US-Frauenfußball

Ein Team kämpft für Gleichstellung

05:43 Minuten
US-Fußballpräsident Carlos Cordeiro spricht zur Ehrung der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft der Vereinigten Staaten bei einer Zeremonie vor dem Rathaus in New York.
Feier für den WM-Sieg in New York – mit einer Ehrung durch den Präsidenten der United States Soccer Federation. Den Verband haben 28 Fußballerinnen verklagt. © Getty Images/ Bruce Bennett
Von Kerstin Zilm · 18.08.2019
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Es war eine beeindruckende Szene: Zu Beginn des WM-Finale in Lyon schallte "Equal Pay, Equal Pay" durch das Stadion. Damit solidarisierten sich Fans mit dem amerikanischen Frauennationalteam, das schon lange gegen Diskriminierung kämpft.
Zum Auftakt der Siegestour spielten die Weltmeisterinnen im Rose Bowl Stadion bei Los Angeles. Das Stadion, in dem vor 20 Jahren Brandy Chastain mit ihrem Siegestreffer im Elfmeterschießen gegen China die WM-Trophäe für die USA sicherte und sich anschließend ihr Hemd vom Körper riss. Ein legendärer Moment in der Geschichte des US-Frauenfußballs. Rose Lavelle, Jungstar dieser WM war damals grade vier Jahre alt.
"Diese Frauen haben uns ein Vermächtnis hinterlassen, dem wir gerecht werden müssen, das wir fortführen wollen."


Dazu gehört mehr, als an der Weltspitze des Sports zu stehen. Dazu gehört, für Gleichberechtigung auf dem Spielfeld und jenseits von Fußball zu kämpfen. Dazu gehört, Fans zu inspirieren, das Gleiche zu tun.
"Ich spiele Fußball und sie inspirieren mich, weiter zu spielen. Ich möchte später wie sie sein und professionelle Sportlerin werden. Die Kraft, die diese Frauen ausstrahlen, ist so toll. Ich habe viel Respekt für sie. Sie haben den Mut, ganz sie selbst zu sein: individuell, als Spielerinnen, und als Team."
Die US-Spielerinnen (v.l.) Julie Foudy, Michelle Akers-Stahl, zweifache Torschützin, und Carin Jennings bejubeln mit dem eroberten Pokal ihren Erfolg.
Die USA-Fußballnationalmannschaft gewinnt am 30.11.1991 vor 60.000 Zuschauern in Ghuangzhou den Titel der ersten Frauenfußball-Weltmeisterschaft.© epa

Fans unterstützen Forderung

Mehr als 37.000 waren ins Stadion gekommen, um mit den Weltmeisterinnen zu feiern. Kurz vor Abpfiff, beim Stand von 3:0 gegen Irland hallte eine Forderung von den Rängen:
"Equal Pay, Equal Pay…"
"Gleicher Lohn!" – Derselbe Ruf, der beim WM-Finale in Lyon von den Zuschauern zu den Chefs von FIFA und US-Fußball-Verband hinüber schallte. Coach Jill Ellis erklärte in Los Angeles: Es gehe darum, zu tun, was richtig sei.
"Ich habe eine junge Tochter und erwarte, dass sie, wenn sie dieselbe Arbeit tut, dieselben Fähigkeiten und Erfahrung hat wie ein Mann, gleich bezahlt wird. Das gilt für Sport, die Vorstandsetage, Schulen, Krankenhäuser. Alles."


Es gilt auch für ihren eigenen Job, nicht nur was die Bezahlung angeht. Ellis verlässt nach Ende der Siegestour im Oktober ihren Posten als US-Nationaltrainerin. Es gibt Spekulationen, dass sie danach eine Männermannschaft coachen möchte. Ellis sagt dazu: Erstens habe sie keine konkreten Pläne, und zweitens, selbst wenn, sollte das kein Grund für Schlagzeilen sein.
"Habe ich ein brennendes Verlangen, Männer zu trainieren? Nicht wirklich. Ich genieße, was ich tue. Leute tun so, als wäre das ein Schritt nach oben. Ich finde, wir sind ziemlich weit oben. Ich hoffe, dass sich mehr Mannschaften um Frauen bemühen, weil wir ein anderes Gleichgewicht und andere Erfahrungen einbringen."
Eine Frau hält am 2. Juli im Stade de Lyon zum WM-Halbfinale ein Plakat hoch mit der Forderung für gleiche Bezahlung im US-amerikanischen Fußball. 
Die Fans schlossen sich den Forderung der Sportlerinnen nach gleicher Bezahlung an, wie hier beim WM-Halbfinale im Stade de Lyon.© imago images / Peter Hartenfelser

28 Spielerinnen gegen den Fußballverband

Der Kampf für Gleichbehandlung der Geschlechter ist zum zentralen Thema der Nationalmannschaft geworden. 28 Spielerinnen haben vor der WM eine Klage gegen den US-Fußballverband, USSF, eingereicht. Sie werfen darin der Organisation systematische Benachteiligung vor, was Bezahlung, Werbung, Reise- und Spielbedingungen betrifft.


Letztere haben sich verbessert. Doch Carlos Cadeiro, USSF-Vorsitzender, schrieb kurz vor Beginn der Siegestour, die Klage übersehe Jahresgehälter, die der Verband den Profi-Frauen zahle. Männer werden dagegen von ihren Vereinen bezahlt. Sie erhalten ausschließlich Preisgelder und Bonus-Ausschüttungen vom Verband und bekämen deshalb weniger Geld als die Frauen. Die Spielerinnen antworteten am Rande der Spiele diplomatisch auf Fragen nach dem Stand der Klage. Alex Morgan:
"Wir haben dem Verband und der Öffentlichkeit die notwendigen Informationen gegeben, sind bei allem transparent und werden es bleiben."
Megan Rapinoe, Kapitänin des US-Frauennationalteams, hält bei einer Siegesfeier in New York am 11. Juli den WM-Pokal in die Höhe.
Megan Rapinoe, Kapitänin des US- Frauennationalteams, nimmt auch beim Protest abseits des Spielfelds eine zentrale Rolle ein.© imago images / Xinhua / Wang Ying

US-Kapitänin mit Botschaft

Megan Rapinoe, lautstarke Anführerin des Teams auf dem Rasen und im Rechtsstreit sagt: In den Stadien gehe es jetzt erstmal darum, sich bei den Fans zu bedanken und gute Laune zu verbreiten.
"Die Menschen sind frustriert und haben genug von der Negativität aus dem Weißen Haus, von der vulgären Sprache, von Homophobie und Sexismus. Ich sage nicht, dass wir alle immer dieselbe Meinung haben müssen. Meine Botschaft ist: Wenn wir schwierige Gespräche führen, dann gibt es Magie und Fortschritt."
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