US-Podcast "Serial"

Kritisch, ambitioniert und konkurrenzlos gut

04:03 Minuten
Das Bild zeigt das Hochhaus des Justizzentrums in Cleveland (Ohio). Auf der Gebäudewand ist ein Wandbild nachträglich ergänzt worden. Rechts ist das Logo des Podcasts "Serial" zu sehen.
Die dritte Staffel des Podcasts "Serial" spielt größtenteils im Justizzentrum von Cleveland im US-Bundesstaat Ohio. © Pressematerial Serial - Foto: Moth Studio, Wandbild: Adam Maida
Von Sandro Schroeder |
Audio herunterladen
Der "Serial"-Podcast meldet sich mit einer dritten Staffel zurück. Die knüpft zwar thematisch an die beliebte erste Staffel an, distanziert sich aber gleichzeitig vom Krimi-Genre.
Wer von der neuen "Serial"-Staffel wieder einen True-Crime-Krimi und einen Mordfall erwartet, wird enttäuscht sein: Genau der Podcast, der den True-Crime-Hype in das Medium gebracht hat, verabschiedet sich vom Genre. Und das nicht ohne Grund.
Die "Serial"-Journalistin Sarah Koenig will dieses Mal eben nicht einen spektakulären Einzelfall dokumentieren. Stattdessen will sie das Justizsystem der USA beleuchten. Der Teenager-Mord in Baltimore aus der ersten Staffel war zwar ein Publikumsliebling. Aber er war zu außergewöhnlich, zu untypisch, um das Justizsystem realistisch zu dokumentieren.
Auf Abstand vom True-Crime-Genre
Die neue Staffel gibt all das offen zu. Selbstkritik - aber irgendwie auch Kritik am boomenden True-Crime-Markt bei den Podcasts. Die neue dritte Staffel wirkt damit seriöser, ambitionierter und vor allem: Politischer. Kritische Justiz-Dokumentation statt aufregendem True-Crime-Spektakel.
Ein Jahr lang hat das Serial-Team im Justizzentrum von Cleveland verbracht, heißt es in der ersten Episode. Lokalmedien in Cleveland meldeten sogar schon vor zwei Jahren, dass Sarah Koenig in Gerichtssälen zu sehen war.
Das Bild zeigt ein Porträt der Journalistin Sarah Koenig, die auch in der dritten "Serial"-Staffel wieder Reporterin und Erzählerin ist.
Die Journalistin Sarah Koenig ist auch in der dritten "Serial"-Staffel wieder Reporterin und Erzählerin.© Sandy Honig
Die ersten Episoden begleiten zwar einzelne Fälle und Personen, behalten aber das System als Ganzes stets im Blick. Was zeigt, dass Podcasts eben auch als Medium für aufwendigen Journalismus taugen - zumindest in den USA.
Die neue Staffel streift gleich in der ersten Folge den Rassismus im Justizsystem. Reporterin Sarah Koenig reflektiert stellenweise auch ihre eigene Rolle als weiße, privilegierte Frau in einem Justizsystem, das Weiße bevorteilt. Ein Punkt, der vielen Kritikern in der ersten Staffel zu kurz kam.
Maßstab für Doku-Podcasts
"Serial" ist wieder zurückhaltend aber gekonnt produziert, der Podcast lebt einmal mehr von der Reporter-Persönlichkeit Sarah Koenig, ihrem trockenen, oft selbstironischen Humor. Sie wirkt noch lockerer vor dem Mikrofon, ihre Texte streckenweise fast literarisch.
Die dritte Staffel verzichtet wie bisher auf unnötiges Audio-Spektakel drumherum. Sie stellt die Erzählung in den Vordergrund und die Porträts der Protagonisten - begleitet von Reportage-Elementen und gut gesetzter Musik. Fast schon unspektakulär. Aber die eingefangenen Momente, die Zitate, die Atmosphäre - all das ist bei "Serial" immer noch konkurrenzlos gut.
Die neue Staffel wird True-Crime-Fans höchstwahrscheinlich enttäuschen und "Serial" wird 2018 kein internationales Pop-Phänomen werden, wie mit der ersten Staffel. Aber "Serial" bleibt auch in der dritten Staffel der Maßstab für handwerklich gut erzählte Doku-Podcasts.
Mehr zum Thema