Wahl. © Klaus Schirmer
Von Klaus Schirmer · 16.03.2020
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Gregor S. muss seine selbst sanierte Eigentumswohnung in Berlin verkaufen. Der neue Eigentümer soll sympathisch sein und die Wohnung selbst nutzen, der Verkauf stressfrei ablaufen, ohne Makler. Kann das gut gehen, auf einem preisgetriebenen Markt?
Frau R: "Wonach wählen Sie aus?"
Gregor: Das weiß ich selber noch nicht so genau! Ich bin etwas überrascht von der Nachfrage. Also für mich soll’s nicht stressig sein, zuverlässig und nicht ein halbes Jahr dauern."
Herr R: "Also wir quasi!"
Gregor: "Ja, vielleicht Sie!"
Frau R: "Ist es dann ein Festpreis?"
Gregor: "Das ist ein Festpreis, ja."
Autor: "Was heißt das? Nach oben oder nach unten?"
Frau R: "Ja, genau".
Gregor: "Nein, so weit denke ich noch nicht! Also ich will erst einmal gucken, wie das funktioniert. Weil ich bin auch kein Immobilienmakler. Und dann entscheide ich irgendwie nach Kriterien wie Sympathie oder, dass es entspannt ist und so irgendwie."
Gregor, Mitte 40, Lehrer an einer Berliner Gesamtschule, ist Eigentümer einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin-Friedrichshain: Altbau, Vorderhaus, vierter Stock mit Aufzug, knapp 49 Quadratmeter groß.
1999 hatte er die unsanierte Wohnung gekauft, für 65.000 DM, mit Kohleöfen und ohne Bad. Gregor war Mitte 20, handwerklich begabt und voller Tatendrang, aber als Student der Literaturwissenschaft für die Bank nicht kreditwürdig. Seine Mutter sprang nach anfänglichem Zögern ein und nahm den ersten Kredit ihres Lebens auf: über 100.000 DM – der Kaufpreis plus 35.000 Mark für das Umbauen.

Seit 17 Jahren keine Mietsteigerung

Zwei Jahre lang hat er die Wohnung größtenteils selbst saniert: eine Gastetagenheizung eingebaut und ein Wannenbad. Er hat Wände durchbrochen, Holzfenster erneuert, neue Stromleitungen verlegt.
"Ich habe in einer WG gewohnt und habe nebenbei diese Wohnung dann saniert, um da mal irgendwann drinnen zu wohnen. So und dann kam aber schon ein Kind und dann habe ich weiter in einer WG gewohnt und dann kam ein Auslandsjahr und dann bin ich wieder zurückgekommen und dann war immer alles anders als gedacht: Nie passte es, hier allein zu wohnen. Neue Beziehung, neues Kind und hin und her."
Er vermietet also die Wohnung für die nächsten 17 Jahre.
"Die letzte Mieterin, die hat hier wirklich zehn Jahre oder zwölf Jahre gewohnt und das ursprünglich allein, als Doktorandin eingezogen und hat dann ein Kind bekommen und noch ein Kind und dann kam der Mann auch noch aus Italien dazu. Dann haben die hier zu viert gewohnt. Das war auch schön zu wissen, hier werden Kinder geboren und ab und zu habe ich ein Fläschchen Wein vorbeigebracht oder wir haben Tee getrunken, so alle paar Jahre."
Leergeräumtes Zimmer mit Dielenboden und hohen Fenstern
Gregor S. möchte seine Wohnung vor allem an jemanden verkaufen, der hier gerne wohnt.© Klaus Schirmer
Die Miete erhöht er in dieser Zeit nicht einmal. Die 300 Euro, die er verlangt, entsprechen der monatlichen Tilgung für den Kredit. Das Hausgeld, also die Kosten für den Unterhalt des Gebäudes – um die 130 Euro im Monat – legt Gregor nicht auf die Miete um, sondern zahlt es selbst an die Hausverwaltung. Die Wohnung ist über all die Jahre erstmal ein Minusgeschäft.
"Ja! Könnte man so sehen, dass ich immer draufgezahlt habe. Aber für mich war das irgendwie okay, weil ich das Gefühl hatte, den Hauptteil zahlt ja der, der hier wohnt, und ich leiste einen kleinen Beitrag und damit war das ein Geben und Nehmen, das war okay! Ich wollte sie jetzt auch nicht auspressen oder den Höchstpreis kriegen oder so. Ich war froh, wenn sie entspannte, angenehme Leute sind, die mich nicht stressen, weil ich auch nichts in der Wohnung gemacht habe, irgendwas repariert habe oder so. Also, die letzten zwei Mieter hier für die halben Jahre, die haben dann eben 580 gezahlt. Damit sind alle Kosten gedeckt gewesen."

Friedrichshain wird zum Szenekiez

Der Bezirk hat sich in den letzten Jahren gewaltig verändert. Die Bewohner sind jung, studentisch, international und wirken wie der Kiez: etwas unaufgeräumt und zerschlissen, aber immer stylisch. Fast jedes Haus hat im Erdgeschoss entweder eine Food-Bar oder einen trendigen Laden. Die Wohnung wird noch zu einer guten Altersvorsorge, denkt Gregor manchmal. Oder erstmal zur Studentenbude für das älteste seiner drei Kinder.
Aber 20 Jahre nach dem Erwerb muss Gregor die Wohnung plötzlich verkaufen. Seine Frau hat sich von ihm getrennt. Er muss sie aus der Familienwohnung auszahlen. Sie einigen sich auf 100.000 Euro.

