US-Kongresswahlen

Obama muss ins politische Getümmel!

US-Präsident Barack Obama gibt gutgelaunt seine Stimme bei den Zwischenwahlen ab.
US-Präsident Barack Obama gibt gutgelaunt seine Stimme bei den Zwischenwahlen ab. © AFP PHOTO/Brendan SMIALOWSKI
Von Marcus Pindur · 05.11.2014
In den USA wird die Partei, die den Präsidenten stellt, bei Zwischenwahlen traditionell abgestraft. Das schlechte Abschneiden der Demokraten nur historisch zu entschuldigen, sei allerdings falsch, kommentiert Marcus Pindur. Die großen Versprechen, die Barack Obama gemacht hatte, seien im Nirgendwo versandet.
In den vergangenen 80 Jahren haben es nur drei Präsidenten geschafft, in den Zwischenwahlen mit ihrer Partei Sitze im Kongress hinzu zu gewinnen. 1934 Franklin Delano Roosevelt, der Amerika durch die Weltwirtschaftskrise steuerte. 1998 Bill Clinton mit dem Boom der 90er Jahre im Rücken. Und 2002 George Bush nach dem Schock des 11. Septembers. Dass in den Zwischenwahlen also bis auf wenige Ausnahmen die Partei des Präsidenten abgestraft wird, werden die Mitstreiter Obamas als historische Entschuldigung werten wollen. Sie liegen damit zwar nicht ganz falsch, aber beileibe auch nicht richtig.
Der Eindruck, den der amerikanische Präsident nach seiner Wiederwahl 2012 hinterlassen hat, ist katastrophal. Große Versprechen versandeten im nichts. Es solle ein Jahr der Taten werden, hatte Obama angekündigt. Worauf sich dieser Optimismus gründete, ließ der Präsident unbeantwortet. Größere Gesetzesinitiativen startete er nicht, die Republikaner wurden politisch gar nicht erst gefordert. Anstatt seine Gegner vorzuführen als das, was sie sind, nämlich zum Teil notorische Verweigerer und destruktive Provinzler, ging Obama auf eine Rederundreise. So macht man keine Politik. Bill Clinton hat es vorgemacht: Er konzedierte den Republikanern eine Sozialhilfereform und bekam dafür ein Mitspracherecht bei deren Gestaltung und die Erhöhung des Mindestlohnes.
Obamas Vize verhandelte den Budgetkompromiss
Präsident Obama dagegen beklagte die Blockade im Kongress lediglich aus der Distanz, anstatt sich ins politische Getümmel zu begeben. Der einzig nennenswerte Kompromiss, der in den letzten 12 Monaten ausgehandelt wurde, war der Budgetkompromiss vor einem Jahr. Und den hat nicht Barack Obama mit den Republikanern verhandelt, sondern sein legislativ erfahrener Vizepräsident Joe Biden.
Die Öffentlichkeit erlebt einen immer realtitätsferneren und handlungsunfähigen Präsidenten, das gilt auch und besonders für die Außenpolitik. Das Weiße Haus verbarrikadiert sich immer mehr und monopolisiert die Entscheidungsprozesse. Das hat jüngst noch Obamas eigener Verteidigungsminister, Chuck Hagel öffentlich beklagt. Kein Wunder, dass die Republikaner einen reinen Anti-Obama-Wahlkampf bestritten haben.
Viel mehr hatten sie allerdings auch nicht zu bieten. Ihr rein negativer Wahlkampf entspricht ihrer strategischen und programmatischen Zerrissenheit. Und die Wähler der wichtigen und wachsenden Gruppe der Latinos gewinnen sie mit ihrer Anti-Immigrationshaltung bestimmt nicht dazu.
Alles blickt in Washington jetzt schon nach 2016, zu den nächsten Präsidentenwahlen. Wenn der Zerfall der Obama-Regierung in diesem Tempo weiter geht, wird ein Demokrat es schwer haben, sich davon abzusetzen. Für die Republikaner gilt: Wenn sie weiter nur negativ Politik machen, wird die Desintegration der Obama-Administration ihnen 2016 auch nicht helfen. Es ist für beide Lager an der Zeit, über schmerzhafte Kompromisse nachzudenken.
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