USA und Russland auf der Sicherheitskonferenz

"Das gegenseitige Misstrauen ist groß"

Aktivisten der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) protestieren vor der amerikanischen Botschaft in Berlin mit Masken des nordkoreanischen Machthabers Jong-un (r) und des US-Präsidenten Trump gegen den Konflikt zwischen Nordkorea und den USA.
Um die Gefahr um einer Neuauflage des atomaren Wettrüstens geht es ab heute bei der Sicherheitskonferenz. © dpa / Britta Pedersen
Oliver Meier im Gspräch mit Dieter Kassel · 16.02.2018
Stehen wir vor einer Neuauflage des atomaren Wettrüstens zwischen Russland und den USA - wie während des kalten Krieges? Das ist so unwahrscheinlich nicht, meint auch der Sicherheitsexperte Oliver Meier. Diese Frage steht deshalb im Mittelpunkt der heute beginnenden Sicherheitskonferenz in München.
Eigentlich gab es im vergangenen Dezember etwas zu feiern. Am 8. Dezember war 30. Jahrestag der Unterzeichnung des INF-Vertrags (Intermediate Range Nuclear Forces, zu deutsch: nukleare Mittelstreckensysteme) oder als Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme, der für ein Ende des Wettrüstens mit atomaren Mittelstreckenraketen in Europa sorgen sollte. Viele Jahre lang hat das funktioniert. Inzwischen aber gehen viele davon aus, dass Russland gegen diesen Vertrag verstößt und wieder aufrüstet - und dass auf amerikanischer Seite das Gleiche droht. Die Fronten sind verhärtet, denn genau das wirft die eine Seite der anderen jeweils vor. Deshalb wird dieser Konflikt ein großes Thema auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz sein.

Jeder macht dem anderen Vorwürfe, den Vertag zu brechen

Russland sagt: Die USA installieren in Rumänien und in Polen hochmoderne Raketenabwehrsysteme. Die richten sich zwar offiziell gegen den Iran. Aber in Moskau heißt es, auch Marschflugkörper könnten von dort abgefeuert werden – dies sei eine Bedrohung Russlands und eine klare Verletzung des INF-Vertrags. Bis heute weisen die Amerikaner die russischen Vorwürfe kategorisch zurück.
Oliver Meier, stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) meint dazu: Von außen betrachtet sei es schwierig zu beurteilen, ob Russland wieder aufrüste. Insgesamt gebe es "keine harten Fakten, die in die eine oder andere Richtung einen Beweis darstellen".
Ein Problem der ganzen Diskussion sei, "dass der INF-Vertrag ja mittlerweile über 30 Jahre alt ist und sich die Dinge technologisch an vielen Punkten weiterentwickelt haben. Russland wirft den USA zum Beispiel vor, bewaffnete Drohnen würden auch gegen den Vertrag verstoßen – weil sie, ähnlich wie Marschflugkörper, Ziele angreifen können. Solche Systeme gab es vor 30 Jahre noch nicht."

Der INF-Vertrag müsste angepasst werden

Sinnvoll seien daher Gespräche darüber, wie man den Vertrag anpassen könne. "Bloß: Dahin kommt man im Moment eben gar nicht, weil das gegenseitige Misstrauen so groß ist, dass man gegenwärtig gar nicht in der Lage ist. Diese Hürden müsste man überwinden, aber es ist auf beiden Seiten, keine große Bereitschaft erkennbar, tatsächlich diese kooperativen Anstrengungen fortzuführen und auch zu stärken."
Dieser Konflikt bringe die Nato in eine schwierige Lage. Viele Nato-Partner teilten die Sorge der USA vor einem Aufrüsten Russlands. Viele andere wollten sich aber gerne selbst ein Bild von der Situation machen, bevor sie Russland mit konkreten Vorwürfen konfrontierten.

Diskussionen mit den Nato-Partnern sind nötig

Meier sagte weiter: Im Raum stehe auch die Debatte um eine neue Nachrüstung. Die USA entwickle bereits zwei neue Systeme, mit denen sie einer möglichen neuen Bedrohung durch Russland begegnen wollten. Doch dies müsse natürlich zunächst mit allen Nato-Partnern diskutiert werden.
Könnte sich hier Geschichte wiederholen – und auch Deutschland, wie in den 80er Jahren bei der Stationierung von Mittelstreckenraketen – involviert werden? Meier glaubt nicht, dass sich dies in der gleichen Brisanz wiederholen werde. Die damals aufgefahrenen Waffensysteme hätten das Bedrohungspotenzial vervierfacht. Heute stünde man vor ganz anderen Problemen: "Die politische Bedeutung, angesichts der Krise, die wir haben, und des Misstrauens in vielen Bereichen – die ist, glaube ich, ungleich größer."
(mkn)
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