"Verfassungsrechtlich legitim"

Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim hält die heutige Vertrauensfrage des Bundeskanzlers und anschließende Neuwahlen für verfassungsrechtlich legitim.
Bei Verfassungsfragen müssten die negativen und positiven Folgen abgewogen werden. In diesem Fall seien die angestrebten Neuwahlen eine positive Folge, sagte Arnim im Deutschlandradio Kultur. Auch müsse der Bundespräsident bei der Abwägung mit berücksichtigen, was dem Wohl Deutschlands diene und Schaden abwende. Das habe er bei seinem Amtsantritt geschworen. "Es ist eindeutig, dass es keinen Sinn macht, eine Regierung, die ihre eigene Handlungsunfähigkeit erklärt hat, noch eine weiteres Jahr herumdümpeln zu lassen", sagte Arnim, ehemals Leiter der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer.

Die Verfasser des Grundgesetzes hätten mit ihren strengen Regelungen verhindern wollen, dass eine Regierung das Parlament ad hoc auflösen könne, um in einem günstigen Moment ihre eigene Macht zu verlängern. "Diese Gefahr besteht hier nicht", sagte der Staatsrechtler.

Ein Selbstauflösungsrecht des Parlamentes, wie es Bundestagspräsident Thierse (SPD) angeregt habe, sei "nicht erforderlich", sagte Arnim. Es sei zwar möglich, mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat das Grundgesetz entsprechend zu ändern, aber die Vertrauensfrage könne den gleichen Effekt der Selbstauflösung haben.