Preisfindung auf dem Immobilienmarkt – nicht so einfach

Nach Unterrichtsschluss geht Gregor spontan bei einem Maklerbüro um die Ecke vorbei. Er will wissen, was seine kleine Wohnung gerade so wert ist. Anhand der Eckdaten, Ausstattung und Lage bekommt er auf die Schnelle und ganz unverbindlich ein zehnseitiges Dossier mit langen Balken, Schaubildern und Farbgraphiken ausgedruckt, an dessen Ende eine Prognose für den Verkaufspreis steht: zwischen 200 und 225.000 Euro.
Maklerin: "Aber ich denke nicht, dass da nach oben hin noch viel gehen wird."
Gregor: "Von daher ist der Zeitpunkt jetzt günstig?"
Maklerin: "Ja. Es wird auch nicht runtergehen, wir werden jetzt erst einmal uns auf einem bestimmten Level halten. Natürlich muss man ja auch sehen: Berlin hinkte ja die ganzen Jahre schon sehr nach im Gegensatz zu anderen Großstädten in Deutschland, sind wir ja ganz hinten an gewesen. Es war ja alles so billig, also, wenn ich überlege, vor drei, vier Jahren, da sind sie so eine Wohnung hier für 80.000 Euro losgeworden!"

Gregor hat andere Verkaufskriterien als Makler

Gregor: "Das hat mich erstmal sehr gefreut, weil es ein sehr hoher Preis ist und weil es alle meine Probleme löst, wenn ich meine Ex-Frau dann ausgezahlt habe und inzwischen denke ich, dass ich es erst einmal ohne Makler versuche und dafür einfach die Maklercourtage obendrauf schlage und damit etwas habe, womit ich dann handeln kann. So, deshalb gehe ich jetzt erst einmal so von 230.000, 235.000 Euro aus, die ich dem zukünftigen Glücklichen einfach mal sage und mal gucken, was dann passiert."
Blick aus einem Fenster auf eine Straße im Berliner Viertel Friedrichshain
Friedrichshain ist zum beliebten Szenekiez geworden.© Klaus Schirmer
Die Maklergebühr von 7,14 Prozent des Verkaufspreises zahlt in Berlin allein der Käufer. Das wären bei einer Kaufsumme von 215.000 Euro immerhin 15.000 Euro. Gregor möchte aber selbst darüber entscheiden, wer seine eigenhändig sanierte Wohnung bald besitzt. Das will er nicht einem Makler überlassen.
"Da habe ich kein wirkliches Vertrauen, weil du eben aus den ganzen Verkaufsgesprächen immer ausgeblendet bist."

Das Bad könnte zur Preisbremse werden

Gregor ist in der Wohnung, um die Maße für den Grundriss und eine 3-D-Visualisiserung aufzunehmen, die er für die Anzeige im Internet verwenden will. Stefan, Bauingenieur und Energieberater, ist ein langjähriger Freund, und hilft ihm dabei.
Stefan: "Das Bad ist halt nicht schön, also, das Bad ist verschnitten. Der Eigentümer, der Nocheigentümer mag sein Bad sehr, aber ich glaube, das werden einige nicht mögen, ist halt ein innenliegendes Bad, ist dunkel, geht da einmal um die Ecke. Ich denke, das ist der Punkt, wo Leute dann nachdenken und sagen: Mach ich das oder mach ich das nicht? Der Style ist halt Ende 90er-Jahre. Ein Traumbad ist das nicht!"
Gregor: "Dann muss ich das Bad noch aufhübschen!"
Stefan: "Nein, ist toll. Was halt gut ist, durch das Oberlicht nimmt es natürlich die Schärfe raus, weil durch diese zwei Lichter hast du einfach das Gefühl, nicht total in so einer Höhle zu sein."
Gregor: "Nein, klar, es gibt andere Fliesen."
Stefan: "Auch der Belag hat so ein bisschen den Charme der alten Jahre!"
Gregor: "Das stimmt. Das Grau ist nicht so schön!"

Der Markt in Berlin-Friedrichshain ist leergefegt

Kurz bevor Gregor seine Verkaufsanzeige auf einem Immobilienportal im Netz hochlädt, schaut er noch einmal nach, was der Markt für Friedrichshain gerade so anbietet.
"Ich habe erst gestaunt, dass es relativ wenige Wohnungen sind: zwei, drei Wohnungen oder so und die waren teilweise teurer, also bis 260.000 Euro oder so was. Aber es gab auch welche für 220.000 Euro oder so und erstes Obergeschoss oder Erdgeschoss, vom Schnitt anders. Und vorher dachte ich noch so ein bisschen: Ach! wenn 200.000 Euro, dann bin ich schon froh. Aber inzwischen denke ich auch: 240.000 ist okay. Wenn man zu billig verkauft, dann ist man irgendwie der Dumme, weil dann ist es weg! Du hast keine zweite Chance! Aber vielleicht meldet sich auch keiner, das ist ja eine horrende Summe."
3D-Grundriss einer Wohnung
Für die Verkaufsanzeige hat Gregor S. einen 3D-Grundriss seiner Eigentumswohnung angefertigt. © Klaus Schirmer
Mittwoch 17.20 Uhr
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Helle und ruhige Wohnung mit Himmelblick sucht neue Besitzer!

