Vergnügungspark für Bienen
In Gehlberg im Thüringer Wald befindet sich Deutschlands älteste "Belegstelle", eine Begattungsanstalt für Bienen. Hier können Imker ihre Bienen-Königinnen mit besonderen Drohnen paaren, um ihre Völker auf Höchstleistung zu trimmen und ihre Abwehrkräfte gegen die Varroamilbe zu stärken.
In Gehlberg im Thüringer Wald befindet sich Deutschlands älteste Belegstelle. Hier können Imker ihre Bienen-Königinnen mit besonderen Drohnen verpaaren - um ihre Völker auf Hochleistung zu trimmen
"Vielleicht noch einen kleinen Spruch vorne weg: Wenn hier dich eine Biene sticht, gehe fort und schimpfe nicht. Bedenke nur dass du es bist, der hier störend im Wege ist.”"
Gerhard Völlger steht auf einer kleinen Wiese mitten im Thüringer Wald. Der Leiter der sogenannten Belegstelle, einer Begattungsanstalt für Bienen, trägt einen grünen Kittel, der über seinem Bauch spannt. Auf der Rückseite leuchtet eine Biene mit großem Herz.
""Wir sind hier auf Belegstelle in Gehlberg, das ist die älteste Belegstelle in Deutschland."
Im Gras stehen rote, gelbe, blaue Holzkisten, die jeweils in Brusthöhe an einem Pfeiler befestigt sind und an Briefkästen erinnern. Insgesamt 400 dieser Holzkasten-Appartements sind hier verteilt. Darin wohnen bis zu 1500 Bienen-Königinnen pro Jahr mitsamt ihrer Gefolgschaft. Sie kommen als Gäste, werden von den Imkern gebracht und sollen von möglichst potenten Drohnen begattet werden.
"Aber jetzt können wir mal Königinnen angucken. Wir sind übrigens die einzige Belegstelle die auch Mehrwabenkästchen annehmen, das ist einfach nur dem geschuldet, weil es da schwieriger ist nachzugucken: War unsere Begattung erfolgreich oder war unsere Begattung nicht erfolgreich - also nicht unsere, sondern die der Drohnen meine ich natürlich. Gut, gehen wir mal drüber."
Belegstellenleiter Völlger öffnet die gelb angemalte Holzklappe von einem der Kästen.
"Gucken wir mal hier rein."
Ein paar Dutzend Bienen laufen im Inneren des Kastens aufgeregt hin und her. Völlgers geschulter Blick erkennt sofort, dass irgendetwas nicht stimmt.
"Da sehe ich schon, die laufen ziemlich unruhig hin und her. Die sind nervös. Das bedeutet, die haben wahrscheinlich gar keine Königin. Und die hört man dann auch - die heulen dann so.”"
Die Königin ist von ihrem Hochzeitsflug nicht zurückgekehrt. Warum ist unklar. Im roten Nachbarkasten ist die Welt dagegen in Ordnung. Völlger öffnet den Deckel und schaut hinein.
""Sehen sie, die sitzen schon ganz anders. Die sind auch nicht so nervös. Ein dunkleres Brummen, die sind mit sich zufrieden. Die Volksstimmung ist gut. Da läuft die Königin, sehen sie?”"
Das Oberhaupt des Bienenvolks ist von einem Pulk Arbeiterinnen umringt. Auf dem Rücken trägt sie einen gelben Markierungspunkt. Sie ist aber auch an ihrer Größe gut zu erkennen - ihr Hinterleib ist etwa doppelt so lang wie der normaler Bienen. Ihre Ankunft im Stock kündigen sie durch ein Warngeräusch an.
""Wenn jetzt Königinnen schlüpfen, dann tuten und quaken die so. So ‚uhuhu‘ das hört man dann richtig. Auch wenn die noch in so ner Weißelzelle drin sind. Warten Sie mal - ich habe doch irgendwo ne geschlüpfte gesehen. Ich glaub das war sogar hier."
Nach dem Schlupf gehen die Oberhäupter mit der Stammbelegschaft des Bienenhotels auf Hochzeitsflug. Es sind Drohnen, die dauerhaft hier wohnen. Sie leben in Bienenvölkern, die von der Belegstelle aufgestellt wurden. An den Nachmittagen fliegen diese Männchen zu einem sogenannten Drohnensammelplatz, der etwa 500 Meter von der Belegstelle entfernt liegt. Etwa 10.000 Drohnen versammeln sich dort und werben um die Gunst der Weibchen.
"Hier werden praktisch die Jungfrauen, also die jungfräulichen Königinnen her gebracht und die werden hier den Drohnen vorgeführt zur Begattung. Aber es beruht ja auf Gegenseitigkeit."
