US-Außenpolitik

Wo bleibt Trumps Strategie?

US-Präsident Donald Trump reckt den Daumen in die Kameras.
US-Präsident Donald Trump zeigt sich nach wie vor überzeugt von sich selbst. Aber was ist zum Beispiel mit seiner außenpolitischen Strategie? © imago/ZUMA Press/ / Pool via CNP Washington United States of America
Von Jörg Himmelreich · 19.04.2017
Donald Trump hat außenpolitisch vor allem mit seinem Militärschlag gegen das syrische Regime für Aufsehen gesorgt. Doch Bombenabwürfe allein machen noch keine außenpolitische Strategie, kritisiert Jörg Himmelreich. Ein Ende des syrischen Bürgerkriegs erfordere andere Mittel.
Die militärische Gewaltbereitschaft, die Donald Trump in den letzten zehn Tagen an den Tag gelegt hat, können einem Angst und Bange machen. Mit spektakulären unangekündigten Militäreinsätzen demonstriert er, dass er vor dem Einsatz militärischer Mittel nicht zurückschreckt. Dem nordkoreanischen Diktator Kim droht er bei Fortsetzung seines Atomwaffenprogramms gleich unverhohlen damit, notfalls in einem militärischen Alleingang dessen Arsenal von Nuklearwaffen zu zerstören. Kurz zuvor hatte Trump Amerikas größte Bombe in Afghanistan gegen Terroristen eingesetzt, die loyal mit dem Terrornetzwerk des Islamischen Staats verbunden sind. Nachdem er zuvor 59 Cruise Missiles auf den syrischen Flughafen von Shairat abfeuern ließ, um den von dort gestarteten furchtbaren Giftgasangriff des syrischen Diktators Assad zu vergelten.
In den USA erhält Trump für diese Militäraktionen erstmals parteiübergreifende Zustimmung. Die amerikanische Liebe zum Western bricht einmal mehr durch: Es gebe einen neuen Sheriff in der Stadt jubeln sogar einstige Kritiker Trumps - selbst wenn er dabei nur ziellos in der Luft herumballert, müsste man hinzufügen.

Mit Aktionismus das eigene Image polieren

Denn das ist natürlich die Frage, die sich sofort aufdrängt: Wozu das alles? Dass ein Donald Trump das weltweite Aufsehen genießt, das er mit diesen Militäreinsätzen erzielt, ist offensichtlich - schon allein, um seine verheerende Bilanz von andauernden Misserfolgen der ersten Amtswochen aufzupolieren. Aber was ist die tiefere politische Strategie hinter diesen Militäreinsätzen und Androhungen?
In Nordkorea wird sich der Diktator Kim durch Trumps Muskelspiele wenig beeindrucken lassen, zu sehr benötigt er sein Atomwaffenprogramm zum politischen Überleben. Kein militärischer Eingriff der USA in Nordkorea vermag eine Gegenreaktion von Pjöngjang zu verhindern - mit entsprechenden, verheerenden Folgen. Dieser Erkenntnis dürfte auch ein Donald Trump sich nicht verschließen, hoffentlich.
Die amerikanische Mega-Bombe in Afghanistan abzuwerfen, ist nicht mehr als ein symbolischer Nadelstich. Das terroristische Netzwerk des Islamischen Staats und seiner loyalen Helfer in Afghanistan lässt sich so auf keinen Fall zurückdrängen. Allein die militärische Vergeltung gegen Assads Giftgaseinsatz mag ihm und dem ihn unterstützenden Kreml verdeutlicht haben, dass die Administration Trump jetzt bereit ist, die roten Linien zu ziehen, die Obama einst lauthals verkündet hatte, ohne sie dann aber gegenüber Putin und Assad durchzusetzen. Aber auch das ist noch keine Strategie.

Planlos abgefeuerte Bomben sind noch keine Strategie

Dass nach sieben Jahren syrischen Bürgerkriegs die USA erstmals selbst militärisch eingreifen, ist zweifelsohne ein Überraschungscoup für Putin, mit dem der Kreml-Chef nach allen Avancen von Trump zuvor zu allerletzt gerechnet hatte. Und in der Welt der Autokraten und Narzissten mag diese Militärbereitschaft Trumps sogar die noch so widersinnige wie hochriskante Art sein, sich gegenseitig Respekt zu verschaffen. Es mag auch ein Zeichen an Putin sein, dass die USA nach sieben Jahren nicht länger bereit sind, sich länger mit immer neuen und gescheiterten Gesprächsangeboten Putins vertrösten zu lassen, die dieser konstant für eigene Geländegewinne nutzt. Aber all dies ist noch keine politische Strategie.

Keine politischen Lösungen ohne geduldige Diplomatie

Die kann nur darin bestehen, den Druck auf Putin zu erhöhen, um langfristig zu politischen Lösungen zu gelangen. Denn Putin wird sich erst dann auf politische Lösungen verstehen, wenn für ihn die Kosten seines Einsatzes in Syrien zu hoch werden. Hinter den Minen mürrischer Verbitterung von Außenminister Lawrow und von Putin beim Antrittsbesuch des US-Außenministers Rex Tillerson in Moskau letzte Woche hat sich gezeigt, dass auch der Kreml ein fundamentales Interesse daran hat, den Gesprächskanal zu Trump nicht abreißen zu lassen. Das beiderseitige Interesse die Terrorgefahren durch den IS zu verringern ist groß.
Diese Eindämmung der Terrorgefahr kann nur gelingen, wenn zuerst eine gegenseitige amerikanisch-russische Abstimmung über die Bekämpfung des IS-Terrors und über ein Ende des syrischen Bürgerkriegs erzielt wird. Das aber ist nicht mit militärischen, sondern nur mit politischen Mitteln möglich. Für solche politische Lösungen bedarf es im komplexen Interessengeflecht Syriens eines langen diplomatischen Atems. Militärische und publikumswirksame Überraschungscoups taugen dazu auf Dauer wenig.

Jörg Himmelreich schreibt als Autor für die "Neue Zürcher Zeitung" und forscht zu kulturgeschichtlichen und außenpolitischen Themen Russlands und Asiens. Er war Mitglied des Planungsstabs des Auswärtigen Amts in Berlin sowie Gastdozent in Washington, Moskau und London.

© Peter Ptassek
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