Es melden sich Kapitalanleger, Makler und Selbstnutzer

Mail: "Guten Tag, wir haben eine Vorliebe für handverlesene Objekte und lieben strategische Vermarktung."
Mail: "I am very interested to have a look and buy the apartment."
Mail: "Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind auf der Suche nach einer kleinen bezugsfreien Eigentumswohnung in Berlin. Unser älterer Sohn studiert in Berlin Fotografie und würde die Wohnung beziehen."
Mail: "Sehr geehrter Anbieter, im Auftrag eines Professors aus Heidelberg, bitte ich um einen Besichtigungstermin."
Innerhalb eines Tages erhält Gregor 35 Anfragen: darunter 25 Immobilienmakler oder Anlageberater und zehn private Kaufinteressenten, die sich als Eigennutzer ausgeben.
Noch 20 Stunden bis zur ersten Besichtigung. In der Wohnung muss Gregor noch so einiges machen: Fußboden und Fenster putzen – und vor allem: das Bad gründlich schrubben.

Auch der Nachbar hat Interesse

Gregor bringt die Leiter vor die Tür. Dort steht bereits unangemeldet der erste Interessent.
Nachbar Neil: "Ich sage dir ehrlich: Ich bin hoch interessiert! Wir müssen vielleicht nur einen Preis finden."
Gregor: "Ich habe jetzt die Anzeige aufgegeben."
Neil: "240.000 Euro?"
Gregor: "249.000 Euro! Ich bin noch ein bisschen höher gegangen."
Neil: " 249 fängst du an?! Oioioioioi!"
Gregor: "Na, da kann ich ein bisschen runtergehen, wenn es nicht klappt."
Es ist Neil, der Nachbar von der Wohnung nebenan.
Neil: "Ich würde gerne eine erste Chance haben wegen die Situation hier."
Gregor: "Das verstehe ich!"
Neil: "Du musst nur deinen Preis finden!"
Neil: "Von meiner Seite, es dauert nicht so lange, bloß mein Geld liegt in drei Banken in England und das dauert ein bisschen, bis es kommt hierher."
Gregor: "Vor dem Brexit!"
Neil: "Ey man, ey! Es ist ein Lotto momentan!"
Neil stammt aus Nordengland und lebt seit zehn Jahren in Berlin. Er besitzt eine Ladengalerie mit Kunst und Trödel im Erdgeschoss und würde gern seine und Gregors Wohnung zusammenlegen.

Viele Interessenten, wenige Fragen

Ein Tag später. Es ist Samstagvormittag, zehn Uhr: Die Wohnung riecht frisch geputzt nach Lavendel. Durch die Fenster fällt die Vormittagssonne auf den Dielenboden. Gregor wartet auf den ersten angemeldeten Kaufinteressenten.
Es ist ein Ehepaar Mitte 50 aus einem Berliner Vorort, das für seinen Sohn eine Wohnung sucht.
Gregor: "Und Sie haben sich schon ein bisschen umgeschaut?"
Mann: "Ja, wir haben schon ein bisschen geschaut."
Frau: "Also, finde ich sehr schön, muss ich sagen!"
Frau: "Ist der Boden etwas schief oder?"
Gregor: "Hier stand mal der Ofen. Aber das sind noch die Originaldielen."
Frau: "Ja."
Gregor: "Die müsste man jetzt auch noch mal machen vielleicht, wenn man Lust hat. Ich hatte keine Lust!"
Frau: "Hat auch einen gewissen Charme, finde ich!"
Mann: "Nein, das muss unbedingt so bleiben!"
Frau: "Eine Patina kann ruhig sein! Na ja, das finde ich auch."
Gregor: "Und Sie hatten gesagt, geschrieben, dass Ihr Sohn…"
Frau: "Genau, der studiert."
Gregor: "Fotograf."
Frau: "Genau."
Mann: "Wir wollen das natürlich schon auch als Kapitalanlage machen, wer weiß, wie lange er da drin ist. Jetzt braucht er erst einmal was und will sich vergrößern und will aber im Kiez wohnen."
Protestransparante hängen an den Wohnhäusern in der Karl-Marx-Allee in Berlin-Friedrichshain
Mietproteste sind in Berlin mittlerweile allgegenwärtig, der Miet- und Immobilienmarkt heiß gelaufen.© imago /Seliger
Als nächstes kommt ein junges Paar, Anfang 30, aus Kapstadt, Südafrika. Beide sind mit neuem Job seit einem Jahr in Berlin und sie im siebten Monat schwanger. Zuerst schauen sie sich das Bad an.
Neville: "Das ist ziemlich neu?"
Gregor: "Nein, nein. Ich habe die 1999 gekauft und 2000, 2001 habe ich das gemacht. Die war auch sehr entspannt die lange Mieterin, die hat immer ganz bescheiden hier gewohnt."
Neville: "Ja."
Gregor: "Deshalb hat die das nicht abgewohnt hier so richtig."
Beide scheinen begeistert zu sein – und das nicht nur vom Bad.
"Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich das Bad gestern noch mal geputzt hab! Das macht ja so einen guten Eindruck, die kommen rein und er fragt: Ist aber neu, das Bad? Das fand ich super!"

