USA

Die Supermacht findet keinen Verteidigungsminister

US-Verteidigungsminister Hagel, im Vordergrund US-Präsident Obama
US-Präsident Barack Obama (l.) muss für US-Verteidigungsminister Chuck Hagel (r.) einen Nachfolger finden © AFP / BRENDAN SMIALOWSKI
Von Marcus Pindur · 02.12.2014
US-Verteidigungsminister Chuck Hagel gilt nur noch als Verwalter seines Amtes: Er bleibt so lange, bis ein Nachfolger gefunden ist. Doch niemand will seinen Posten. Im Gespräch ist nun ein Kandidat, mit dem zuvor niemand gerechnet hatte.
Es wäre der vierte Verteidigungsminister in Barack Obamas Kabinett innerhalb der letzten sechs Jahre. Die Pressekonferenz Obamas vor einer Woche gab keinerlei Aufschlüsse über die Gründe von Hagels Abtritt: Chuck Hagel sei ein beispielhafter Verteidigungsminister gewesen, er habe das amerikanische Militär modernisiert und strategische Herausforderungen wie die IS-Miliz gemeistert.
Keine Andeutung eines Politikwechsels, man sei im gegenseitigen Gespräch übereingekommen, dass Hagel seinen Posten verlasse. Aus dem Weißen Haus wurde dann aber das Gerücht gestreut, Hagel sei von Obama aus dem Amt gedrängt worden, man brauche für die neuen Herausforderungen - wie die Bekämpfung der IS-Miliz - einen anderen Mann.
Direkt den Stecker ziehen
Dies suggerierte, dass Hagel die Bedrohung durch die Terrorarmee des IS nicht richtig erfasst habe. Doch es war genau andersherum gelaufen: Während Hagel frühzeitig auch öffentlich darauf hingewiesen hatte, dass die Terrormiliz eine strategische Gefahr darstellte, hatte Obama noch bis ins Frühjahr von einer Amateurtruppe gesprochen. Hagel war mit seinen Vorschlägen im Weißen Haus nicht durchgedrungen, eine Erfahrung, die er mit seinen Vorgängern teilte, so zum Beispiel Leon Panetta:
"Als Kabinettsmitglied ging man oft zu einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates und stellte fest, dass Mitarbeiter des Weißen Hauses bereits beschlossen hatten, was der Präsident tun oder lassen sollte."
Robert Gates, Panettas Vorgänger im Amt des US-Verteidigungsministers, berichtete von einem Besuch im US-Hauptquartier in Afghanistan. Dort habe er festgestellt, dass ein hoher Offizier eine Direktleitung zum Nationalen Sicherheitsrat gehabt habe. Er habe dem Offizier noch an Ort und Stelle befohlen, den Stecker aus der Wand zu ziehen und in Zukunft erst bei ihm im Pentagon anzurufen, statt im Weißen Haus.
"Das Mikro-Management aus dem Weißen Haus hat mich wahnsinnig gemacht", so Gates vor zwei Wochen auf einer öffentlichen Veranstaltung.
Der US-Präsident schottet sich ab
Obama schottet sich ab. Seine Sicherheitsberaterin Susan Rice gilt als farblos und tritt öffentlich kaum in Erscheinung - gehört jedoch zu Obamas engstem Freundeskreis.
Unter diesen Umständen wundert es nicht, dass kaum ein politisches Schwergewicht dieses schwierige und undankbare Amt übernehmen will. Michele Flournoy, ehemalige Staatssekretärin im Pentagon war bereits vor anderthalb Jahren als Kandidatin gehandelt worden. Sie sagte jedoch ab - angeblich, weil sie sich nicht so gängeln lassen wollte wie ihre Vorgänger.
Heimatschutzminister Jeh Johnson wird gebraucht bei der Immigrationsreform. Der langjährige und angesehene Senator Carl Levin zog es vor, in den Ruhestand zu gehen.
Jetzt wird ein anderer Kandidat gehandelt: Ashton Carter, vormaliger Verteidigungsstaatssekretär. Er hat keine internationale Erfahrung, war im Wesentlichen mit dem Kauf von militärischer Ausrüstung beschäftigt, bestenfalls ein Kandidat aus der zweiten Reihe. Ob mit ihm ein Politikwechsel, eventuell ein entschiedeneres Eingreifen im Irak und in Syrien verbunden wäre, bleibt allerdings weiter unklar. Denn dazu müsste klar sein, wohin Barack Obama eigentlich steuert.
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