Urteil

Der pummelige Dschihadist

Von Anke Petermann · 05.12.2014
Er ließ sich vom IS anheuern - jetzt muss er ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat den 20-jährigen Kreshnik B. zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er finde es gut, wenn Sündern die Köpfe abgehackt werden, sagte er im Prozess.
Drei Jahre und neun Monate Haft – nach Angaben seines Anwalts Mutlu Günal nahm der 20-jährige Kreshnik B. das Urteil "neutral-gelassen" auf.
"Er nimmt das erstmal so zur Kenntnis, und wir werden jetzt beraten, ob da ein Rechtsmittel eingelegt werden soll, das kann ich jetzt noch nicht sagen."
Revision wird geprüft, noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Es folgt dem Jugendstrafrecht. Das Gericht sieht Kreshnik B. als unreifen Heranwachsenden, der sich im Alter von 17, 18 Jahren unter dem Einfluss dschihadistisch gesinnter Freunde radikalisierte. Mit 19 sah er es als seine Pflicht an, nach Syrien zu reisen, um dort den Diktator al Assad zu bekämpfen und seinen Glaubensbrüdern beizustehen.
Kreshnik B. schwor Treueeide auf die Organisation "Islamischer Staat in Irak und Großsyrien", die sich heute "IS" nennt. Er ließ sich am Sturmgewehr ausbilden, beteiligte sich an drei Kampfeinsätzen in hinterer Reihe. Auf Menschen habe er nicht geschossen, gab er zu Protokoll.
Schwester nennt den Angeklagten naiv und dumm
Als jung, naiv und dumm beschrieb die Schwester ihren pummelig-phlegmatisch wirkenden Bruder. Gemeinsam mit der Familie hatte sie maßgeblich dazu beigetragen, Kreshnik B. zur Rückkehr zu bewegen. Weil er bereit zum Geständnis war, wurde der Anklagepunkt, eine "schwere staatsgefährdende Straftat" vorbereitet zu haben, gestrichen. Das Strafmaß liegt genau in der Mitte zwischen dem von Bundesanwaltschaft und Verteidigung verlangten. Staatsanwalt Dieter Killmer ist zufrieden:
"Das Gericht hat den Angeklagten wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung verurteilt. Es hat damit ein deutliches Signal gesetzt, dass die Beteiligung am syrischen Bürgerkrieg auf Seiten einer dschihadistischen Vereinigung eine schwerwiegende Straftat darstellt - das ist gut so. Aus meiner Sicht geht aus dem Umstand, dass der Angeklagte wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurde und das Gericht in diesem Rahmen auch festgestellt hat, dass es sich beim 'Islamischen Staat in Irak und Großsyrien' um eine terroristische Vereinigung handelt, ein Signal auch für künftige Fälle aus."
Richter baut auf die die erzieherische Einwirkung des Jugendvollzugs
Denn das Verfahren gegen Kreshnik B. ist das erste gegen einen Syrien-Rückkehrer, mehr als 40 sind bundesweit anhängig. Fraglich für alle Verfahrensbeteiligten bleibt, wie verführbar der junge Frankfurter mit Wurzeln im Kosovo noch ist. Im Prozess hatte er bekannt, als Märtyrer sterben zu wollen, was er wohl nicht schaffen werde. Dass die Dschihadisten des IS Köpfe abhacken, befand er auf Nachfrage des Richters für gut, "kommt darauf an, für welche Sünde", kommentierte er und löste damit im Gerichtssaal Entsetzen aus.
Zu bestrafen aber war Kreshnik B. für Taten, nicht für Einstellungen, unterstrich der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel. Er hält die Chancen auf Einsicht bei dem jungen Mann aus intaktem Elternhaus für gut, er baue auf die erzieherische Einwirkung des Jugendvollzugs. Dazu Staatsanwalt Dieter Killmer:
"Ich denke, dass wird insbesondere auch der weitere Strafvollzug zeigen, insbesondere wird dies auch zeigen der familiäre Zusammenhalt, der ja offensichtlich besteht, welchen guten Einfluss der auf den Angeklagten weiterhin haben wird."
Mutlu Günal: "Er ist freiwillig zurückgekommen, also ich gehe genau wie das Gericht davon aus, dass er nicht gefährlich ist",
ergänzt Verteidiger Mutlu Günal. Nach fünf Monaten in Syrien war Kreshnik B. vor einem Jahr nach Deutschland zurückgekehrt. Vor allem auch, weil dort Muslime gegen Muslime kämpften, das habe er nicht mitmachen wollen. Die Polizei hatte den verhinderten Frontsoldaten des Heiligen Kriegs noch am Frankfurter Flughafen verhaftet.
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