Dirigent Valery Gergijew

Keine Antwort auf Münchner Ultimatum

09:15 Minuten
Valery Gergijew dirigiert die Münchner Philharmoniker.
Der Dirigent Valery Gergijew unterstützt wohl Wladimir Putin. © picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Rainer Pöllmann im Gespräch mit Carsten Beyer · 28.02.2022
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Der Dirigent Valery Gergijew gilt als Unterstützer und Vertrauter von Wladimir Putin. Bisher hat er sich nicht, wie von der Stadt München verlangt, vom russischen Angriffskrieg distanziert. Das könnte ihn schon bald seinen Job als Chedirigent kosten.
Wenige Stunden vor Ablauf eines Ultimatums hat sich der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Valery Gergijew, noch nicht von Russlands Invasion in der Ukraine distanziert. Gergijew sei bislang einer entsprechenden Aufforderung des Münchner Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD) in Abstimmung mit dem Orchester nicht gefolgt, teilte die Stadtverwaltung mit. Bislang gab es dazu keine Stellungnahme des 68-jährigen Russen.
Zur Frage, ob Gergijew Chefdirigent der Philharmoniker bleibt, will Reiter am Dienstag ein Statement abgeben. Gergijew hat oftmals seine enge Unterstützung von Russlands Präsidenten Wladimir Putin zum Ausdruck gebracht, weswegen es derzeit aus europäischen Städten Absagen von Konzerten mit Gergijew am Pult hagelt, etwa aus Mailand, Luzern, Baden-Baden und Hamburg. Nun steht auch der prestigeträchtige Posten als Chefdirigent in München auf der Kippe.
"Vielleicht lässt er diese Aufforderung einfach ins Leere laufen, was ja dann auch eine Antwort wäre", sagt der Musikredakteur Rainer Pöllmann, "wie er sich entscheidet, dazu gibt es einen Hinweis durch seine bisherige Agentur Felsner Artists, die ihm gestern den Stuhl vor die Tür gesetzt hat." Die Begründung dieses Schrittes ließ durchblicken, dass der Dirigent - Zitat der Agentur - "seine seit Langem bekundete Unterstützung für das Regime, das solche Verbrechen begeht", nicht aufgeben wolle.

Vom Kreml üppig finanziert

Gergijew sei nicht nur ein weltweit sehr gefeierter, ein sehr guter Dirigent, sondern auch einer der mächtigsten Männer im russischen Kulturbetrieb, berichtet Pöllmann: "Er wird im Grunde seine ganze Karriere schon vom Kreml finanziert und zwar durchaus üppig und seit Jahrzehnten."
Gergijew habe die Annexion der Krim 2014 befürwortet, "Siegeskonzerte" nach russischen Militäraktionen gegeben, zur Wiederwahl von Putin aufgerufen und ein Gesetz "gegen die Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen" befürwortet. Er sei eine zentrale Figur in einem kulturpolitischen Netzwerk und eine wichtige politische Figur in Russland.

Man kann sich – sollte vielleicht nicht – als Künstler aus der Politik heraushalten, aber wenn man sich einmischt, dann, glaube ich, ist man eben auch politisch tätig.

Rainer Pöllmann

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