Verbier Festival

Feuertänze im Skigebiet

Der Dirigent Lorenzo Viotti
Der Dirigent Lorenzo Viotti © Stephan Doleschal
11.08.2016
Die Wärme einer südlichen Nacht ist mitten in den Schweizer Alpen nicht zu erwarten. Mit einem Abend voller Klassiker der spanischen und imaginiert spanischen Musik geht man aber wenigstens gedanklich auf eine Reise in die Sonne. Mit hervorragenden Solisten, einem hochmotivierten Festivalorchester und dem jungen Dirigenten Lorenzo Viotti am Pult gelingt das mühelos.
Maurice Ravels spätimpressionistisches Klavierwerk "Pavane pour une infante défunte” entstand 1899 während des Studiums bei Gabriel Fauré. Ravel hatte sich vorgenommen, Assoziationen an das höfische Spanien des 16. Jahrhunderts, wie es Velázquez darstellte, zu wecken. Mehr als zehn Jahre später instrumentierte der Komponist das Werk für Orchester.
Joaquin Rodrigo komponierte das Concierto de Aranjuez auf Anregung seines Freundes, des Gitarristen Regino Sáinz de la Maza, der auch den Solopart in der Uraufführung spielte. Benannt ist das dreisätzige Werk nach der spanischen Stadt Aranjuez, die vor allem durch ihren Königspalast und dessen Gärten, die Sommerresidenz der spanischen Könige, bekannt ist. Drei Tanzformen sind in das Konzert eingegangen, ein Fandango in den ersten Satz, ein Klagegesang aus der Karwoche in den zweiten Satz und ein höfischer Tanz in den dritten Satz.
Der Gitarrist des Konzertes, Rafael Aguirre, ist ein international gefeierter Musiker. Stipendien der andalusischen Regierung und der Alexander von Humboldt Stiftung ermöglichten sein Studium in Deutschland bei Prof. Joaquin Clerch, das er mit Auszeichnung abschloss. Später studierte er bei Prof. Michael Lewin an der Royal Academy of Music in London. Erste Preise in wichtigen Musikwettbewerben ebneten Rafael Aguirre den Weg zu einer außerordentlichen Karriere. Heute ist er einer der wenigen Gitarristen, der die spanische Tradition von Andres Segovia und Narciso Yepes fortsetzt.
Manuel de Fallas einaktiges Ballett "El amor brujo" (deutsch "Der Liebeszauber") ist das Ergebnis einer komplizierten Genese. Konzipiert wurde das Werk zunächst als Ballett für ein Tanzensemble und 14 Musiker unter dem Titel "Ginatería" ("Zigeunermusik") auf der Basis des andalusischen Gesangsstiles Cante jondo. Diese Fassung umfasste auch gesprochene Dialoge. Nach der erfolglosen Uraufführung 1915 erarbeitete der Komponist 1916 eine Orchesterfassung, in der er die Dialoge durch drei kurze Szenen für Mezzosopran ersetzte. Es folgte schließlich 1925 eine Ballettfassung mit einer erweiterten Orchesterbesetzung. Die aufgeheizte Atmosphäre aus Liebeszauber und Feuertanz blieb in allen Fassungen erhalten.
Die Mezzosopranistin Gala El Hadidi wurde in Kairo geboren. Sie studierte Philosophie, Englisch und Vergleichende Literatur an der Amerikanischen Universität in Kairo sowie Musikwissenschaften an der Yale Universität in den USA. Ein Stipendium führte sie an die Internationale Bachakademie Stuttgart und die Savonlinna Musikakademie in Finnland. Bereits im Alter von 18 Jahren wurde Gala El Hadidi festes Ensemblemitglied der Oper Kairo. 2010 wurde sie ins Junge Ensemble der Semperoper Dresden aufgenommen, seit 2012/13 gehört sie zum festen Ensemble.
2007 verlieh ihr das Ägyptische Kultusministerium einen Förderpreis. Beim Internationalen Gesangswettbewerb Stella Maris 2011 gewann sie zwei der drei großen Jurypreise, die ein Gastengagement an der Wiener Staatsoper beinhalten.
Der Schweizer Dirigent Lorenzo Viotti ist für Marc Minkowski bei diesem Konzert eingesprungen. Er wurde 1990 in Lausanne geboren und wuchs in einer italienisch-französischen Musikerfamilie auf. Er studierte Klavier, Gesang und Schlagzeug in Lyon. Zusätzlich nahm er Dirigierunterricht bei Georg Mark in Wien. Als Schlagzeuger spielte er in verschiedenen Orchestern der Stadt, so auch mit den Wiener Philharmonikern. Von Ende 2013 bis Anfang 2015 setzte er sein Dirigierstudium bei Nicolás Pasquet an der Musikhochschule "Franz Liszt" in Weimar fort. Im Alter von 25 Jahren war Lorenzo Viotti bereits Gewinner des "Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award" 2015, des 11. Internationalen Dirigentenwettbewerbs des Orchestra de Cadaqués sowie 1. Preisträger des Dirigierwettbewerbs der mitteldeutschen Musikhochschulen beim MDR Sinfonieorchester.
Verbier Festival
Salle des Combins
Aufzeichnung vom 26. Juli 2016
Maurice Ravel
"Pavane pour une infant défunte" für Orchester
Joaquín Rodrigo
"Concierto de Aranjuez" für Gitarre und Orchester
Manuel de Falla
"El amor brujo", Ballett (Fassung von 1925)
Rafael Aguirre, Gitarre
Gala El Hadidi, Mezzosopran
Verbier Festival Chamber Orchestra
Leitung: Lorenzo Viotti