US-Autobauer unterm Hakenkreuz

Rezensiert von Lutz Bunk · 10.04.2006
General Motors übernahm 1929 den deutschen Autohersteller Opel. Das Unternehmen produzierte auch nach 1933 unter amerikanischer Führung weiter und verdiente am Rüstungsgeschäft. Dennoch, so Henry Ashby Turner in seinem Buch "General Motors und die Nazis" machte sich Opel nicht zu einem willfährigen Helfer der Nationalsozialisten.
Fusionen zwischen Großfirmen wie es Daimler und Chrysler gezeigt haben, sind keine Erfindung unserer Tage. 1929 erwarb der damals weltweit führende amerikanische Autokonzern General Motors den größten europäischen Automobilhersteller, die deutsche Adam Opel AG.

Als dann 1933 die Nazis die deutsche Politik bestimmten, produzierte Opel weiter, und auch während des Krieges, als amerikanischer Betrieb auf deutschem Boden, - bis Kriegsende nicht von den Nazis enteignet.

Diese Zeit hat der amerikanische Historiker Henry Ashby Turner dokumentiert; in seinem Buch "General Motors und die Nazis - das Ringen um Opel" hat er die Geschichte des Automobil-Herstellers während der Nazi-Zeit aufgearbeitet.

Da fragt man sich doch zunächst mal, wie das überhaupt ging, ein amerikanischer Betrieb, der Waffen für Hitler produzierte, auch nach dem Kriegseintritt der USA 1941?

Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen den USA und Hitler-Deutschland 1941 hatten die Amerikaner natürlich keinerlei Einfluss mehr auf die Opel-Produktion. Überraschend aber und bedenklich für uns heute erscheint sicherlich die Tatsache, dass die Manager von General Motors auch nach dem Überfall Deutschlands auf Polen 1939 der Produktion von Wehrmachtslastwagen und Munition immerhin zustimmten, und wenn es auch mehr pro forma war. Aber General Motors war beileibe nicht die einzige amerikanische Firma, die mit den Nazis Handel trieb oder Standorte in Deutschland hatte, denken wir an die Ford-Werke in Köln oder an IBM, das den Nazis die Lochstreifen-Computer installierte, mit denen die seit 1941 den Holocaust organisierten und abwickelten.

Bis zum Kriegseintritt der USA 1941 allerdings kann man General Motors nicht unbedingt generell einen Vorwurf machen, mit Nazi-Deutschland Handel getrieben zu haben, galt es doch international als etwas durchaus Normales, mit einer Nation Geschäftsbeziehungen zu unterhalten, mit der man nicht im Krieg lag; außerdem konnte General Motors praktisch keinerlei Profit aus seinem Engagement in Deutschland ziehen, da alle Reichsmark-Gewinne auf Konten im Reich bleiben mussten.

Wir dürfen uns jene Zeit nicht mit unserem heutigen Wissen vorstellen. Der Übergang zur Diktatur vollzog sich in manchen Bereichen schneller, in anderen langsamer. Auf einen Nenner gebracht: Die amerikanischen Manager versuchten, wo es ging und solange es ging, die Nazis auszulavieren, - Beispiel Judenverfolgung: Es gab unter den 12.000 Opel-Arbeitern einen einzigen Juden, und natürlich wurde er gezwungen, Deutschland zu verlassen, aber General Motors sorgte dafür, dass er nach England auswandern konnte und dort bei der General Motors Tochter Vauxhal Arbeit bekam. Das heißt, man kann den amerikanischen Managern nicht vorwerfen, direkt mit den Nazis fraternisiert zu haben, obwohl sie auf der anderen Seite dann doch Rüstungsgüter für die deutsche Wehrmacht produziert haben.

Turners Buch wendet sich vornehmlich an ein Fachpublikum, auch wenn es durchaus trotzdem sehr lesbar geschrieben ist und gerade einen Einblick in den oft eben nicht so spektakulären Alltag Deutschlands während der Vorkriegszeit gibt. Es setzt kein Fachwissen beim Leser voraus, verlangt aber vom Leser eine gewisse Belastbarkeit, - angesichts der detaillierten und enormen Materialfülle des Buches.

Henry Ashby Turner: General Motors und die Nazis. Das Ringen um Opel
Übersetzt von Klaus Binder und Bernd Leineweber
Econ Verlag 2006
304 Seiten, 18 Euro