Unterwegs mit Captain Cook

Der Schweizer Schriftsteller Lukas Hartmann hat einen neuen historischen Roman vorgelegt: „Bis ans Ende der Meere“ ist eine Abenteuerreise, die auf den sieben Weltmeeren spielt.
„Die Ruhe im Zentrum des Sturms, die Wärme des Lichts, die Wärme der Haut. Dorthin wollte er.“

Eigentlich heißt er Hans-Rudolf Lehmann; die Literaturwelt aber kennt ihn nur unter seinem Pseudonym Lukas Hartmann. Der Schweizer scheint ein so vielseitiger wie produktiver Mensch zu sein. Hartmann, Jahrgang 1944, hat Musik, Germanistik und Psychologie studiert; er war Lehrer für Journalismus und kreatives Schreiben und auch Rundfunkredakteur und Medienberater; er hat 40 Drehbücher fürs Schweizer Fernsehen, zwei Theaterstücke und zwölf Kinderbücher geschrieben. Am bekanntesten aber haben ihn seine zahlreichen historischen Romane gemacht. Nun ist der elfte erschienen -sein Titel: „Bis ans Ende der Meere“.

Der Roman spielt auf allen Ozeanen der Welt – Atlantik, Indischer Ozean und vor allem im Pazifik in den Jahren von 1776 bis 1780. Der Leser geht an Bord eines Expeditionsschiffes, dessen Kapitän der berühmte James Cook ist, der zum dritten Mal die Welt umrundet. Wir haben es also mit einem historischen Roman zu tun, der die Ereignisse dieser Reise authentisch nacherzählt. Kapitän Cook nimmt darin zwar eine wichtige Rolle ein, die eigentliche Hauptfigur aber ist der offizielle Expeditionsmaler an Bord – ein junger, sensibler Mann, 25 Jahre alt, mit Namen John Webber.

„Bis ans Ende der Meere“ bietet eine so poetische wie sinnliche Sprache: „Unwahrscheinlich blau das Meer, schillernd zwischen Türkis, Lapislazuli, Indigo, blendend das Weiß des Sandstrandes, die weiße Leinwand ist dunkel dagegen.“

Gleichzeitig hat Autor Hartmann mit der Kombination verschiedener Erzähltechniken einen sehr facetten- und abwechslungsreichen Prosastoff geschaffen. Da wechselt der subjektive Ich-Erzähler Webber mit einem Über-Erzähler aus dem Off, was die Anmutung eines offiziellen Berichts vermittelt, zusätzlich angereichert durch szenischen Dialoge. Für Nähe wie auch für Distanz sorgen auch die ständigen Wechsel der Erzählzeit, mal Vergangenheit, mal Präsens. Gelungen auch Hartmanns Anlehnung der Erzählsprache an die Sprache der damaligen Zeit, was unmittelbar authentische Atmosphäre schafft: Da heißt es zum Beispiel nicht „die Offiziere merken es“, sondern sie „gewahren es“ -gewöhnungsbedürftig aber wunderschön.

„Bis ans Ende der Meere“ ist ein historischer Roman, ein Abenteuerroman, ein Entwicklungsroman, ein Künstlerroman, ein Briefroman, ein Tagebuchroman und ein psychologischer so wie ein politischer und insofern auch ein naturalistischer Roman, in dem bewusst Gesellschafts- und Kulturkritik in den Vordergrund gestellt werden.

„Bis ans Ende der Meere“ erinnert an Stan Nadolnys „Die Entdeckung der Langsamkeit“ und Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“ – die Sprache federleicht, aber auch mit einer großen philosophischen und menschlichen Tiefe. „Bis ans Ende der Meere“ ist ein so gewaltiger wie leiser und intimer Roman, schlicht gesagt ein Meisterstück – ein Roman, in den man sich verliebt. Und wer noch keine Urlaubslektüre hat…

Besprochen von Lutz Bunk

Lukas Hartmann: Bis ans Ende der Meere. Die Reise des Malers John Webber mit Captain Cook
Diogenes Verlag, Zürich 2009
487 Seiten, 21,90 Euro