Verfilmter Langzeit-Äther-Erfolg

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 11.04.2007
Für seinen letzten Film hat sich der 2006 verstorbene Regisseur Robert Altman eine seit Jahrzehnten erfolgreiche Live-Radio-Show zum Inhalt gewählt. Gründer und Moderator Garrison Keillor spielt sich darin selbst - an der Seite von Stars wie Meryl Streep. "Der Vollidiot" von "Der Wixxer"-Regisseur Tobi Baumann stammt aus dem Metier von Blödsinn & Co.
"Robert Altman's Last Radio Show"
USA 2006, Regie: Robert Altman, Hauptdarsteller: Garrison Keillor, Meryl Streep, Woody Harrelson, ohne Altersbeschränkung

Es ist der 37. und letzte Spielfilm von Robert Altman, der am 20. November 2006 im Alter von 81 Jahren starb. Altman war einer der ganz Großen unabhängigen Regisseure, Autoren, Produzenten im amerikanischen Kino. Er errang Ruhm und Ehre durch Filme wie "M.A.S.H." (1970, "Goldene Palme" in Cannes als "Bester Film), "Nashville" (1975, "Oscar"-Nominierung), "Buffalo Bill und die Indianer" (1976, "Goldener Berlinale-Bär"), "The Player" (1992, "Goldene Palme" in Cannes als "Bester Regisseur"), "Short Cuts" (1993, "Goldener Löwe" von Venedig als "Bester Film"), "Gosford Park" (2001).

2006 wurde er mit dem "Ehren-Oscar" für sein Lebenswerk bedacht. Sein letzter Film "Robert Altman's Last Radio Show" (Originaltitel "A Prairie Home Companion") lief im Wettbewerb der Vorjahres-Berlinale, wurde dort begeistert aufgenommen, erhielt aber keinen Jury-Preis. Durch seinen Tod wurde der Film nun zu einer Art "künstlerischem Vermächtnis". Dabei zielt er auf eine Live-Radio-Show, die es tatsächlich (auch heute noch) gibt.

Seit der Premiere am 6. Juli 1974 hat "A Prairie Home Companion" Millionen Zuhörer, die Woche für Woche wegen der charakteristischen Mischung aus Musik, Humor, Anekdoten einschalten. Gegenwärtig wird die Zweistunden-Sendung, die im Mittleren Westen Amerikas, in St. Paul in Minnesota, produziert wird, von mehr als 550 amerikanischen Radiostationen ausgestrahlt und hat ein "regelmäßiges Publikum" von mehr als 4,3 Millionen Zuhörern.

2004 hat die amerikanische "Libary of Congress" die erste Ausstrahlung in das Nationale Kulturarchiv aufgenommen. Star der Sendung ist ihr Gründer, der 63-jährige Autor und Moderator Garrison Keillor. Der ist hier Herz und Motor zugleich und hatte eines Tages die Idee, einen Film über diesen phänomenalen Langzeit-Äther-Erfolg zu machen, schrieb ein Drehbuch und kam mit Robert Altman in Kontakt.

Der Film "A Prairie Home Companion" entstand im Sommer 2005 im Zeitraum von 5 Wochen vor Ort in St. Paul. Die Dreharbeiten erfolgten im "Fitzgerald Theatre", wo Keillors Show seit 1978 auch stattfindet. Dabei wurde die Show im Film live vor Publikum aufgenommen. Die Bühnenarbeiter im Theater gingen dabei ihren gewohnten Tätigkeiten nach und arbeiteten Seite an Seite mit Altmans Produktionsteam.

Und: Garrison Keillor spielt sich auch noch selbst und wird hier zum "heimlichen Star": Gibt einen lakonisch-"komischen" Moderator, der sein Publikum seit über 30 Jahren mit herrlich unmelancholischen Ansagen, fiktiv-absurden Werbeblöcken und groteskem amerikanischen wie norwegischen Volksliedgut köstlich unterhält.

Doch nun, so die fiktive Story des Films, ist bald alles vorbei: Die letzte Sendung winkt, das Theater wird abgerissen und weicht profitablerem Parkplatz-Beton. Der "Vollstrecker aus Texas" steht schon vor der Tür. Was Altman daraus inszeniert, ist stimmungsvoller "Schwanengesang" pur und per Detail nicht zu beschreiben. In knapp 100 Minuten entwickelt er eine Art vergnüglich-melancholisches Traumspiel, in dem zwischen Bühne und Backstage die großen und kleinen Fragen des Lebens anekdotenhaft, episodenhaft abgehandelt werden.