Nur einer will den Preis nach unten drücken

Beim folgenden Pärchen, beide so Mitte 30, zeigt nur der Mann Interesse. Seine Begleiterin sagt kein Wort und schaut sich auch kaum um. Er meint gleich zu Beginn, dass er die Protokolle der Eigentümerversammlungen schon kenne, da er letztes Wochenende schon hier gewesen sei, um sich eine Ein-Zimmer-Wohnung im Hinterhaus anzuschauen, dort aber nicht den Zuschlag bekommen habe.
Kristoffer: "Ich sehe für mich ein bisschen, also, jetzt kann ich mal sagen, was ich denke."
Gregor: "Ja, ja."
Kristoffer: "Also, der Preis ist relativ hoch mit 5000 pro qm und dann sehe ich natürlich jetzt noch die Kosten, was ich hier machen müsste, so was ich denke, ob ich im Bad noch was machen würde, den Boden, vielleicht die Fenster, eine Küche rein. Das ist so ein bisschen das… Das gibt noch mal 30.000 Euro würde ich mal schätzen! "
Gregor: " Echt?"
Kristoffer: " Ja, so ungefähr in dem Rahmen würde ich das mal schätzen. Sind Sie da irgendwie verhandlungsbereit, am Preis?"
Gregor: "Naja."
Kristoffer: "Sie haben wahrscheinlich auch viele, viele Besuche."
Gregor: "Es melden sich viele, viele, viele und ich habe keine Erfahrungswerte."
Kristoffer: "Ja."
Gregor: "Aber das ist erstmal der Preis, der für mich sehr attraktiv ist."
Kristoffer: "Ja."
Gregor: "Und den möchte ich erstmal haben und dann werde ich sehen."

Der Wohnungsmarkt ist international geworden

Als letzte Interessenten am Samstag kommt das Ehepaar R. aus Berlin-Wedding. Sie fragen nach Sanierungsstand und Rücklagen, nach den Nachbarn und ob der Keller feucht sei. Seit einem halben Jahr suchen sie nach einer passenden Wohnung für ihre studierende Tochter, die noch zu Hause wohnt.
Frau R: "Ja, das würde passen."
Herr M: "Sagen Sie den Anderen ab!"
Frau R: "Wir suchen schon etwas und wir haben schon einige Sachen durch. Ganz schön abgegrast der Markt und immer ist irgendwas, das irgendwas nicht passt und gut! Jetzt würde hier auch der Balkon fehlen! Aber man kann nicht alles haben, dafür ist man weit oben, die Wohnung ist hell und man hat ja auch die Plätze vor der Tür, die auch ganz…"
Gregor: "Die Cafés?"
Frau R: "…nett sind."
Gregor: "Ja, das glaub ich."
Frau R: "Und man kriegt auch nicht jede Wohnung, die man haben möchte, das ist auch klar! Und dann kommen auch noch die Maklergebühren drauf! Also im Moment galoppiert alles davon! Etwas verrückt und dann gibt es auch viele ausländische, also…"
Gregor: "Waren auch viele hier heute."
Frau R: "Also, die auf Englisch gehalten werden, die Wohnungsbesichtigungen."
Gregor: "Von Grund auf so?"
Herr R: "Ja."
Frau R: "Ist schon sehr ungewöhnlich in so einer Stadt, finde ich!"
Gregor: "Ja, ist eine besondere Zeit, glaub ich."
Frau R: "Der Ausverkauf geht weiter, aber naja."
Gregor: "Dann gehen wir noch in den Keller."
Der erste Besichtigungstag geht zu Ende.

