Verbot von "Konversionstherapien" geplant

Seltener Einblick in die Angebote religiöser Eiferer

07:15 Minuten
Der Journalist Christian Deker
Der Journalist Christian Deker recherchierte mit verdeckter Kamera bei Ärzten, die Homosexuelle therapieren wollten. (Foto: Mandy Mülling) © Mandy Mülling
Christian Deker im Gespräch mit Axel Rahmlow  · 11.06.2019
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Neue Gutachten stützen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, "Konversionstherapien" für Homosexuelle zu verbieten. Der Journalist Christian Deker begrüßt diese Initiative und hat für Recherchen solche Therapien aus der Nähe angesehen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will bis Jahresende ein Gesetz auf den Weg bringen, um sogenannte "Konversionstherapien" für Homosexuelle zu verbieten. "Ich glaube, dass das absolut richtig ist, solche Therapien zu verbieten, weil sie unwissenschaftlich sind, weil sie sehr gefährlich sind", sagte der Journalist Christian Deker im Deutschlandfunk Kultur. Er hatte selbst einst geglaubt, dass es solche "Konversionstherapien" in Deutschland im 21. Jahrhundert nicht mehr geben könne. Im Zuge von Recherchen für die ARD-Fernsehdokumentation "Die Schwulenheiler" begegnete er selbst dann einigen Ärzten, die Schwulen eine angebliche "Heilung" versprachen und das sogar über die Krankenkasse abrechnen wollten.

Ärzte mit religiösem Eifer

Der Ton eines solchen Arztes sei vor allem verständnisvoll und mitfühlend gewesen, sagte Deker, der mit verdeckter Kamera solche Arztbesuche dokumentierte. Die Motivation solcher Therapeuten sei offenbar, anderen Menschen helfen zu wollen. "Ich habe das Gespräch aber trotzdem als extrem unangenehm und in der Wirkung durchaus als druckvoll, als druckausübend empfunden, da dieser Arzt mir sehr klar gemacht hat, dass ich heterosexuell werden muss", beschrieb Deker seine Eindrücke. Es gehe diesen Ärzten offenbar vor allem darum, die Patienten wieder auf den "richtigen Weg" und "Gottes Weg" zu führen. Dahinter stecke vor allem ein religiöser Eifer.

Traumatische Erfahrung

Für viele Patienten seien solche Therapien eine traumatische Erfahrung, sagte der Journalist. "Das geht zum Teil jahrelang, zum Teil jahrzehntelang, dass die Menschen versuchen, heterosexuell zu werden – das klappt eben nicht, man bleibt homosexuell." Die immer größer werdende Verzweiflung sei auch medizinisch gesehen sehr gefährlich, denn sie könne zu Depressionen und Suizid-Gedanken führen. Es sei ein ständiges "Anrennen gegen die eigene sexuelle Orientierung."
(gem)

Die Dokumentation "Die Schwulenheiler" lief in der ARD-Sendung "Panorama" in zwei Teilen. Der erste Teil von 2014 ist hier noch zu sehen, den zweiten Teil von 2015 finden sie hier.

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