Vergifteter Weichkäse
Einige Länder haben den Import von Büffel-Mozzarella aus Italien verboten. Der Grund: In zahlreiche Büffelherden sind Fälle von Brucellose aufgetreten, einer Krankheit, die durch Dioxin ausgelöst wird.
Anlass: Dioxin in Büffelmilch. Aus dieser Milch wird in Süditalien traditionell der echte Mozzarella hergestellt. Inzwischen haben mehrere Staaten den Import beziehungsweise den Verkauf der Spezialität aber verboten.
Wie kömmt es? Ausgangspunkt waren die Müllberge in Neapel. Wird das Zeug irgendwo in der Landschaft verbrannt, gelangen vermehrt Dioxine auf die Äcker und Weideflächen. Wenn man dort die Büffel grasen lässt, tauchen die Stoffe in ihrer Milch wieder auf. In der Tat sind die Gehalte ein wenig erhöht. Das hat die Italiener aber eher weniger gestört. Erst als sie Bilder zu sehen bekamen, auf denen sich die Tiere durch wilde Mülldeponien fraßen, verging auch ihnen der Appetit.
Ist das riskant? Wenn die offiziellen Angaben der Italiener zur Dioxinbelastung stimmen, eher weniger. Da es hier um viel Geld geht, bin ich bei den offiziellen Zahlen ein wenig skeptisch. Allerdings sollten wir dabei nicht vergessen, dass das "Dioxin" eher ein Symbol für ein sogenanntes "Ultra-Gift" ist. Die einzelnen Tierarten reagieren ziemlich unterschiedlich auf diese Stoffgruppe. Der Mensch scheint glücklicherweise zu unempfindlicheren Spezies zu gehören. Insofern sehe ich das ziemlich gelassen, auf jeden Fall gelassener als die zahlreichen Fälle von Brucellose bei den Büffeln.
Was ist Brucellose? Das ist eine Krankheit, die unter den süditalienischen Büffelherden grassiert. In nächster Zeit sollen deshalb über 30.000 infizierte Tiere geschlachtet werden. Aber die italienische Presse hat schon darauf hingewiesen, dass die Mozzarella-Produktion von der Camorra kontrolliert wird. Die werden wohl versuchen, die Tiere möglichst lang am Leben zu lassen und sich lieber um die versprochenen Entschädigungen für die geschlachteten Tiere konzentrieren. Papier ist geduldig. Es heißt sogar, dass Büffelhaltern, die sich weigerten ihr Schutzgeld zu bezahlen, gedroht wurde, ihre Tiere mit Brucella zu infizieren.
Ist Mozzarella von kranken Büffeln auch für den Verbraucher riskant? Ja. Die Brucellose ist eine auf den Menschen übertragbare Krankheit. Überträger sind vor allem Schafe, Rinder und Büffel sowie unzureichend erhitzte Milchprodukte. Beim Mozzarella hängt es von der Verfahrenstechnik ab, ob Temperaturen erreicht werden, die die Erreger abtöten oder nicht. Typisch für eine Infektion beim Menschen ist Fieber, das über Monate und Jahre immer wieder auftritt. Weitere Symptome sind Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Gewichtsverlust. Befällt der Erreger das Herz, führt der Infekt unbehandelt oft zum Tod. Das Krankheitsbild ist ziemlich vielfältig, bei manchen Patienten kommt es zu neurologischen Problemen, wie Panikattacken oder Doppelsehen. Deshalb dauert es oft Monate bis die korrekte Diagnose gefunden ist.
Welche Rolle spielt dieser Erreger für uns? Unsere Bestände sind seit 1980 praktisch frei davon. Weltweit betrachtet ist die Brucellose aber eine der bedeutendsten Zoonosen, also weit wichtiger als Medienkrankheiten wie BSE. Deshalb gelangt der Erreger über Touristen und vor allem über Migranten aus dem Mittelmeerraum (Türkei, Italien, Balkan) zu uns. Und gelegentlich gibt es Infekte in den Labors bei den Kollegen, die mit dem Erreger arbeiten.
Würden Sie noch Mozzarella essen? Da müssen wir erst mal klären, was es da alles auf dem Markt gibt. Unser "Mozzarella" wird bekanntlich aus Kuhmilch hergestellt. Das ist unbedenklich, aber in meinen Augen natürlich kein echter Mozzarella. Den echten Mozzarella aus Büffelmilch gibt es in drei verschiedenen Herstellungsversionen. Bei der traditionellen Methode wird ein Teil der Molke der Vortagsproduktion zur Milch gegeben. Darin befindet sich etwas Säure sowie die nötigen Mikroorganismen – das funktioniert ähnlich wie beim Sauerteig. Dadurch erhält man einen aromatischen Käse. Heute werden jedoch lieber Pülverchen mit Starterkulturen zugesetzt. Der Geschmack ist flacher, die Produktion einfacher. Für das Schnellverfahren verzichtet man auf die Hilfe der Mikroben. Man kippt einfach Zitronensäure rein. Wie bei allen Lebensmitteln gibt’s auch hier viele Qualitätsunterschiede und Möglichkeiten für den Hersteller zu sparen. Das mag jeder halten wie er will. Grundbedingung zur Erzeugung von Lebensmitteln ist aber, dass die Tiere zum Zeitpunkt der Gewinnung des Lebensmittels gesund sind.