Kaufpreise in Friedrichshain um 180 Prozent gestiegen

Am nächsten Vormittag, Sonntag, startet die zweite Besichtigungsrunde: Am Abend zuvor hatte das Pärchen aus Kapstadt noch gemailt, dass sie die Wohnung gerne zu dem Preis kaufen wollen und eine Finanzierungsbestätigung ihrer Bank gleich mitgeschickt. Sie hätten sich ihr Video schon mehrmals angeschaut und überlegt, wo sie ihre Möbel hinstellen.
Julia W., Anfang 50, kommt zusammen mit ihrer Mutter aus Hamburg angereist.
Julia W.: "Ja, also, es gab noch einen Hotel-Gutschein und dann dachte ich so: Ah, das passt ja gut! Und ich sah die Wohnung so schnell und dachte, die sieht so charmant aus."
Mutter: "Und frei. Freie Wohnungen sind schwer zu kriegen, ja."
Julia W.: "Sehr, sehr schön, muss ich sagen!"
Mutter: "Super!"
Julia W.: "Meistens ist es ja so: Für mich ist es ein Gefühl, ich muss reinkommen in die Wohnung: Ich muss sagen: oh! Hier kann ich mich sofort sehen. So und so sieht die Wohnung aus. Und auch mit dem Raum und mit der Küche, man sitzt dort und man hat plötzlich ja drei Fenster im Blick, selbst wenn man dann noch das vierte…"
Mutter: "Das war der erste Eindruck: die Fenster!"
Julia W.: "Und deswegen ist auch das Es-gibt-kein-Balkon gar nicht so wichtig, wenn das so viele Fenster sind."
Mutter: "Ja."
Julia W.: "Sie ist klein, aber sie ist von der Aufteilung einfach, weil die Küche auch nicht nur ein Schlauch ist, da kann man sich wieder vorstellen: Mini-Tisch passt noch rein mit einem kleinen Stuhl. Es ist so, dass man sagt, perfekt für eine Person! Und halt, wenn ich alt und gebrechlich bin, dann noch ein Fahrstuhl! Muss ich nicht mein Leben im vierten Stock fristen!"
Mutter: "Genau!"
Julia W.: "Darf auch mal raus! Nein, wahnsinnig schön und auch schön gemacht und Decken sind hoch.
Mutter: "Ja, das finde ich auch! Alles das, was dir wichtig ist!"
Julia W.: "Ja!"
Mutter: "Super! Vielen Dank!"
Gregor: "Ich danke Ihnen auch, dass Sie hier gekommen sind, kurz und knapp, gut.
Julia W.: "Danke! Ich melde mich!"
Gregor: "Dann noch einen schönen Tag heute!"
Mutter: "Danke! Tschüss!"
Nach knapp zehn Minuten verlassen Tochter und Mutter freudestrahlend die Wohnung. Der nächste Interessent wartet schon vor der Tür.
Gregor: "Die waren so ein bisschen schön schräg, sehr angenehm, hat mich an meine Cousine erinnert, die ist auch ein bisschen verrückt."
Schriftsteller: "Ich kann nicht mehr, echt! Ich bin die ganze Zeit nur mit Journalisten beschäftigt. Ich bin Schriftsteller und Scheiß-Bestseller-Autor, ich kann das nicht mehr!"
Gregor: "Lassen wir mal das."
Es ist ein Schriftsteller aus dem Nahen Osten, erfolgreich, aber auch erschöpft von vielen Interviews. Deshalb möchte er sich die Wohnung gerne ohne Mikrofon anschauen.
Gregor: "Noch einer mehr auf der Liste! und ich glaube, die Hamburgerin war auch sehr interessiert. Was soll ich denn jetzt machen? Sind ja jetzt schon fünf dann! Ich war zu billig!"
Als letzte kommt die 21-jährige Tochter des Ehepaares aus dem Wedding, die gestern hier waren. Sie möchte sich die Wohnung auch selbst anschauen.
Tochter: "Also, haben meine Eltern nicht zu viel versprochen, die ist wirklich sehr schön die Wohnung! Also ganz viel angeboten wird ja jetzt eigentlich nur noch so Hochparterre oder ganz unten, das, was die meisten sowieso nicht haben wollen.
Ich mein, wir gucken jetzt natürlich auch in einer Lage, das ist hier Friedrichshain, ist natürlich sowieso sehr begehrt."
Gregor: "Da ist nicht viel da."
Im Bezirk Friedrichshain sind die Kaufpreise in den vergangenen zehn Jahren um 180 Prozent gestiegen.
Tochter: "Wie lange ist die denn schon online die Wohnung?"
Gregor: "Seit Mittwoch, Donnerstag."
Tochter: "Ach, echt!"
Gregor: "Ja, ja, deshalb. Das war… Mache ich mal ein paar Termine, gucken wie das so geht und dann: ja, ja, ja, ja – okay!"
Tochter: "So schnell geht das!"
Gregor: "Ich habe ich das Gefühl, dass ein Druck irgendwie auf dem Markt ist, dass alle durchdrehen!"
Tochter: "Ist es auch, ja!"
Gregor: "Bin ich sehr überrascht. Aber das ist ja für mich ein Vorteil."
Tochter: "Ja, auf jeden Fall! Die Qual der Wahl."
Gregor: "Also, die war sehr, sehr nett und ich kann mir das gut vorstellen, dass die das werden, also genau das, was ich gesucht habe: Jemand, der hier wohnen will, den das freut, dass er hier einziehen kann! Der das irgendwie zu schätzen weiß, was so die Wohnung hat. Aber ich muss noch mal eine Nacht drüber schlafen. Aber super! Ich weiß, dass es einer von den Fünf wird."
Gregor sagt die Termine für die zweite Besichtigungsrunde am nächsten Wochenende allesamt ab und bittet die fünf Interessenten, ihm möglichst bald einen Nachweis über ihre Zahlungsfähigkeit zu schicken.
"Ich könnte die Wohnung fünf Mal verkaufen. Es ist verrückt, oder? Und so wie ich das heute sehe, wäre die Wohnung auch noch für mehr Geld weggegangen. Und das ist eine unvorstellbare Summe für mich! Also 249.000 Euro für diese Wohnungsgröße mit einem Preis von über 5000 Euro pro Quadratmeter – nicht in einer 1-A-Lage in Berlin Alexanderplatz oder Kurfürstendamm, sondern im Szenekiez, ja, hätte ich nie gedacht! Also ich wäre zwischen 3000 und 4000 schon froh gewesen."
Und nur einer wollte den Preis nach unten handeln. Alle anderen haben ihn nicht mal angesprochen. Und manche waren nur wenige Minuten da.
"Das hätte ich von Anfang an gedacht, dass die mindestens zwei, drei Mal kommen, um sie bei verschiedenen Tageslicht zu sehen, wie ihre Stimmung ist, ich wäre auf jeden Fall so, ich würde… Das ist so eine Riesenentscheidung, aber es scheint nicht so zu sein für viele, das überrascht mich! Die kommen und sagen: Ja, nehme ich."

