Vampire in Moskau

Von Jörg Taszman |
Der russische Kino-Hit "Wächter der Nacht" brach in Russland 2004 alle Rekorde. Die rasant gefilmte Mischung aus Vampirfilm, Science-Fiction und Horror wurde vom Werbefachmann Timur Bekmambetow überzeugend in Szene gesetzt und ist mit vielen russischen Stars und bekannten Darstellern garniert. Jetzt startet der Film auch in Deutschland.
Filmszene aus "Wächter der Nacht:"
"Seit Anbeginn der Menschheit gibt es die Anderen unter uns. Auch sie sind Menschen, aber mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Die anderen sind Soldaten im ewigen Krieg. Im Kampf zwischen der Finsternis und dem Licht. "

Auf Moskaus Straßen rivalisieren seit Jahrhunderten die Kräfte der Nacht mit den Kräften des Lichts. Nach Sonnenuntergang sind die "Wächter der Nacht", eine Gruppe von übersinnlich begabten "Anderen" dafür verantwortlich, die Moskauer vor der Bedrohung durch die "Wächter des Lichts" also Vampire, Hexen und Meister der schwarzen Magie zu schützen.

Zwischen beiden Gruppen herrscht ein Waffenstillstand, den der Nachtwächter Anton bricht, als er einen Vampir tötet. Nun versuchen die Wächter des Lichts Antons Sohn, einen kleinen Jungen, der mehr Macht hat als jemals ein Wesen zuvor, auf ihre Seite zu ziehen.

Was sich wie ein 08-15-Actionfilm anhört, ist einerseits ein aus Versatztücken des Horror- und Fantasygenres bestehendes Werk, allerdings mit einer sehr typisch russischen Note. Der Film spielt nicht in der Zukunft oder der Vergangenheit, sondern im Moskau von heute. Das erklärt, warum der Film in Russland so außerordentlich erfolgreich war. Die ganz normalen Zuschauer erkannten sich in ihm wieder, wie Hauptdarsteller Konstantin Chabenski erklärt, der den Anton spielt.

Konstantin Chabenski: " So einen Film hatte vorher noch nie jemand gemacht. Auch wenn es merkwürdig klingt, aber mit den Helden in diesem Film kann man sich in Russland identifizieren. So leben die Menschen, in diesen heruntergekommenen Wohnungen, in der Misere, in diesen Verhältnissen. Der Held ist kein Supermann, er wird erniedrigt, geschlagen und versucht noch mit hohem Fieber, sich durchzuschlagen. "

Der Erfolg des Films rief sofort mehrere Hollywoodstudios auf den Plan. Regisseur und Produzent konnten sich den amerikanischen Partner aussuchen. Schließlich kaufte der US Major 20th Century Fox für je zwei Millionen Dollar die weltweiten Rechte an "Nocjnoj Dozor", wie "Wächter der Nacht" auf Russisch heißt, und dem Sequel "Nochnoj Dozor 2".

Ende September startet der russische Erfolgsfilm bei Fox in den USA und mit jeweils über 200 Kopien zeitgleich in so wichtigen europäischen Schlüsselmärkten wie Deutschland und Frankreich.

Seit Monaten können Russen einen sehr amüsanten Trailer sehen: Während die "local heroes" des ersten Teils auf französisch, deutsch und englisch in Synchronfassungen zu hören sind, schließt die Vorschau auf den zweiten Teil mit der Pointe: "Ende September entdeckt die ganze Welt 'Nochnoj Dozor'. Aber nur in Russland kann man zur gleichen Zeit schon 'Nochnoj Dozor 2' sehen.". R

egisseur Timur Bekmambetov war erstaunt, dass sein rein für Russland konzipierter Film auch den Amerikanern so gefällt.

Timur Bekmambetov: " Die Menschen in Russland erwarten einen Film über sich selbst zu sehen, also etwas über ihre eigene Welt, ihre Wohnhäuser, in denen sie leben, ihre Autos. Durch das Fantasy-Element kommt etwas Neues hinzu, wie ein Blick von außen. Was mich erstaunte, war die Reaktion in den USA, als ich dort vor einem Jahr im Oktober den Film vorstellte und wir mit Fokus Gruppen arbeiteten. Auch die ganz normalen Amerikaner, die wir von der Straße holten, lachten an den gleichen Stellen, wie die Russen. "

Ursprünglich war "Wächter der Nacht" als eine vierteilige TV-Serie geplant vom mächtigen russischen Staatssender "Perwij Kanal". Aber schon bald wagte sich Timur Bekmambetow mehr, überzeugte die Produzenten, das Wagnis Kinoauswertung einzugehen. Beim Erfolg überließ er nichts dem Zufall. Allein zwei Millionen Dollar wurden in die Werbung gesteckt und das war lange nicht alles.

Timur Bekmambetov: " Wir wählten den richtigen Zeitpunkt aus, um den Film im Juli 2004 in die Kinos zu bringen. Alle warnten uns und meinten, zu der Zeit ist keiner in Moskau und anderen Städten, alle führen im Sommer auf ihre Datschen und so würde der Film zum Flop. Was all den Kritikern jedoch nicht bewusst war, dass wir ein Event schufen und nicht nur einen Film vermarkteten. Für ein Event ist es wichtig, dass nicht viel los ist, dass Ruhe herrscht.

Im November oder Dezember ist so viel los, es gibt Konzerte, andere Veranstaltungen, da würde man untergehen. Ein Film alleine kann nie 16 Millionen Dollar einspielen. Das schafft man nur durch multiples Marketing wie bei uns. "Wächter der Nacht" hatte drei Websites, zwei Millionen Bücher gelangten in die Geschäfte , ein Computerspiel kam heraus und es gab den Film."
Der aus Kasachstan stammende Regisseur setzte auch ganz offen auf "product placement" und ist stolz darauf, dass es im Publikum Lacher gibt, wenn ein bekannter Mobilfunkanbieter ins Bild kommt. Lachend gibt der stämmige und selbstbewusste Regisseur zu, mit der rasanten Machart des Films, einem Overkill an Eindrücken auch viele verschreckt zu haben. Als Mann der Werbung weiß der Mann, wie man den Zuschauer in Atem hält. Er wollte auch provozieren, Spannung erzeugen durch Effekte.

"Beim zweiten Teil kann ich dann auch die Charaktere mehr entwickeln", sagt Bekmambetov entspannt, der nun wartet, wie sein Film im Westen funktionieren wird. Bisher kam er nur in Spanien in die Kinos und spielte bereits in einer Woche eine Million Euro ein.