Vergessene Autoren
Vor 75 Jahren verbrannten nationalsozialistische Studenten in mehreren deutschen Städten die Werke unliebsamer Schriftsteller. Es war eine mit großem Aufwand inszenierte Propaganda-Aktion, die einherging mit einer breit angelegten Vertreibung von Juden, Kommunisten und Demokraten aus den Hochschulen des Dritten Reichs.
75 Jahre nach der Bücherverbrennung fanden sich heute Nachmittag am Ort des Geschehens rund 150 Menschen ein. Auf dem Bebelplatz saßen sie in sengender Sonne auf schmalen Bänken und blickten auf eine Bühne. Deren Hinterwand bildete ein großes Schwarz-Weiß-Foto. Es zeigte die Flammen, in denen die Werke von Bert Brecht, Franz Kafka, Heinrich Heine und vielen anderen am 10. Mai 1933 vernichtet wurden.
Die Melodie, die Kantorin Avitall Gerstätter von der Berliner jüdischen Gemeinde intonierte, erinnerte daran, dass die Bücherverbrennung auch ein Auftakt war für die Schoah.
Unterstützt wurde die Veranstaltung vom spanischen Kultusministerium. Die Bücherverbrennung sei eine Mahnung für jede Kulturnation, sagte Kulturattaché Guillermo Corral zum Auftakt des Gedenkens. Und sie beschwöre ein Unrecht, das auch heute noch existiert.
"Wir selbst haben miterleben müssen in der jüngsten Vergangenheit, dass die Bibliothek von Sarajewo brannte und die von Bagdad ebenso geplündert wurde und auch zerstört. Das bedeutet, dass auf die eine oder andere Weise all diese schrecklichen Ereignisse immer der gleichen verrückten Logik folgen; dies zeigt erneut, dass Heine leider recht hatte: Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen."
In Vorträgen, Podiumsdiskussionen, musikalischen Darbietungen und Lesungen wurde auf dem Bebelplatz den gesamten Tag über an die Bücherverbrennung erinnert. Die Humboldt-Universität sei dabei in einer ganz besonderen Verantwortung, betonte ihr Präsident Christoph Markschies:
"Wir berufen uns gern auf die stolze Tradition der Berliner Universität; 29 Nobelpreisträger. Und die Tatasche, dass auch verbrecherische Forschung und gleichzeitig eben enthemmte Gewalt von Studierenden in der Geschichte der Berliner Universität gibt, macht nachdenklich und traurig. Wir sind die Universität in der Mitte der Stadt und des Landes; das sind wir immer gewesen, und insofern sind wir von den Erfolgen des Landes, aber auch von seiner schlimmen Geschichte gezeichnet."
Studierende der Humboldt-Universität trugen aus Anlass des Gedenktages eine kleine Ausstellung zusammen. Sie hat den Titel "Lesezeichen 10. Mai" und ist im Hauptfoyer der Universität zu sehen. Die Ausstellung thematisiert in Bildern und Texten Beobachtungen und Lebensgeschichten verfolgter Publizisten und Wissenschaftler. Geschichtsstudent Berndt Schilfert hat die Dokumentation mit gestaltet. Er möchte damit auch über die Folgen der Bücherverbrennung für die Universitäten aufklären.
"Diese Bücher wurden in Giftschränke gepackt, die Autoren wurden perfiderweise aus Bibliografien gestrichen und andere wurden denunziert. Und es sind einfach viele Leute in ihren Lebenswerken, die ganz bewusst wissenschaftlich geschädigt wurden, indem man auch dann in der Bundesrepublik und teilweise auch in der DDR nach politischen Gesichtspunkten also die Negativbewertung der Nazizeit fortgesetzt hat."
Und so wurden aus verfemten Autoren vergessene Autoren. Um sie wieder ins Gedächtnis zu bringen, fanden den ganzen Tag über in der gesamten Bundesrepublik Lesungen von Werken statt, die vor 75 Jahren Opfer der Flammen wurden. In Berlin, bei der zentralen Veranstaltung, entschied sich die Schauspielerin Silvia Rieger von der Deutschen Volksbühne kurzfristig, nicht aus den Büchern von Kurt Tucholsky und Karl Kraus vorzulesen, wie es geplant war, sondern aus einem Brief , den der Komponist Arnold Schönberg 1923 an den Maler Wassily Kandinsky schrieb.
