US-Gesundheitsreform

Religiöse Firmen müssen Verhütungskosten nicht übernehmen

Abtreibungsgegner halten Plakate mit der Aufschrift "Women for religious freedom" vor dem Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof in den USA.
Abtreibungsgegner protestieren vor dem US-Supreme Court gegen die allgemeine Kostenübernahme für Verhütung. © picture-alliance / dpa / Jim Lo Scalzo
Von Marcus Pindur, Studio Washington · 01.07.2014
Niederlage für "Obamacare": Betriebliche Krankenkassen dürfen aus religiösen Gründen die Kostenübernahme für bestimmte Verhütungsmittel verweigern. Das entschied der Oberste Gerichtshof der USA, nachdem Präsident Barack Obama zuvor eine allgemeine Kostenübernahme für Verhütung gefordert hatte.
Die Entscheidung fiel denkbar knapp. Mit fünf zu vier Stimmen fällte der Supreme Court sein Urteil. Und wie so oft bei sozialen und gesellschaftspolitischen Fragen zeigte sich das Gericht in ein konservatives und ein linksliberales Lager gespalten. Genau so ging es draußen vor dem Supreme Court zu. Großer Jubel bei den Abtreibungsgegnern:
"Das Urteil zeigt, dass unsere Regierung sich wieder einmal unzulässig in die Angelegenheiten der Bürger eingemischt hat. Und die Regierung kann die Bürger nicht dazu zwingen, ihren Glauben und ihr Gewissen zu verletzen."
... sagt Kristan Hawkins, von den Students for Life, einer Anti-Abtreibungsgruppe. Auf der anderen Seite steht Michelle Kinsey Bruns und demonstriert für den Zugang zu Verhütung und Abtreibung:
"Das Gericht ist völlig abgehoben vom Leben der meisten Amerikaner. Geburtenkontrolle ist nicht kontrovers, außer für eine kleine extreme religiöse Minderheit."
Unternehmen kritisieren Verletzung ihrer religiösen Überzeugung
Doch das war nicht, was die Obersten Richter bewerten mussten. Geklagt hatten unter anderem eine Heimwerkerkette im Besitz einer christlich-fundamentalistischen Familie, eine von Mennoniten geführte Tischlerei und eine christliche Buchhandlung. Sie hatten argumentiert, dass die Pille danach eine Form der Abtreibung sei und der Staat sie über die Krankenversicherung zwinge, diese Praxis zu finanzieren. Das verletze ihre religiösen Überzeugungen.
Das Oberste Gericht schloss sich in seinem Mehrheitsvotum dieser Meinung an. Die Pflicht zur Bereitstellung von Kontrazeptiva verstoße gegen ein Gesetz zum Schutz der Religionsfreiheit aus dem Jahr 1993. Dieses Gesetz verbietet der Regierung, ohne triftigen Grund Vorschriften zu erlassen, die das Recht auf freie Religionsausübung substanziell belasten.
Das Urteil trifft ausdrücklich nur auf familiengeführte Unternehmen zu, und, wie der konservative Richter Samuel Alito betonte, auch nur auf die Frage der Verhütung. Obamas Regierungssprecher Josh Earnest wollte die Argumentation der Richter nicht nachvollziehen:
Religionsfreiheit versus Gleichheit vor dem Gesetz
"Dieses Urteil erlaubt es den Chefs der betroffenen Frauen zu sagen: Ich habe religiöse Bedenken, und deshalb darfst Du keine eigene Entscheidung fällen, ob du diese Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen willst. Das lehnen wir völlig ab."
Die linksstehende Richterin Ruth Bader-Ginsburg erklärte in ihrem Minderheitsvotum, die Entscheidung habe das Potenzial, zu einer Welle zu werden. Andere Arbeitgeber könnten weitere Dinge reklamieren, die ihren Überzeugungen widersprächen, wie zum Beispiel Impfungen oder Bluttransfusionen. Damit wäre das berechtigte Interesse des Gesetzgebers gefährdet, für ein einheitliches Arbeitsrecht zu sorgen.
Es prallen zwei amerikanische Grundwerte aufeinander: die Religionsfreiheit und die Gleichheit vor dem Gesetz. Frauengruppen monierten, dass wieder einmal fünf Männer des Gerichtshofes über die Rechte von vielen tausenden Frauen entschieden hätten. Am Ende wird wahrscheinlich herauskommen, dass die Regierung die Kosten für die Verhütung in den betroffenen Fällen tragen werden muss.
Mehr zum Thema