Motto: Jedem noch so traurigen Abschied wohnt immer auch eine Prise Humor inne, jeder Schmerz beinhaltet immer auch einen augenzwinkernden Scherz, einen weisen Joke. Wie immer bei Altman konnte er auch für seinen letzten Film auf eine Riege erstklassiger "Oscar"-Stars bauen, denen es sichtliches Vergnügen bereitet, prächtig-wehmütige Ensemble-Arbeit zu leisten: Zum Beispiel Meryl Streep gerade als Mode-Satan in "Der Teufel trägt Prada" gefeiert, jetzt mit Hillibilly-Sängerinnen-Charme, Lily Tomlin als ihre mitmusizierende Schwester, während Woody Harrelson und John C. Reilly als Bilderbuch-Cowboys ihren Bühnen-Affen prächtig Zucker geben. Des weiteren sichten wir mit großem Vergnügen Kevin Kline, Tommy Lee Jones, Lindsay Lohan und Virginia Madsen.

Kein unbedingt gewohnt-"scharfer" (Amerika-)Abschied von Robert Altman, sondern eher einer mit viel Lächeln und augenzwinkernder Wehmut. Mit respektlosem Charme-Vergnügen menschelnd und hemmungslos altmodisch wärmend, dabei aber schon wieder so etwas wie erfrischend-subversiv-"hip". So etwas konnte nur Robert Altman herbeizaubern: Melancholie von Verklärung freizuhalten und dabei zugleich herznah und kopfvoll klasse-unterhalten.

"Vollidiot"
Deutschland 2007, Regie: Tobi Baumann, Hauptdarsteller: Oliver Pocher, Anke Engelke, Oliver Fleischer, ab sechs Jahren

Der Film stammt von Tobi Baumann, Koblenzer vom Jahrgang `74, der als Gagschreiber bei Harald Schmidt anfing, bei TV-Comedy-Formaten wie "Die Wochenshow" und "Ladykracher" mitmixte und 2004 mit dem Oliver-Kalkofe-Jux "Der Wixxer" seinen ersten Kinofilm inszenierte. Für Kinofilm 2 bleibt er "im Metier" von Blödsinn & Co., adaptierte den gleichnamigen, 2004 herausgekommenen Debüt-Roman des Comedy-Autors und -Producers Tommy Jaud, der zum Bestseller avancierte. Dabei ist der Titel Programm.

Dieser Endzwanziger Simon Peters ist in der Tat ein dauerpubertärer Vollidiot. Tapert in jedes noch so dämliche Fettnäpfchen, lässt keine peinliche Situation aus, sei sie von zwischenmenschlicher, sei sie von üblicher, "normaler" Alltagsnatur. Dennoch: Dabei auch ein irgendwie liebenswerter Wahnsinniger, der doch so gerne beziehungsnormal wie "alltags-gebrauchsfreundlich" wäre, wenn es "die Umstände" bloß erlaubten.

Doch "Lächerlich" lautet sein zweiter Vorname und seine Bestimmung ist halt, ein ständiger Verlierer, Loser, Trottel, Narr zu sein, der bei den Frauen endlich "zum Schuss" kommen möchte, sich aber dabei meistens zum Deppen macht. Und weil in ihm so viel "Bekanntes" drinsteckt und mit ihm ebensolches passiert, kann man sich im Buch mit diesem Verlierertyp köstlich identifizieren bzw. amüsieren.

Der "komische" Film kann da längst nicht mithalten, ganz im Gegenteil. Er schwächelt permanent langweilend nur so vor sich hin, lässt die alberne Story andauernd erklärend-dahinplappern anstatt diese - wir sind ja schließlich im Kino - "zu zeigen", zieht dabei eine fade Nummernrevue als dümmlich-dämliche Sketchparade ab und ist vor allem in der Hauptrolle gähnend blass besetzt mit dem völlig überforderten 29-jährigen TV-Comedian Oliver Pocher ("Rent a Pocher").

Der strahlt überhaupt kein Charisma aus: Dessen Körpersprache bedeutet hier "Verzweiflung", dessen ständiger Pöbelton ist nur nassforsch-doof, kommt ohne jeglichen (Anarcho-)Charme daher. Kaum Lächeln möglich, von Lachen gar keine Spur(en). Um den film-dummen Pocher herum tauchen gaglose Promis wie immerhin Anke Engelke und (kurz) Herbert Feuerstein auf. Der unterhaltungslose Film "Vollidiot" oder: Wie man ein komisches Buch auf der Leinwand völlig verhunzt.
Der verstorbene Filmregisseur Robert Altman
Robert Altman© AP Archiv