Food-Blogger Ishai Rosenbaum

Vegan kochen zu Pessach

10:18 Minuten
Mazzen liegen neben einem Kidduschbescher
Die Mazzen, große harte Mehlfladen, sind eine tradtitionelle Pessach-Speise. © imago images / Cavan Images
Von Teresa Schomburg · 15.04.2022
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Hobbykoch und Food-Blogger Ishai Rosenbaum lebt vegan und hat daher für einige Pessach-Gerichte pflanzliche Alternativen entwickelt. Denn Fleischgerichte und andere Tierprodukte sind eigentlich typische Bestandteile der meisten jüdischen Feste.
Große Packungen mit Mazzen füllen die Regale im koscheren Supermarkt. Ein ganzer Gang ist zu dieser Jahreszeit den Pessach-Produkten gewidmet. Die Mazzen sind große harte Mehlfladen, die wie riesige Cracker oder Knäckebrote aussehen. Es gibt aber auch immer mehr Besonderheiten.
„Sonst, hab ich gesehen, gibt es interessantere Mazzen-Sorten: High Fibre, okay, glutenfrei“, sagt Ishai Rosenbaum. Sogar Mazzen mit Schokolade und Streuseln stehen im Regal. „Es ist schon gut zu Pessach, aber sonst würde ich auf sie wahrscheinlich verzichten.“
Er ist Hobbykoch und füttert zwei Internet-Blogs mit Rezepten, einen auf Deutsch, einen auf Hebräisch. Das Besondere: Alle seine Rezepte sind vegan. Mazzen benutzt er daher gern zum Kochen. Sie bestehen nur aus Mehl, Wasser und etwas Salz.

Food-Blogs von Ishai Rosenbaum
Deutsch: Unter den Linsen
Hebräisch: Hatzier

„Das Wichtigste, was ich hier kaufe, ist Mazzenmehl, das ist eigentlich kein Mehl, das sind gemahlene Mazzen und damit macht man vor allem Mazzeknödel, die bei uns sehr, sehr beliebt sind, eigentlich unser Lieblings-Pessach-Essen“, erzählt der Blogger.
Für das klassische Mazzeknödel-Rezept braucht man neben dem Matzemehl auch Ei. Für die vegane Variante von Ishai Rosenbaum, die ohne tierische Produkte auskommen soll, müssen Eier jedoch draußen bleiben.
Und ein weiteres Lieblingsgericht aus seiner Kindheit soll auf den Tisch kommen: Gefilte Fisch. „Ist einfach auch so eine nostalgische Sache.“

Freiheit und Frühling an Pessach

Aufgewachsen ist Ishai Rosenbaum in den 70er- und 80er-Jahren in einem Kibbuz in Israel. Dort pflegte man einen säkularen Lebensstil und hielt sich nicht streng an die Kaschrut, also die jüdischen Speiseregeln – außer zu Pessach.
Dieses Fest wurde auch im Kibbuz groß und koscher gefeiert, wenn auch mit leichten Abwandlungen etwa beim Inhalt der Haggada, also der Pessach-Geschichte.
„Wir haben unsere eigene Haggada gelesen, es gab damals eine Haggada für alle Kibbuzim, und diese Haggada hat einfach andere Sachen betont: Weniger Gott und mehr Freiheit und Frühling, es ging eher um das menschliche Können und weniger um das göttliche Wunder“, erzählt er.

Mazzen werden schnell gebacken

Eine wichtige Rolle, vor allem für die Kinder, spielte das Mazze-Backen. Die Mazzen müssen aus ungesäuertem Teig bestehen. Das soll an den Auszug des israelischen Volks aus Ägypten erinnern, als die Zeit fehlte, um den Teig mit Triebmitteln wie Hefe gehen zu lassen. Darum sind die Mazzen auch so flach und hart.
„Also wir haben den Ofen auch selber gebastelt aus Matsch und Stroh – so wie die Kinder Israel in Ägypten, und drauf war so eine Metallplatte. Dann haben wir einfach Mazzen aus Mazzenmehl und Wasser gemacht und auf der Platte gebacken.“ Mazzen backt Ishai Rosenbaum immer noch gern selbst, inzwischen allerdings in der Pfanne.
An diesem Abend kommen die Mazzen aber aus der Packung, damit mehr Zeit bleibt für sein persönliches Leibgericht: die Mazzeknödel. „Ich kann sie einfach ohne Pause essen, also ich könnte wahrscheinlich alles auf einmal essen, aber ich versuche, mich zu beherrschen.“

Wozu Ei wenn es Kichererbsen gibt?

„Mazzenmehl, Kartoffelmehl, etwas Öl, schwarzer Pfeffer, Salz und etwas Muskatnuss. Auch das Wasser aus dem Kichererbsenglas, weil das reich an Eiweiß ist und ein guter Klebstoff für die Knödel: Weil wir kein Ei benutzen“, erklärt er.
Zwei Hände beim Formen der kleinen Mazzeknödel
Die Mazzeknödel sind eigentlich unser Lieblings-Pessach-Essen, erzählt Ishai Rosenbaum.© Teresa Schomburg
Alles wird vermengt und kommt zum Festwerden in den Kühlschrank. „Und jetzt kommt der Spaß: Ich forme die Knödel, also einfach kleine Kügelchen, sie dürfen nicht zu groß sein, weil sie noch größer werden.“
Die Knödel kommen für etwa 15 Minuten ins Wasser. „Das Wasser soll nur köcheln und nicht komplett kochen, sonst können die Knödel zerfallen, und das wäre sehr traurig.“