Beim Hochzeitsflug übertragen die männlichen Bienen ihre Samen auf die Königin. Die erfolgreichen Drohnen sterben kurz nach der Paarung, spätestens im August müssen auch ihre Geschlechtsgenossen dran glauben - es kommt zur sogenannten Drohnenschlacht, bei der die Männchen aus dem Stock geworfen werden. Die Königin hat auf ihren Hochzeitsflügen genügend Samen gesammelt, um Zeit ihres Lebens damit die Eier befruchten zu können. Im Kasten, den Völlger nun öffnet, ist das Oberhaupt schon fleißig dabei, ein neues Volk zu gründen.
"Wenn man hier in die Zellen reinguckt, sind so ganz kleine weiße Stiftchen drin. Das sind die Eier. Also diese Königin hat schon Erfolg gehabt.”"
Auf der Belegstelle geht es aber nicht nur darum, die Honigleistung der Bienenvölker zu verbessern. Die Bestäuber sollen auch resistenter gegen die Varroamilbe werden. Dieser Parasit schädigt die Immen und macht sie anfälliger für Krankheiten. Deshalb wird die Varroamilbe für das weltweite Bienensterben mit verantwortlich gemacht.
""Hier wurde praktisch früher ausgelesen auf Sanftmut und Honigleistung. Und 2005 hat man damit angefangen: Wir müssen das Kriterium Varroamilbe mit dazu nehmen. Wir müssen es züchterisch schaffen, dass wir mit der Milbe klar kommen."
Mit einem speziellen Zuchtprogramm wählen Hobby-Imker Bienenvölker aus, die mit der Varroamilbe gut zurechtkommen. Nur die Drohnen aus den tolerantesten Völkern dürfen mit den gastierenden Königinnen auf Hochzeitsflug gehen.
"Wer sich da hervorgetan hat kommt noch in einen Überlebenstest: Die müssen ein Volk aufgebaut haben, müssen komplett überwintern ohne Behandlung und im nächsten Jahr nochmal ein Volk wieder aufbauen. Und aus der Königin, deren Geschwister, die kommen nachher hierher und werden als Vatervölker aufgebaut."
Dabei arbeiten die Hobby-Bienenforscher auch mit Vollzeit-Wissenschaftlern zusammen. Mit dem Bieneninstitut im hessischen Kirchhain beispielsweise. Denn an dem Wohlergehen dieser Nützlinge sind nicht nur Imker interessiert: Würden die Bienen als Bestäuber wegfallen, hätte auch die Landwirtschaft ein ernsthaftes Problem.
"Nichts gegen die Hummel, aber bis zu 80 Prozent der Arbeit bleibt immer noch bei der Honigbiene. Deswegen betreiben wir die Zucht hier. Wie es schon über dem Eingang steht: ‚Willst du der Heimat Nutzen bringen, betreibe gut die Zucht der Immen.‘"
"Vielleicht noch einen kleinen Spruch vorne weg: Wenn hier dich eine Biene sticht, gehe fort und schimpfe nicht. Bedenke nur dass du es bist, der hier störend im Wege ist.”"
Gerhard Völlger steht auf einer kleinen Wiese mitten im Thüringer Wald. Der Leiter der sogenannten Belegstelle, einer Begattungsanstalt für Bienen, trägt einen grünen Kittel, der über seinem Bauch spannt. Auf der Rückseite leuchtet eine Biene mit großem Herz.
""Wir sind hier auf Belegstelle in Gehlberg, das ist die älteste Belegstelle in Deutschland."
Im Gras stehen rote, gelbe, blaue Holzkisten, die jeweils in Brusthöhe an einem Pfeiler befestigt sind und an Briefkästen erinnern. Insgesamt 400 dieser Holzkasten-Appartements sind hier verteilt. Darin wohnen bis zu 1500 Bienen-Königinnen pro Jahr mitsamt ihrer Gefolgschaft. Sie kommen als Gäste, werden von den Imkern gebracht und sollen von möglichst potenten Drohnen begattet werden.
"Aber jetzt können wir mal Königinnen angucken. Wir sind übrigens die einzige Belegstelle die auch Mehrwabenkästchen annehmen, das ist einfach nur dem geschuldet, weil es da schwieriger ist nachzugucken: War unsere Begattung erfolgreich oder war unsere Begattung nicht erfolgreich - also nicht unsere, sondern die der Drohnen meine ich natürlich. Gut, gehen wir mal drüber."
Belegstellenleiter Völlger öffnet die gelb angemalte Holzklappe von einem der Kästen.
"Gucken wir mal hier rein."
Ein paar Dutzend Bienen laufen im Inneren des Kastens aufgeregt hin und her. Völlgers geschulter Blick erkennt sofort, dass irgendetwas nicht stimmt.
"Da sehe ich schon, die laufen ziemlich unruhig hin und her. Die sind nervös. Das bedeutet, die haben wahrscheinlich gar keine Königin. Und die hört man dann auch - die heulen dann so.”"
