US-Abzug aus Deutschland

Auch Elvis musste einmal gehen

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"Military Traffic - Militärverkehr" steht auf einem Schild neben einem Eingang zum Truppenübungsplatz der US-Army im Bayrischen Grafenwöhr.
In Grafenwöhr sind US-Soldaten stationiert. Bürgermeister Edgar Knobloch glaubt, dass das auch so bleibt. Das US-Militär habe schließlich viel Geld dort investiert. © Picture Alliance / dpa / Daniel Karmann
Von Michael Watzke · 16.06.2020
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Die noch in Deutschland stationierten US-Truppen sollen teilweise abziehen. In Bayern sieht man das skeptisch. Denn viele Gemeinden leben von den Soldaten. Doch das Ende der US-Präsenz kann auch ein Segen sein – wie Beispiele zeigen.
"Private Presley" – "Schütze Presley" – stand auf der US-Militäruniform von Elvis, als der Superstar 1959 in Bayern "Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus" sang. Elvis war unter anderem auf dem US-Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Oberpfalz stationiert.

Skepsis zu Abzug

Den Stützpunkt gibt es heute noch, und Grafenwöhrs Bürgermeister Edgar Knobloch glaubt auch nicht, dass die 10.000 GIs in absehbarer Zeit "Muss I denn" sagen, denn die US-Streitkräfte haben in den vergangenen Jahrzehnten eine Milliardensumme in das gewaltige Übungsareal investiert. Das nicht nur das größte in Europa ist, wie Knobloch sagt, sondern auch das modernste weltweit.
In anderen bayerischen Gemeinden ist die Zuversicht nicht so groß. Ansbach bei Nürnberg beispielsweise befürchtet den Verlust von 4000 hier stationierten US-Soldaten. Der dortige Oberbürgermeister will sich derzeit nicht äußern, solange unklar ist, ob US-Präsident Donald Trump seine Drohung tatsächlich umsetzt. Die Menschen in Ansbach sind allerdings betrübt. Vor allem Ladenbesitzer und Kleingewerbetreibende.
"Wenn die nicht wären, wären wir auch nicht", heißt es vor Ort. Die sind die amerikanischen Soldaten, die in Bayern deshalb besonders zahlreich vertreten sind, weil die US-Truppen 1945 den deutschen Südosten befreiten. Sie sind Jahrzehnte geblieben und waren – mit kleinen Ausnahmen – gern gesehene Gäste.

Neue US-Politik

Für viele strukturschwache Regionen im Nordosten Bayerns waren "die Amis" die einzige Einnahmequelle und der fast alleinige Arbeitgeber. In Grafenwöhr beispielsweise sind 3000 Einheimische als zivile Mitarbeiter bei den US-Streitkräften beschäftigt. Sie zahlen gut und sind zuverlässig, sagt Geschäftsinhaberin Regina Click. Deshalb ist ihr auch nicht bang. Sie sagt, man solle sich nicht verrückt machen lasse.
Ganz so zuversichtlich wie Regina Click ist Thomas Kleine-Brockhoff nicht. Der Außenpolitik-Experte und stellvertretende Vorsitzende der Transatlantischen Task Force des German Marshall Funds macht sich Sorgen um die deutsch-amerikanischen Beziehungen unter US-Präsident Trump. "Ich kann mich an keinen Zeitpunkt erinnern, der so schwierig gewesen wäre wie dieser", sagt Kleine-Brockhoff. "Ich glaube aber, dass wir hier eine neue Definition des amerikanischen nationalen Interesses erleben." Für die NATO könnten diese Änderungen fatal sein.

Chancen auf neue Entwicklung

Für die örtlichen Gemeinden kann eine Standortschließung allerdings auch ein Segen sein. Nicht nur, dass Lärmprobleme und Umweltverschmutzung ein Ende haben. In den letzten dreißig Jahren hat die US-Armee in Bayern bereits viele Standorte aufgegeben.
Oft sind dort neue Stadtviertel und Industriezentren entstanden. Militärkonversion heißt das Stichwort. So ist in Augsburg aus der alten Sheridan-Kaserne der wunderschöne Sheridan-Park geworden.
In der Rhön bei Bad Kissingen entstand aus einem Militärstandort mit 8000 US-Soldaten ein Wohngebiet mit günstigen Immobilien, das der örtlichen Gemeinde Wildflecken einen Bevölkerungs- und Wirtschaftsaufschwung brachte.
Und in der mittelfränkischen Stadt Schwabach steht auf dem Gelände der alten O‘Brien-Kaserne heute ein erfolgreiches Existenzgründer-Zentrum. Hier hat der Abschied der US-Truppen eine Hightech-Entwicklung ermöglicht, die vorher undenkbar war. Als die Amerikaner "Muss i denn" sagten, begann in Schwabach die Zukunft.
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