Urteil im Fall Kachelmann

Das Recht auf eine Privatsphäre

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Jörg Kachelmann hat vor dem Landgericht Köln eine Entschädigung von 635.000 Euro erstritten © picture alliance / dpa
Vivien Leue im Gespräch mit Anke Schaefer und Christopher Ricke · 30.09.2015
Das Urteil im Fall Kachelmann könne zum warnenden Beispiel für die Berichterstattung bei Strafprozessen werden, sagt unsere Korrespondentin Vivien Leue. Vor einer Urteilsverkündung müssten Medien beim "Ausplaudern" von privaten Dingen vorsichtig sein.
Das Landgericht Köln hat die "Bild-Zeitung" heute zur Zahlung einer Entschädigungssumme von 635.000 Euro an den früheren Fernsehmoderator Jörg Kachelmann verurteilt. In dem Prozess ging es um den Verlust von Persönlichkeitsrechten Kachelmanns im Zusammenhang mit der Berichterstattung der Zeitung über dessen Vergewaltigungsprozess
Diese Entscheidung könne zum warnenden Beispiel für die Berichterstattung in solchen Strafprozessen werden, urteilte Korrespondentin Vivien Leue. Das betreffe auch Verfahren wegen einer möglichen Steuerhinterziehung:
"Wie weit darf man dann in deren Privatsphäre hineingehen? Und zeigen, was sie vielleicht für Häuser oder Jachten haben? Also da hat das Kölner Landgericht schon sehr restriktiv geurteilt. Bevor also ein Urteil in einem Prozess gesprochen ist, darf da nicht sehr viel Privates ausgeplaudert werden von den Medien. Und das könnte dann durchaus beispielhaft sein in der Zukunft."
Klageseite sieht sich als Sieger
Leue hat nach der Urteilsverkündung mit Ralf Höcker gesprochen, dem Anwalt Kachelmanns. Die Klageseite sehe sich als Sieger – obwohl ihr nur rund ein Drittel der ursprünglichen Klagesumme von 2,25 Millionen Euro zugesprochen worden sei:
"Aber Ralf Höcker sagt: 'Mit Zinsen könnten jetzt rund 800.000 Euro an Jörg Kachelmann gezahlt werden.'"
Höcker habe ihr auch noch einmal die erlittenen Verluste Kachelmanns geschildert, berichtete Leue und zitierte den Anwalt folgendermaßen:
"Der Mandant hat natürlich in beruflicher Hinsicht alles verloren: seine Aufträge, seine Firma. Er hat seine Immobilien verloren. Sein Vermögen ist weg. Er hatte hohe Schulden. Er hat sich viel Geld leihen müssen. Selbstverständlich ist sein Leben in einer wirklich fürchterlichen Art und Weise durch diesen Prozess und die Berichterstattung darüber beeinträchtigt worden."
Die Sicht des Springer-Verlages
Auf der Seite des beklagten Springer-Verlages habe durchaus Kampfbereitschaft geherrscht, so Leues Eindruck. Dort bewerte man dieses Urteil als ein "schlechtes Zeichen für alle Medien in Deutschland". Die Argumentation bei Springer laute:
"Wenn das jetzt tatsächlich jetzt so streng gehandhabt wird, dann könnte das Auswirkungen haben für die Berichterstattung über Strafverfahren."
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