Makler: Gelistete Kunden stehen Schlange

Gregor ist neugierig. Mehr als 30 Makler haben sich inzwischen auf seine Anzeige "von privat" bei ihm gemeldet. Deshalb bitter er zwei Tage nach der Besichtigungsrunde einige Makler in die Wohnung.
Makler S.: "Erstes Empfinden ist: tolle Wohnung! Schön, dass sie renoviert ist, schön, dass sie leer ist, verkauft sich immer besser als eine vermietete Wohnung, sehr schön gemacht, sofort ansprechbar und sofort bezugsfähig, man stellt seine Möbel rein und kann im Prinzip sofort loslegen. Wir haben sehr viele gelistete Kunden, denen wir es anbieten können – Riesenvorteil gegenüber dem Markt. Wir haben also beispielsweise hier in der Straße eine Wohnung verkauft, dann gibt es 100 Interessenten, aber nur einer kann sie bekommen, bleiben 99 auf der Strecke und denen würden wir im nächsten Zug die nächste Wohnung anbieten. Deshalb sind wir immer auf der Suche nach neuen Wohnungen und es wird jetzt keinen Preis von mir geben. Wir werden das diskutieren im Kreise der Kollegen, werden einen Marktpreis finden, den wir für marktgerecht halten und der eine Vertriebszeit vorsieht, die so bei einem Viertel- bis halben Jahr liegt."
Mail: "Lieber Gregor S., ich möchte die Wohnung sehr gern kaufen. Die Wohnung ist so charmant und ich kann mir sehr gut vorstellen, darin zu wohnen. Zurzeit wohne ich noch in Hamburg, habe aber, nachdem ich diesen Sommer zwei Monate von Berlin aus gearbeitet habe, entschieden, dass ich mittelfristig nach Berlin ziehen möchte. Herzliche Grüße Julia W. "

Die Profis halten Gregors Preis für nicht erzielbar

Makler B.: "Also, die Wohnung hat schon Charme, auf jeden Fall. Wir haben ja auch hier noch Stuckelemente. Allerdings muss man hier natürlich auch noch was investieren. Der Dielenboden ist jetzt nicht mehr so gut in Schuss, dass man sagt, den muss man nicht anfassen! Man muss den schon abziehen, ölen."
Mail: "Lieber Herr Gregor S., besten Dank für den Link zu den Protokollen und Abrechnungen!
Könnten Sie die Teilungserklärung freundlicherweise noch einmal als PDF übersenden? Gibt es zu den Fahrstuhlkosten auch etwas Schriftliches? Wir finden die Wohnung klasse. Ich melde mich bei Ihnen. Einen schönen Abend noch. Viele Grüße von Familie R."
Makler B.: "Sie haben jetzt einen Preis gesehen von der Wohnung drüben online für 199.000. Das ist der Preis, der im Kopf ist von jedem, der die Wohnung online gesehen hat, dass die aber beurkundet wurde für 20.000 Euro weniger, weiß ja keiner. Das heißt, man orientiert sich an etwas, was eigentlich manchmal nur Schein ist, nicht Sein. Und deswegen gibt es ja unsere Berufsgruppe einfach. Ich habe überhaupt Null Interesse an einem schnellen Geschäft, ja, mein Kühlschrank ist voll bis Ende nächsten Jahres. Ich habe damit keine Probleme, ich bin aber in dem Punkt Realist: Ich glaube nicht, dass wir 249.000 Euro hier umsetzen könnten, egal wie stark unsere Firma im Marketing ist, sondern dass man hier zwischen 200.000 und 210.000 Euro realistisch beurkunden könnte."
Mail: "Lieber Gregor S., ich rede schrecklich ungern über Geld – aber hier ist es natürlich notwendig. Anbei die Aufstellung meines Barvermögens als PDF: Auszüge von vier Konten & Screenshots laufender Transaktionen auf mein Konto. Da Ihr Wohnungsangebot quasi vom Himmel fiel, musste ich jetzt geliehenes Geld schnell zurückfordern sowie meine Mutter um ein Darlehen bitten. Herzliche Grüße aus Hamburg, Julia W."
Makler Maxim: "Wir erhalten gerade etliche Anfragen von Franzosen, die in Friedrichshain eine Wohnung kaufen wollen: von einem Schauspieler oder einem jungen Mann, der für seinen ersten Job nach Berlin kommt. Friedrichshain scheint bei Franzosen gerade sehr beliebt zu sein."
Schon morgen könnte sich einer seiner Kunden die Wohnung ansehen.
"Der Kunde kommt morgen nach Berlin und will sich nur Wohnungen in Friedrichshain anschauen, weil er hier schon zwei Wohnungen besitzt, nicht weit weg von hier, am Boxhagener Platz. Er möchte gerne eine sonnige Wohnung und sie sollte in der gleichen Gegend sein wie die anderen."
Mail: "Sehr geehrter Herr Gregor S., ich möchte Ihre Wohnung zum angebotenen Kaufpreis von 249.000 Euro gerne erwerben und bin im Weiteren gerne gesprächsbereit. Eine Liquiditätsbescheinigung ist beigefügt. Mit freundlichen Grüßen Familie R."
Mail: "Lieber Gregor S., Ich weiß und ich kann es verstehen, dass Sie sich bis zum Wochenende Zeit mit Ihrer Entscheidung lassen wollen. Ich stelle nur fest, dass ich dauernd an die Wohnung denke, weil ich schon beim Betreten das Gefühl hatte, mich dort wohl zu fühlen. Falls ich noch etwas tun kann, um meine Chancen zu erhöhen, sagen Sie bitte Bescheid. Natürlich kann ich auch an dem Wochenende noch einmal nach Berlin kommen. Herzliche Grüße aus Hamburg, Julia W."