Literatur:
Al Dahouk S, et al: Changing epidemiology of human brucellosis, Germany, 1962–2005. Emerging Infectious Diseases 2007; 13: 1895-1900
Balsco JM, Diaz R: Brucella melitensis Rev-1 vaccine as a cause of human brucellosis. Lancet 1993; 34: 805
Schönau B: Büffel auf der Müllweide. Zeit 2008; 15: 27
Bylund G: Handbuch der Milch- und Molkereitechnik. Th. Mann, Gelsenkirchen 2003
Calandrelli M: Manual on the production of traditional buffalo mozzarella cheese. FAO ohne Jahr
Wie kömmt es? Ausgangspunkt waren die Müllberge in Neapel. Wird das Zeug irgendwo in der Landschaft verbrannt, gelangen vermehrt Dioxine auf die Äcker und Weideflächen. Wenn man dort die Büffel grasen lässt, tauchen die Stoffe in ihrer Milch wieder auf. In der Tat sind die Gehalte ein wenig erhöht. Das hat die Italiener aber eher weniger gestört. Erst als sie Bilder zu sehen bekamen, auf denen sich die Tiere durch wilde Mülldeponien fraßen, verging auch ihnen der Appetit.
Ist das riskant? Wenn die offiziellen Angaben der Italiener zur Dioxinbelastung stimmen, eher weniger. Da es hier um viel Geld geht, bin ich bei den offiziellen Zahlen ein wenig skeptisch. Allerdings sollten wir dabei nicht vergessen, dass das "Dioxin" eher ein Symbol für ein sogenanntes "Ultra-Gift" ist. Die einzelnen Tierarten reagieren ziemlich unterschiedlich auf diese Stoffgruppe. Der Mensch scheint glücklicherweise zu unempfindlicheren Spezies zu gehören. Insofern sehe ich das ziemlich gelassen, auf jeden Fall gelassener als die zahlreichen Fälle von Brucellose bei den Büffeln.
Was ist Brucellose? Das ist eine Krankheit, die unter den süditalienischen Büffelherden grassiert. In nächster Zeit sollen deshalb über 30.000 infizierte Tiere geschlachtet werden. Aber die italienische Presse hat schon darauf hingewiesen, dass die Mozzarella-Produktion von der Camorra kontrolliert wird. Die werden wohl versuchen, die Tiere möglichst lang am Leben zu lassen und sich lieber um die versprochenen Entschädigungen für die geschlachteten Tiere konzentrieren. Papier ist geduldig. Es heißt sogar, dass Büffelhaltern, die sich weigerten ihr Schutzgeld zu bezahlen, gedroht wurde, ihre Tiere mit Brucella zu infizieren.
Ist Mozzarella von kranken Büffeln auch für den Verbraucher riskant? Ja. Die Brucellose ist eine auf den Menschen übertragbare Krankheit. Überträger sind vor allem Schafe, Rinder und Büffel sowie unzureichend erhitzte Milchprodukte. Beim Mozzarella hängt es von der Verfahrenstechnik ab, ob Temperaturen erreicht werden, die die Erreger abtöten oder nicht. Typisch für eine Infektion beim Menschen ist Fieber, das über Monate und Jahre immer wieder auftritt. Weitere Symptome sind Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Gewichtsverlust. Befällt der Erreger das Herz, führt der Infekt unbehandelt oft zum Tod. Das Krankheitsbild ist ziemlich vielfältig, bei manchen Patienten kommt es zu neurologischen Problemen, wie Panikattacken oder Doppelsehen. Deshalb dauert es oft Monate bis die korrekte Diagnose gefunden ist.
Welche Rolle spielt dieser Erreger für uns? Unsere Bestände sind seit 1980 praktisch frei davon. Weltweit betrachtet ist die Brucellose aber eine der bedeutendsten Zoonosen, also weit wichtiger als Medienkrankheiten wie BSE. Deshalb gelangt der Erreger über Touristen und vor allem über Migranten aus dem Mittelmeerraum (Türkei, Italien, Balkan) zu uns. Und gelegentlich gibt es Infekte in den Labors bei den Kollegen, die mit dem Erreger arbeiten.
Würden Sie noch Mozzarella essen? Da müssen wir erst mal klären, was es da alles auf dem Markt gibt. Unser "Mozzarella" wird bekanntlich aus Kuhmilch hergestellt. Das ist unbedenklich, aber in meinen Augen natürlich kein echter Mozzarella. Den echten Mozzarella aus Büffelmilch gibt es in drei verschiedenen Herstellungsversionen. Bei der traditionellen Methode wird ein Teil der Molke der Vortagsproduktion zur Milch gegeben. Darin befindet sich etwas Säure sowie die nötigen Mikroorganismen – das funktioniert ähnlich wie beim Sauerteig. Dadurch erhält man einen aromatischen Käse. Heute werden jedoch lieber Pülverchen mit Starterkulturen zugesetzt. Der Geschmack ist flacher, die Produktion einfacher. Für das Schnellverfahren verzichtet man auf die Hilfe der Mikroben. Man kippt einfach Zitronensäure rein. Wie bei allen Lebensmitteln gibt’s auch hier viele Qualitätsunterschiede und Möglichkeiten für den Hersteller zu sparen. Das mag jeder halten wie er will. Grundbedingung zur Erzeugung von Lebensmitteln ist aber, dass die Tiere zum Zeitpunkt der Gewinnung des Lebensmittels gesund sind.
Literatur:
Al Dahouk S, et al: Changing epidemiology of human brucellosis, Germany, 1962–2005. Emerging Infectious Diseases 2007; 13: 1895-1900
Balsco JM, Diaz R: Brucella melitensis Rev-1 vaccine as a cause of human brucellosis. Lancet 1993; 34: 805
Schönau B: Büffel auf der Müllweide. Zeit 2008; 15: 27
Bylund G: Handbuch der Milch- und Molkereitechnik. Th. Mann, Gelsenkirchen 2003
Calandrelli M: Manual on the production of traditional buffalo mozzarella cheese. FAO ohne Jahr