Schönbergs Brief beleuchtet die unbestreitbare Tatsache, dass die Bücherverbrennung ein Fanal dafür war, was die Nationalsozialisten mit den Menschen vorhatten. Dass also die Scheiterhaufen mit den brennenden Büchern auch ein grausiges Omen für die Schornsteine in Auschwitz, Maidanek und Treblinka waren. Aber der Brief lenkte davon ab, worum es bei dem Gedenktag heute eben auch gehen sollte: nämlich um die Eigenständigkeit eines literarischen Textes und um die Freiheit der Kunst. Diese Inhalte wurden dann erst am späteren Nachmittag deutlich, als Werke von Erich Kästner, Rudolf Braune und Franz Kafka auf dem Programm standen.
Die Melodie, die Kantorin Avitall Gerstätter von der Berliner jüdischen Gemeinde intonierte, erinnerte daran, dass die Bücherverbrennung auch ein Auftakt war für die Schoah.
Unterstützt wurde die Veranstaltung vom spanischen Kultusministerium. Die Bücherverbrennung sei eine Mahnung für jede Kulturnation, sagte Kulturattaché Guillermo Corral zum Auftakt des Gedenkens. Und sie beschwöre ein Unrecht, das auch heute noch existiert.
"Wir selbst haben miterleben müssen in der jüngsten Vergangenheit, dass die Bibliothek von Sarajewo brannte und die von Bagdad ebenso geplündert wurde und auch zerstört. Das bedeutet, dass auf die eine oder andere Weise all diese schrecklichen Ereignisse immer der gleichen verrückten Logik folgen; dies zeigt erneut, dass Heine leider recht hatte: Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen."
In Vorträgen, Podiumsdiskussionen, musikalischen Darbietungen und Lesungen wurde auf dem Bebelplatz den gesamten Tag über an die Bücherverbrennung erinnert. Die Humboldt-Universität sei dabei in einer ganz besonderen Verantwortung, betonte ihr Präsident Christoph Markschies:
"Wir berufen uns gern auf die stolze Tradition der Berliner Universität; 29 Nobelpreisträger. Und die Tatasche, dass auch verbrecherische Forschung und gleichzeitig eben enthemmte Gewalt von Studierenden in der Geschichte der Berliner Universität gibt, macht nachdenklich und traurig. Wir sind die Universität in der Mitte der Stadt und des Landes; das sind wir immer gewesen, und insofern sind wir von den Erfolgen des Landes, aber auch von seiner schlimmen Geschichte gezeichnet."
Studierende der Humboldt-Universität trugen aus Anlass des Gedenktages eine kleine Ausstellung zusammen. Sie hat den Titel "Lesezeichen 10. Mai" und ist im Hauptfoyer der Universität zu sehen. Die Ausstellung thematisiert in Bildern und Texten Beobachtungen und Lebensgeschichten verfolgter Publizisten und Wissenschaftler. Geschichtsstudent Berndt Schilfert hat die Dokumentation mit gestaltet. Er möchte damit auch über die Folgen der Bücherverbrennung für die Universitäten aufklären.
"Diese Bücher wurden in Giftschränke gepackt, die Autoren wurden perfiderweise aus Bibliografien gestrichen und andere wurden denunziert. Und es sind einfach viele Leute in ihren Lebenswerken, die ganz bewusst wissenschaftlich geschädigt wurden, indem man auch dann in der Bundesrepublik und teilweise auch in der DDR nach politischen Gesichtspunkten also die Negativbewertung der Nazizeit fortgesetzt hat."
Und so wurden aus verfemten Autoren vergessene Autoren. Um sie wieder ins Gedächtnis zu bringen, fanden den ganzen Tag über in der gesamten Bundesrepublik Lesungen von Werken statt, die vor 75 Jahren Opfer der Flammen wurden. In Berlin, bei der zentralen Veranstaltung, entschied sich die Schauspielerin Silvia Rieger von der Deutschen Volksbühne kurzfristig, nicht aus den Büchern von Kurt Tucholsky und Karl Kraus vorzulesen, wie es geplant war, sondern aus einem Brief , den der Komponist Arnold Schönberg 1923 an den Maler Wassily Kandinsky schrieb.
Schönbergs Brief beleuchtet die unbestreitbare Tatsache, dass die Bücherverbrennung ein Fanal dafür war, was die Nationalsozialisten mit den Menschen vorhatten. Dass also die Scheiterhaufen mit den brennenden Büchern auch ein grausiges Omen für die Schornsteine in Auschwitz, Maidanek und Treblinka waren. Aber der Brief lenkte davon ab, worum es bei dem Gedenktag heute eben auch gehen sollte: nämlich um die Eigenständigkeit eines literarischen Textes und um die Freiheit der Kunst. Diese Inhalte wurden dann erst am späteren Nachmittag deutlich, als Werke von Erich Kästner, Rudolf Braune und Franz Kafka auf dem Programm standen.