Drei Kandidaten bleiben im Rennen

Es ist Donnerstag, der vierte Tag nach den Besichtigungen. Morgen will sich Gregor entscheiden, an wen er seine Wohnung verkauft. Abgesagt hat der Schriftsteller: Der Preis sei ihm zu hoch. Und abgesagt haben auch die Eltern mit dem Sohn, der Fotographie studiert. Er wolle lieber in seinem Kiez in Kreuzberg bleiben.
Gregor ist seinerseits nicht auf das Angebot des Mannes eingegangen, der ihm ein Kaufangebot über 225.000 Euro gemacht hat, weil er noch Geld in neue Fenster, Boden und Heizung stecken müsste. Und er hat dem Pärchen aus Kapstadt abgesagt, weil er vermutet, dass sie die Wohnung nur übergangsweise bewohnen werden, da sie jobmäßig wohl bald wieder in eine andere Stadt ziehen. Also bleiben noch die Hamburgerin, die Familie R. mit der Tochter aus dem Wedding und der Nachbar.
Blick in ein leergeräumtes Zimmer
Wer bekommt die Wohnung? - Gregor S. muss sich entscheiden.© Klaus Schirmer
Es ist Freitagnachmittag. Gregor fährt noch einmal zur Wohnung, um sich mit Neil zu treffen.
"Neil: "Ja, ich wollte noch mal sehen, also gute Nachrichten für dich!"
Gregor: "Ja."
Neil: "Du hattest Recht gehabt, also, ich habe falsch getippt, eigentlich."
Gregor: "Ich habe jetzt vier feste Zusagen mit Solvenznachweis auch."
Neil: "Du hast nur meine Wörter! Aber mein Wort ist gut! Ja, mein Papierkram liegt in England."
Gregor: "Erstmal müsste ich dann wissen, ob du das dann auch bezahlen könntest."
Neil: Ja, ich kann das! Was ist dein Deadline sozusagen?"
Gregor: "Ich möchte es gerne zügig und unkompliziert haben!"
Neil: "Unkompliziert kann ich anbieten und was heißt schnell bei dir? Und was heißt schnell bei mir?"
Gregor: "Dass es vielleicht in vier Wochen erledigt ist."
Neil: "Das heißt, ich muss nach England fliegen."
Gregor: "Das musst du ja so oder so dann machen, denke ich, oder?"
Neil: "Aber ich muss ein oder zwei Mal hinfliegen. Ich muss erst das Geld von drei Banken in eine Bank zahlen und dann von dieser einen Bank hier rüber machen. Ich kann probieren, das schneller zu machen."