Rezept von Ishai Rosenbaum: "Mazzeknödel als Beilage für Gemüsesuppe"

1 Tasse (150 g) Mazzemehl
4 Esslöffel Kartoffelmehl
150 ml Wasser
Aquafaba (Abtropfwasser aus einem Glas Kichererbsen / Bohnen)
1/4 Tasse Öl
1 Teelöffel Backpulver
schwarzer Pfeffer, Salz
Muskatnuss

Zutaten vermengen, im Kühlschrank mindestens 1/2 Stunde fest werden lassen. Anschließend kleine Knödel formen, im Wasser bei mittlerer Hitze köcheln lassen (15-20 Minuten). Nicht im Suppenwasser kochen, ansonsten wird die Suppe milchig und nicht zu stark kochen lassen, sonst zerfallen die Knödel.

Zur Suppe servieren.

Seine Freude an kulinarischen Experimenten, erzählt Ishai Rosenbaum, stamme auch aus dem Militärdienst in Israel. An seinem sehr kleinen Posten gab es keine Küche mit Personal. Er kochte daher regelmäßig für die anderen Soldaten.
Dabei war viel Improvisationstalent gefragt. „Weil die Küchenutensilien nicht von der besten Qualität waren, und eigentlich gab es immer dieselben Zutaten, deswegen musste man zum Abwechseln schon versuchen, verschiedene Sachen aus denselben Zutaten zu machen.“

Vegan aus spontaner Entscheidung

In Israel hat Ishai Rosenbaum auch viele Bekannte, die vegetarisch oder vegan leben, weil es so einfacher ist, sich an die Regeln der Kaschrut zu halten. Das Trennen von Milchigem und Fleischigem fällt dann einfach weg. Seine eigene Motivation sich vegan zu ernähren, war allerdings eine andere.
Vor etwa elf Jahren sah er im Internet einen Vortrag über Tierrechte und leitete ihn seiner damaligen Freundin weiter. „Und als ich abends nach Hause kam, hat sie mir gesagt: ‚Ich habe den Vortrag gesehen –  können wir Veganer werden? Ich glaube, ich kann nie wieder Fleisch oder Tierprodukte essen.‘ Und es war meine Aufgabe unserer Küche zu veganisieren, und das habe ich auch gemacht. Und seitdem lebe ich vegan und die ehemalige Freundin auch.“
Diese Entscheidung hat Ishai Rosenbaum kreativ werden lassen. Wie zum Beispiel mit dem zweiten Gang: den Gefilten Fisch.
„Also ich benutze Algen für den Fischgeschmack, weil es ja kein Fisch ist“, erklärt er. „Eine Möhre, etwas Zwiebel und die Algen zusammen püriert, ein Stück Räuchertofu. Jetzt kommen noch gemahlene Mandeln und Mazzenmehl dazu.“
Die Masse wird zu ovalen Fladen geformt, die entfernt an Fisch erinnern. Mit Öl bestrichen kommen sie für zweimal 20 Minuten in den Ofen. Zwischendurch werden sie gewendet. Eine Zutat lässt Ishai Rosenbaum allerdings ganz bewusst weg: den Zucker.
„Ich kann mir das nicht vorstellen, jetzt noch Zucker in die Masse zu tun, aber es gibt drin Zwiebel und Karotte, insofern: Das sind etwas süße Zutaten. Ich glaube, manche würden sagen, dass Gefilte Fisch ohne Zucker eine Blasphemie sind, aber ja.“

Rezept von Ishai Rosenbaum: "Gefilte Fisch vegan"

3-4 Nori-Algenblätter
1 kleine Möhre
1 kleine Zwiebel
300 g Räuchertofu
100 g gemahlene Mandeln (oder andere Nusssorte)
150 g Mazzemehl
1/4 Tasse Öl
schwarzer Pfeffer, Salz
Muskatnuss

Algen, Möhre und Zwiebel pürieren, anschließend Tofu separat pürieren, mit Mandeln, Mazzemehl und Gewürzen mischen. Im Kühlschrank mindesten 1/2 Stunde fest werden lassen. Anschließend ovale Buletten aus der Masse formen, auf ein Backblech legen. 20 Minuten bei 170 Grad im Ofen backen, wenden, mit Öl bestreichen und noch einmal 20 Minuten von der anderen Seite.

Nach Belieben dekorieren zum Beispiel mit Möhrenscheiben.

In seiner Familie, sagt Ishai Rosenbaum, wurde an Pessach nach dem Essen immer viel musiziert. Viele der Lieder kann er heute noch singen und auf der Ukulele begleiten.
„Es gibt ein sehr bekanntes Lied, bei dem man verschiedene Sachen zählt, also es geht von eins bis 13, der eine Gott, die zwei Tafeln, die drei Väter, die vier Mütter, die fünf Bücher der Tora und so weiter“, erzählt er. „Das wird immer wiederholt, und viele überspringen einfach das gleich zu der letzten Phase. Es dauert 20 Minuten oder so, also es ist sehr lang, und das hat alle immer so genervt, dass ich immer das ganze Lied singen wollte.“
Heute kommt Ishai Rosenbaum nicht bis zum Ende des Liedes. Das Essen ist fertig.
Die Knödel werden mit Gemüsesuppe serviert. Sie haben eine perfekte Form und sind köstlich. Und dank der Algen ist der Geschmack des gefilten Fisch ohne Fisch erstaunlich überzeugend. Zum Nachtisch gibt es keine Süßspeise, sondern noch einen Pessach-Klassiker.
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