Die Königin ist von ihrem Hochzeitsflug nicht zurückgekehrt. Warum ist unklar. Im roten Nachbarkasten ist die Welt dagegen in Ordnung. Völlger öffnet den Deckel und schaut hinein.
""Sehen sie, die sitzen schon ganz anders. Die sind auch nicht so nervös. Ein dunkleres Brummen, die sind mit sich zufrieden. Die Volksstimmung ist gut. Da läuft die Königin, sehen sie?”"
Das Oberhaupt des Bienenvolks ist von einem Pulk Arbeiterinnen umringt. Auf dem Rücken trägt sie einen gelben Markierungspunkt. Sie ist aber auch an ihrer Größe gut zu erkennen - ihr Hinterleib ist etwa doppelt so lang wie der normaler Bienen. Ihre Ankunft im Stock kündigen sie durch ein Warngeräusch an.
""Wenn jetzt Königinnen schlüpfen, dann tuten und quaken die so. So ‚uhuhu‘ das hört man dann richtig. Auch wenn die noch in so ner Weißelzelle drin sind. Warten Sie mal - ich habe doch irgendwo ne geschlüpfte gesehen. Ich glaub das war sogar hier."
Nach dem Schlupf gehen die Oberhäupter mit der Stammbelegschaft des Bienenhotels auf Hochzeitsflug. Es sind Drohnen, die dauerhaft hier wohnen. Sie leben in Bienenvölkern, die von der Belegstelle aufgestellt wurden. An den Nachmittagen fliegen diese Männchen zu einem sogenannten Drohnensammelplatz, der etwa 500 Meter von der Belegstelle entfernt liegt. Etwa 10.000 Drohnen versammeln sich dort und werben um die Gunst der Weibchen.
"Hier werden praktisch die Jungfrauen, also die jungfräulichen Königinnen her gebracht und die werden hier den Drohnen vorgeführt zur Begattung. Aber es beruht ja auf Gegenseitigkeit."
Beim Hochzeitsflug übertragen die männlichen Bienen ihre Samen auf die Königin. Die erfolgreichen Drohnen sterben kurz nach der Paarung, spätestens im August müssen auch ihre Geschlechtsgenossen dran glauben - es kommt zur sogenannten Drohnenschlacht, bei der die Männchen aus dem Stock geworfen werden. Die Königin hat auf ihren Hochzeitsflügen genügend Samen gesammelt, um Zeit ihres Lebens damit die Eier befruchten zu können. Im Kasten, den Völlger nun öffnet, ist das Oberhaupt schon fleißig dabei, ein neues Volk zu gründen.
"Wenn man hier in die Zellen reinguckt, sind so ganz kleine weiße Stiftchen drin. Das sind die Eier. Also diese Königin hat schon Erfolg gehabt.”"
Auf der Belegstelle geht es aber nicht nur darum, die Honigleistung der Bienenvölker zu verbessern. Die Bestäuber sollen auch resistenter gegen die Varroamilbe werden. Dieser Parasit schädigt die Immen und macht sie anfälliger für Krankheiten. Deshalb wird die Varroamilbe für das weltweite Bienensterben mit verantwortlich gemacht.
""Hier wurde praktisch früher ausgelesen auf Sanftmut und Honigleistung. Und 2005 hat man damit angefangen: Wir müssen das Kriterium Varroamilbe mit dazu nehmen. Wir müssen es züchterisch schaffen, dass wir mit der Milbe klar kommen."
Mit einem speziellen Zuchtprogramm wählen Hobby-Imker Bienenvölker aus, die mit der Varroamilbe gut zurechtkommen. Nur die Drohnen aus den tolerantesten Völkern dürfen mit den gastierenden Königinnen auf Hochzeitsflug gehen.
"Wer sich da hervorgetan hat kommt noch in einen Überlebenstest: Die müssen ein Volk aufgebaut haben, müssen komplett überwintern ohne Behandlung und im nächsten Jahr nochmal ein Volk wieder aufbauen. Und aus der Königin, deren Geschwister, die kommen nachher hierher und werden als Vatervölker aufgebaut."
Dabei arbeiten die Hobby-Bienenforscher auch mit Vollzeit-Wissenschaftlern zusammen. Mit dem Bieneninstitut im hessischen Kirchhain beispielsweise. Denn an dem Wohlergehen dieser Nützlinge sind nicht nur Imker interessiert: Würden die Bienen als Bestäuber wegfallen, hätte auch die Landwirtschaft ein ernsthaftes Problem.
"Nichts gegen die Hummel, aber bis zu 80 Prozent der Arbeit bleibt immer noch bei der Honigbiene. Deswegen betreiben wir die Zucht hier. Wie es schon über dem Eingang steht: ‚Willst du der Heimat Nutzen bringen, betreibe gut die Zucht der Immen.‘"