Schwere Entscheidung löst Emotionen aus

Zwei Stunden später, es ist Freitagabend. Gregor bekommt Besuch von seinem Freund Stefan, dem Bauingenieur und Energieberater, der ihn bis hierhin unterstützt hat. Gregor will sich heute noch entscheiden, an wen er die Wohnung verkauft.
Gregor: "Für die Entscheidung hatte ich für mich gesagt: Wer ist mir spontan am sympathischsten? Oder bei wem kann ich mir das gut vorstellen, dass er da wohnt in der Wohnung und ich mich freue darüber. Und da war es dann irgendwann die Hamburgerin, weil die einfach ein interessanter Mensch ist und irgendwie eine sehr sympathische, offene Art hatte aufzutreten. Während die Familie aus Wedding: Die war auch angenehm, aber die waren auch irgendwie ein bisschen anstrengend für mich. Vom Fahrstuhl hätte sie auch gerne noch das Dokument oder den Vertrag und die hat sozusagen auch Stress in mir immer ausgelöst, durch Fragen und so, das ist okay, positiv."
Stefan: "Aber eigentlich ist das ja okay, richtig."
Gregor: "Sie hat sich sehr gekümmert und so, während die andere in Hamburg: einfach, ja! Es ist ganz toll und alles ist super schön!"
Gregor: "Als ich heute hin gefahren bin, war ich mir eigentlich klar, dass das die Hamburgerin sein wird. Dann rief genau in dem Moment, als wir auf dem Parkplatz ankommen und aussteigen, rief die Weddinger Familie an und hat noch mal… Ob es denn noch andere Summen gibt und dann habe ich gesagt: Nein, das mache ich nicht! Und dann treffe ich den Nachbarn, der mir eine Stunde auch erzählt, was wie ist und warum und weshalb. Das ist anstrengend!"
Für den Nachbarn wäre der Wanddurchbruch zu Gregors Wohnung eine einmalige Chance. Er könnte seine 90-Quadratmeter-Wohnung vergrößern, seine kranke Mutter nach Berlin holen, sie für seinen sechsjährigen Sohn später nutzen.
Gregor: "Das löst in mir große Gefühle aus, weil eigentlich, glaub ich, emotional würde ich gerne die Hamburgerin nehmen. Ich weiß aber, dass der Nachbar, dass das ihn ganz schön tangiert dann, sodass das, was er sich vorgestellt hat, nicht geht dadurch. Und das macht mich schon… Denk ich: uff! Aber ich will auch nicht zur Psychoberatung gehen, um eine Wohnung zu verkaufen."

249.000 Euro – wer bietet mehr?

Stefan: "Ja! Bieterverfahren! Wirklich dann Bieterverfahren!"
Gregor: "Irgendwie abstrus!"
Stefan: "Dann musst du sagen: Du kannst dich nicht entscheiden! Ja, weil du kannst jetzt, du willst, du fühlst dich scheiße, wenn du dem einen zusagst, dem anderen absagst und deswegen lässt du Geld entscheiden."
Gregor: "Klar! Das geht mir auch durch den Kopf, sollen die sich streiten und sagen, wer der Gewinner ist, zu welchem Preis! Gut! Habe ich nur Vorteil, aber da fühle ich mich nicht wohl! Oder dann habe ich das Gefühl: Ich bin ein richtiger Arsch."
Stefan: "Du weißt nicht, wie der Leidensdruck ist, und du weißt nicht, was da an Geld in der Hinterhand ist, und wenn einer sagt: Ich will diese Wohnung! Ich will hierher! Und mein Gott, klar! Ist zu teuer, aber ich kann da noch mal 50.000 drauf packen! Dann machen die das. 20.000 packt bestimmt einer drauf."
Gregor: "Echt?"
Stefan: "Ja, locker! Also, so wie das jetzt läuft, machst du noch mal eine Nummer größer, schreibst alle noch mal an und sagst: Ne, kannst dich nicht entscheiden, gleichwertig und du willst das Geld entscheiden lassen, auch aus deiner Lebenssituation heraus. Macht mir noch mal ein Angebot! Dann springen alle ab. Jetzt kommen wieder unsere Ängste! Nein, weiß ich nicht."
Gregor: "Das muss ich mir noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Da ist ja der Skiurlaub die nächsten drei Jahre gesichert! Ich schlafe heute Nacht drüber und morgen früh weiß ich, was ich mache."

Die Entscheidung

Mail von Gregor: "Liebe Frau Julia W., ich kann Sie mir ebenfalls gut in meiner Wohnung vorstellen und möchte Ihnen mitteilen, dass ich mich für Sie entschieden habe. Herzlichen Glückwunsch! Am Montag werde ich Kontakt mit der Notarin aufnehmen. Bitte teilen Sie mir Ihre Telefonnummer mit, dann können wir unkompliziert kommunizieren. Herzliche Grüße nach Hamburg! Gregor S."
Mail von Julia W.: "Oh - wie schön! ich habe nicht an mein Glück geglaubt! Rufen sie gern tagsüber im Büro an. Ich bin allein im Büro. Ich gehe jetzt feiern! Herzliche Grüße, Julia W."
Eine vergleichbare Wohnung im Haus gegenüber wird fast gleichzeitig verkauft: für 60.000 Euro weniger als Gregors Wohnung. Und sie geht an einen gelisteten Kunden des Maklers.
Makler B.: "Ich habe ja gegenüber eine Wohnung verkauft, ja, hat eine Familie gekauft für ihre Familie, die aus Italien kommen, ja, und die mal zu Besuch hier sind, das ist so eine Art Ferienwohnung dann für die und wird auch so eingerichtet, damit die Familie aus Italien auch mal Platz findet hier, ohne den dann sozusagen immer Platz im eigenen Haus anbieten zu müssen."
Autor: "Das heißt, die sind schon versorgt?"
Makler: "Ja, genau! Die sind schon versorgt! Ja, ja. Die hatten schon zwei weitere Wohnungen hier in Berlin, ja."

Autor: Klaus Schirmer
Regie: Giuseppe Maio
Ton: Jan Fraune
Redaktion: Constanze Lehmann
Es sprachen: Meike Rötzer und Mirko Böttcher

Erstsendedatum: 18. März 2019
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